Sankt Johann, Sankt Johann.
Aus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen
Autor: Gesammelt von Temme, Jodocus Donatus Hubertus (1798-1881) Politiker, Jurist und Schriftsteller, Erscheinungsjahr: 1840
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Sage, Volkssage, Rügen, Pommern, Colberg, Cammin
Um das Jahr 1460 war Bürgermeister in Colberg Einer aus dem Geschlechte von Schlieffen, Namens Peter Schlieff. Der hatte die Gewohnheit, besonders, wenn er angetrunken war, zu Allem, was er sprach, hinzuzusetzen: Sankt Johann, Sankt Johann! weil der heilige Johannes der Taufer Patron des Stifts Cammin war, unter welches Colberg gehörte. Einsmals ließ ihn der Markgraf Albrecht von Brandenburg, der Absichten auf Pommern hatte, zu sich nach Schievelbein kommen, er zeigte sich sehr gnädig gegen ihn, und ließ ihn voll trinken. Danach, als er voll war, redete er mit ihm, dass er gehört hätte, dass Colberg eine hübsche und feste Stadt sei, und dass gute Leute darin wohnten, und dass sie doch böse Gunst bei ihren Herren, dem Bischofe von Cammin und den Herzögen von Pommern hätten; das sei ihm ihrenthalben Leid, und so sie seiner worin bedürften, so sollten sie einen treuen Helfer und gnädigen Herrn an ihm haben. Peter Schlieff merkte wohl, wo solche Worte hinaus sollten, weil er aber kein Verräter an seinem Lande werden wollte, so stellte er sich, als wäre er über den Witz hinaus voll, und sagte: Sankt Johann, Sankt Johann, Herren genug! damit meinend, sie hätten bereits mehr Herren, als sie von Nöten hätten, und bedürften des Markgrafen nicht noch dazu. Aber der Markgraf ließ nicht von ihm ab, und sagte, wenn sie dann von ihren Herren vergewaltigt würden, so wäre es doch gut, dass sie irgendwo Zuflucht und Trost wüssten. Darauf antwortet Peter Schlieff wiederum wie ein voller Mensch: Sankt Johann, Sankt Johann! Er meinte aber: der sollte ihre Zuflucht und Trost sein. Und was ihm der Markgraf von der Sache mehr sagte, er antwortete immerzu: Sankt Johann, Sankt Johann! Als nun der Markgraf sah, dass er nichts an ihm erholen konnte, sagte er zuletzt: Ja, den Herrn (Sankt Johann meinend), den behaltet nur, der setzt Euch nicht in den Stock! Also schieden sie voneinander.
Kantzow, Pomerania, II. S. 111. 112
Altes und Neues Pommerland, von Christian Schöttgen, S. 438—440.
Kantzow, Pomerania, II. S. 111. 112
Altes und Neues Pommerland, von Christian Schöttgen, S. 438—440.