Die Segelschiffahrt der Neuzeit

Meereskunde, Sammlung volkstümlicher Vorträge zum Verständnis der nationalen Bedeutung von Meer und Seewesen, 3. Jahrgang, 3 Heft
Autor: Laas, Walter Prof., Erscheinungsjahr: 1909
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Die Geschichte der Schiffahrt bis zum 19. Jahrhundert ist im wesentlichen eine Geschichte der Segelschiffahrt. Wenn auch vereinzelt kühne Männer mit Rudern sich auf die hohe See gewagt haben, so beginnt die eigentliche Seefahrt erst, als man lernte, die Kraft des Windes der Fortbewegung dienstbar zu machen. Mit Segelschiffen sind Schlachten geschlagen, die über das Schicksal von Nationen entschieden, mit Segelschiffen sind die großen Entdeckungen gemacht, die einem Zeitalter den Namen gegeben haben.

Zu Anfang des 19. Jahrhunderts begann auch in der Schiffahrt die Verwertung der seit Hunderttausenden von Jahren aufgespeicherten Sonnenkräfte, der Kohlen, erst zaghaft auf Flüssen, dann, kühner werdend, auf hoher See.

Die Ausbreitung der Dampfschiffahrt brachte zunächst, wie jede Konkurrenz, eine Steigerung in den Leistungen der Segler, eine Blütezeit der Segelschiffahrt um die Mitte des vorigen Jahrhunderts. Auf die Dauer mußte aber als Antrieb für Schiffe die täglich neu windschaffende Sonnenkraft der Macht ihres eigenen Kraftkapitals, der Kohle, weichen, weil diese sich beliebig konzentrieren und nach dem Willen der Menschen verwerten läßt. Wenn demnach heute die Dampfer zweifellos die Meere beherrschen, so ist doch eine beachtenswerte Zahl von Seglern übrig geblieben, deren Entwicklung und heutiger Zustand in großen Zügen gezeigt werden soll.

Die internationale Statistik über den Bestand der Seeschiffe wird geführt von den beiden größten und ältesten Klassifikations-Gesellschaften, Lloyds Register in Großbritannien, seit 1760, und Bureau Veritas in Frankreich, seit 1828 bestehend. Die deutsche Gesellschaft, der Germanische Lloyd, bestehend seit 1867, führt Register außer über die deutschen Schiffe nur über diejenigen Schiffe des Auslands, die bei ihr klassifiziert sind.

Abbildung 1 stellt den Bestand der Segler nach Bureau Veritas seit 1873 dar — weiter zurück geht diese Statistik nicht, und die ersten Jahre sind auch noch nicht ganz zuverlässig. Das Netz besteht aus Jahren und Netto-Registertonnen, dem in der Schiffahrt gebräuchlichen Raummaß von 100 Kubikfuß gleich 2.83 cbm, das für Segler gut die Größe des Laderaumes und somit die Tragfähigkeit der Schiffe bezeichnet. (Für Dampfer sind die Netto-Registertonnen infolge der eigentümlichen Vermessungsvorschriften heute nicht mehr ein geeignetes Vergleichsmaß.) Die Kurven geben den Bestand an Seglern über 50 Netto-Registertonnen für Deutschland, Amerika, Frankreich, England und die übrigen Staaten. Die genannten vier Länder beherrschen seit Jahrzehnten die Segelschiffahrt, von den übrigen hat keines einen entscheidenden Einfluß auf die Entwicklung ausgeübt. Die Werte sind übereinander aufgetragen, so daß also die einzelnen Felder zwischen zwei Kurven den Bestand im einzelnen geben und die oberste Linie den Gesamtbestand an Segelschiffen auf der Erde.

Hiernach ergibt sich ein dauernder starker Abfall von etwa 15 Millionen Netto-Raumgehalt im Jahre 1878 auf rund 7 Millionen im Jahre 1908, während der Dampferbestand (die Statistik enthält hier nur die Schiffe über 100 Netto-Registertonnen) in denselben Jahren von etwa 4 Millionen auf 20,5 Millionen zugenommen hat. Hierbei ist noch zu beachten, daß der Raumgehalt der Dampfer bei Vergleichen mit der Tragfähigkeit der Segler erheblich höher eingeschätzt werden muß, da die Dampfer wesentlich niedriger vermessen werden und erheblich mehr Reisen pro Jahr machen; es ist gebräuchlich, bei solchen Vergleichen die Dampfertonne dreimal so hoch zu rechnen wie die Seglertonne.

Im einzelnen hat England seine Segler besonders kräftig abgestoßen, während Deutschlands Kurve langsamer abwärts geht und seit Jahren nahezu einen Stillstand erreicht hat.

Amerika und besonders Frankreich zeigen in diesem Zeitraum neben Abnahmen auch kräftige Zunahmen.

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Abbildung 5. Hafen von Iquique 1904.

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Abbildung 6. Amerikanischer Sechsmast-Schoner „George W. Wells“.

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Abbildung 9. Fünfmast-Vollschiff „Preußen“ im Vergleich zu Berliner Bauten.

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Abbildung 10. Kreuzmast eines großen Segelschiffes mit allem stehenden und laufenden Gut.

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Abbildung 11. Deck eines großen Segelschiffes mit Rahefall- und Brassenwinden.

Abbildung 11. Deck eines großen Segelschiffes mit Rahefall- und Brassenwinden.

Abbildung 14. Ozeanwettfahrt der Teeclipper 1866. links „Taeping“, rechts „Ariel“

Abbildung 14. Ozeanwettfahrt der Teeclipper 1866. links „Taeping“, rechts „Ariel“

Abbildung 15. Vollschiff „Großherzogin Elisabeth“ des Deutschen Schulschiffvereins.

Abbildung 15. Vollschiff „Großherzogin Elisabeth“ des Deutschen Schulschiffvereins.

Abbildung 16. Fünfmast-Bark mit Dampfhilfsmachine „R. C. Rickmers“.

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