01. Märchen von Ljubim Zarewitsch, von der schönen Prinzessin, seiner Gemahlin, und vom geflügelten Wolf

In einem Reiche, in einer Herrschaft lebte ein Zar, namens Elidar Elidarowitsch, mit seiner Gemahlin Militissa Ibrahimowna; der hatte drei Söhne: der älteste Sohn hieß Aksof Zarewitsch, der mittelste Hut Zarewitsch und der jüngste Ljubim Zarewitsch. Und sie wuchsen nicht nach Tagen, sondern nach Stunden; und als der älteste Sohn zwanzig Jahr alt war, fing er an, seine Eltern um Erlaubnis zu bitten, in andere Königreiche zu reisen und eine schöne Prinzessin für sich zur Gemahlin zu suchen. Die Eltern willigten darein, gaben ihm ihren Segen und entließen ihn nach allen vier Seiten. Nicht lange nach der Abreise Aksofs bat auch Hut Zarewitsch seine Eltern, ihn zu entlassen, und Zar Elidar und die Zarin Militissa entließen auch Hut Zarewitsch mit größtem Vergnügen. Und so reiste auch Hut Zarewitsch ab, und sie wanderten lange Zeit, dass endlich nichts mehr von ihnen zu sehen und zu hören war und sie für verloren gehalten wurden.

Als Zar Elidar mit der Zarin Militissa sich sehr über sie betrübte und weinte, bat auch ihr jüngster Sohn Ljubim Zarewitsch, sie möchten ihn entlassen, damit er seine Brüder aufsuche. Darauf sagte Zar Elidar und seine Zarin Militissa zu ihm: „Du bist noch jung und kannst eine so weite Reise nicht aushalten. Wie sollten wir dich übrigens auch entlassen, da du als der einzige Sohn uns übrig geblieben bist? Wir sind schon bei Jahren; wem sollten wir unsere Krone aussetzen?" — Dennoch ließ sich ihr Sohn Ljubim Zarewitsch nicht abweisen, sondern blieb standhaft bei seinen Worten und sprach: „Es ist mir nötig, Menschen zu sehen und mich ihnen zu zeigen, und wenn es geschieht, dass ich den Thron besteige, darf ich daran schon nicht mehr denken, sondern nur, wie ich das Volk anständig beherrschen soll."


Als Zar Elidar und Zarin Militissa so gute Worte hörten von ihrem Sohne Ljubim, waren sie überaus erfreut, und erlaubten ihm zu reisen, doch nicht auf lange Zeit und nur unter der Bedingung, dass er sich mit Niemandem einlasse und sich in keine großen Gefahren begäbe. Und so sann er, als er entlassen war, wo er ein Ritterross für sich finden und eine Ritterrüstung sich verschaffen sollte, und darüber nachsinnend ging er in die Stadt. Dort begegnete ihm eine alte Frau und sagte zu ihm: „Warum gehst du so traurig, mein lieber Ljubim Zarewitsch?" — Er mochte darauf keine Antwort geben und ging bei der alten Frau vorbei, ohne ein Wort zu sagen; aber dann bedachte er, dass alte Leute ja mehr wissen müssen, kehrte um, ging fort und holte die alte Frau ein, die ihm begegnet war. Und Ljubim Zarewitsch sprach zu ihr: „Ich habe es bei dem ersten Begegnen verschmäht, dir zu sagen, worüber ich bekümmert bin; aber im Weitergehen fiel mir ein, dass alte Leute mehr wissen müssen." — „Das ist's eben, Ljubim Zarewitsch", sprach zu ihm die Alte, „ freilich soll man nicht vor alten Leuten fliehen. Sage, worüber grämst du dich denn? Sag' es mir, dem alten Mütterchen."

