Bernhard Bader - Der Grafensprung. *) Vergl. auch Belagerung von Neueberstein.

Wolf von Wunnenstein, der den Grafen Eberhard von Württemberg im Wildbad überfallen hatte, wurde in die Reichsacht getan. Nun suchte er eine Freistätte auf dem Schloß Neueberstein, wo man ihn freundlich aufnahm. Sein Aufenthalt daselbst blieb jedoch nicht lange verborgen, und er mußte sein Heil in der Flucht suchen. Um die Morgendämmerung wollte er das Schloß verlassen; er hatte ein rasches Pferd und war gut bewaffnet. Allein die Feinde hatten in der Nacht alle Ausgänge am Fuße des Berges besetzt bis an die Murg, die unten an der jähen Felswand vorüberrauscht. Jetzt wußte der Geächtete keinen Rat, doch sagte er endlich zu sich selbst: Ich will lieber sterben, als lebendig in die Hände meiner Widersacher geraten, die ihren Spott mit mir treiben würden. Er lenkte sein Pferd auf die über den Fluß hinausragende Felsenkuppe, gab dem Roß die Sporen und sprengte hinab in die Tiefe. Glücklich erreichte er das andere Ufer und nahm seinen Weg zu dem Pfalzgrafen. Die Stelle auf dem Felsen oben heißt noch jetzt der Grafensprung.

Eine andere Sage erzählt:


Ein Graf von Eberstein hatte eine wunderschöne Tochter. Es kamen viele Herren, die um sie freiten; da lud sie der Graf zu einem Gastmahle, wobei wacker gezecht wurde. Hierauf sagte er zu seinen Gästen: »Wer von euch die Felsenwand an der Murg hinabreitet, der soll meine Kunigunde heimführen und einen reichen Brautschatz erhalten.« Die Herren sahen einander an, und jeder dachte, ich will den Hals nicht brechen. Nur ein junger, kecker Edelknabe unternahm das Wagestück, aber sein Pferd stürzte, und er fand seinen Tod in dem Strome.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Sagen und Geschichten aus deutschen Gauen