Totengräber bei der Arbeit

Aus: Das Buch für Alle. Illustrierte Familienschrift. Zeitbilder. Heft 24. 1896
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Totengräber, Aaskäfer, Tierleichen,
Warum findet man so selten eine tote Maus, einen toten Vogel oder Maulwurf in Wald und Feld, da diese Tiere doch massenhaft umkommen, ohne gerade von einem Raubtier gefressen zu werden? Nicht jeder unserer Leser wird darauf die Antwort wissen, wenn er aber unser Bild auf S. 588 gesehen hat, wird es ihm klar geworden sein, dass auch die Leichen der kleinen Tiere ihre Totengräber finden,
welche dieselben zu ihrem eigenen Nutzen schnell unter den Boden befördern und so dem Auge des Menschen entziehen.

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Diese Totengräber gehören der Familie der Aaskäfer an und finden sich in mehreren Arten stets zahlreich in jenen Gegenden, wo der Boden überhaupt locker genug ist, um ein Begraben der Tierleichen zu gestatten. Der deutsche Totengräber (Necrophorus germanus) idt der größte Vertreter der Familie, denn er wird 26 Millimeter lang, die glänzend schwarzen, gestutzten Flügeldecken lassen die drei hinteren Leibesglieder frei und haben nur ausnahmsweise an den Rändern eine rötliche Färbung. Der große Kopf deckt sich zum Teil unter den fast kreisrunden Halsschild, die kräftigen Beine sind zum Graben vortrefflich eingerichtet. Kleiner, aber schöner gezeichnet ist der gemeine Totengräber (Necrophorus vespillo), mit goldgelb behaartem Halsschild und zwei orangefarbenen Binden auf den Flügeldecken. Beider Lebensweise ist dieselbe. Wo irgend eine kleine Tierleiche liegt, da finden sich alsbald die Totengräber, geleitet durch ihren wunderbar scharfen Geruch, ein, mustern zuerst sorgfältig die Leiche und die Beschaffenheit des Bodens, und finden sie alles in Ordnung, so geht es an die Arbeit. In gehöriger Entfernung voneinander, so dass sie sich nicht gegenseitig hindern, schieben sie sich unter den Körper des toten Tieres und scharren eifrig die Erde darunter weg, sie mit den Beinen nach hinten befördernd. So legt sich allmählich ein Wall von Erde um die immer tiefer einsinkende Leiche. Bleibt ein Teil derselben, wie dies gar nicht anders möglich, gegen andere zurück, so erscheinen alsbald einige Käfer wieder auf der Oberfläche, betrachten sich sachverständig die widerspenstige Partie und verschwinden wieder. Es währt dann nicht lange, so sieht man diese ebenfalls herabsinken, da sich jetzt alle Kräfte auf diesen Punkt vereinen. In kurzer Zeit ist die Leiche völlig mit Erde bedeckt. In recht lockerem Boden versenken die Käfer ihre Beute bis in eine Tiefe von 30 Zentimetern. Sie unterziehen sich dieser Arbeit, um Futter für ihre Brut zu haben, denn die Weibchen legen in den toten Tierkörper ihre Eier, und die ausschlüpfenden Maden nähren sich von dem faulenden Aase bis zu ihrer Verpuppung als Larve, die alsdann tiefer in die Erde geht, um dort ihre Verwandlung zum Totengräber vorzunehmen.

Totengräber bei der Arbeit

Totengräber bei der Arbeit