Der kann Deutsch.
Bekanntlich gibt es in der französischen Armee viele Deutschgeborene, die es aber im Feld und im Quartier nicht immer merken lassen. Das ist alsdann für einen Hauswirt, der seinen Einquartierten für einen Stockfranzosen hält, ein gross Kreuz und Leiden, wenn er nicht französisch mit ihm reden kann. Aber ein Bürger in Salzwedel, der im letzten Krieg einen Sundgauer im Quartier hatte, entdeckte von ohngefähr ein Mittel, wie man bald dahinter kommt. Es ging so zu. Der Sundgauer parlierte lauter Foudre Diable, forderte mit dem Säbel in der Faust immer etwas anders, und der Salzwedler wusste nie, was? Hätt’s ihm gern gegeben, wenn er gekonnt hätte. Da sprang er in der Not in seines Nachbarn Haus, der sein Gevatter war und ein wenig französisch kann, und bat ihn um seinen Beistand. Der Gevatter sagte: „Er wird aus der Dauphine sein, ich will schon mit ihm zurechtkommen.“ Aber weit gefehlt. War’s vorher arg, so war’s jetzt ärger. Der Sundgauer machte Forderungen, die der gute Mann nicht zu befriedigen wusste, so dass er endlich im Unwillen sagte „Das ist ja der vermaledeiteste Spitzbube, mit dem mich der Bolettenschreiber noch heimgesucht hat.“ Aber kaum war das unvorsichtige Wort heraus, so bekam er von dem vermeinten Stockfranzosen eine ganz entsetzliche Ohrfeige. Da sagte der Nachbar: „Gevattermann! Nun lasst Euch nimmer Angst sein, der kann Deutsch.“
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Bd 1