Und nun sagte Ljubim Zarewitsch zu ihr: „Ich habe kein gutes Ross und keine Ritterrüstung, aber ich muss weit reisen und meine Brüder aussuchen." — Die Alte gab ihm daraus zur Antwort: „Was soll man denken? Es ist ein Ross und eine Ritterrüstung auf eurer verbotenen Wiese hinter zwölf Türen, und dieses Ross liegt an zwölf Ketten. Dort auf der Wiese ist auch ein Schlachtschwert und eine ganze Ritterrüstung." —

Als Ljubim Zarewitsch dieses gehört und der Alten Dank gesagt hatte, ging er äußerst erfreut gerade auf die verbotene Wiese. Als er an den Ort kam, wo das Ross stand, war er unschlüssig: Wie soll ich diese Türe zerbrechen? Allein er versuchte es und zertrümmerte eine Türe, und das Ross erkannte durch den Geruch einen tüchtigen Jüngling und fing an seine Ketten zu zerreißen, und es zerriss sie alle, und so zerschlug Ljubim Zarewitsch drei Türen, und das Ross zertrümmerte die letzten. Darauf erblickte Ljubim Zarewitsch das Ross und die Ritterrüstung, legte die Ritterrüstung an und ließ das Ross auf die Wiese. Er selbst aber ging zu seinem Vater, dem Zaren Elidar, und zu seiner Mutter, der Zarin Militissa, und sprach folgende Worte: „Nach der Entlassung von euch war ich sehr traurig wegen eines Rosses und einer Ritterrüstung, da ich nicht wusste, wo ich sie hernehmen sollte. Aber eine alte Frau sagte und zeigte mir, wo ich dies Alles finden könnte, und so habe ich es gefunden. Jetzt aber bitte ich euch um euren Segen zur Reise." Daraus gaben ihm die Eltern den Segen und er reiste ab auf seinem guten Rosse.

Er begab sich auf den Weg und kam an einen Ort, wo drei Wege zusammentrafen; in der Mitte aber stand eine Säule und auf ihr befanden sich drei Inschriften, welche lauteten, wie folget: „Wer auf die rechte Seite geht, der wird satt sein, aber sein Ross wird hungern; wer aber gerade aus geht, der wird selbst Hunger leiden und sein Ross wird satt sein, und wer auf die linke Seite geht, der wird von dem geflügelten Wolfe getötet werden." — Ljubim Zarewitsch überlegte und ging zu Rache, und er wurde mit sich einig, aus keine andere Seite zu gehen, als aus die linke, um entweder getötet zu werden oder den geflügelten Wolf zu töten und denen, welche diese Straße zogen, Freiheit zu geben. Und so ging er auf die linke Seite und reiste weiter auf der Straße. So gelangte er in das freie Feld, schlug sich ein Zelt auf und machte Halt, um auszuruhen, als er plötzlich im Westen den geflügelten Wolf fliegen sah. Ljubim Zarewitsch stand sogleich auf, legte seine Ritterrüstung an und setzte sich aus das Ross. Und Ljubim Zarewitsch traf zusammen mit dem geflügelten Wolfe, und der Wolf schlug Ljubim Zarewitsch mit seinen Flügeln so schmerzlich, dass Ljubim Zarewitsch nachdenkend wurde, aber er ließ sich nicht aus dem Sattel werfen. Da ergrimmte Ljubim Zarewitsch und ward hitzig und schlug den geflügelten Wolf mit seinem Schlachtschwerte, dass er halb tot auf die Erde fiel und fühlte, sein rechter Flügel sei verletzt und er könne nicht mehr fliegen. Nachdem er sich aber wieder etwas erholt hatte, sagte er mit Menschenstimme zu Ljubim Zarewitsch: „Bringe mich nicht um, ich werde dir nützlich sein und dir dienen als dein getreuer Knecht." Und Ljubim Zarewitsch sprach zu ihm: „Weißt du nicht, wo meine Brüder sind?" Daraus antwortete ihm der Wolf, sie seien längst ermordet; aber dann fügte er hinzu: „Wir werden sie wieder erwecken, wenn wir die schöne Prinzessin gewonnen haben." — Und Ljubim Zarewitsch fragte: „Wie sollen wir die schöne Prinzessin gewinnen?" — „Nun sieh," sagte der Wolf zu ihm, „wir erhalten sie so: du lässt dein Ross hier" — „Wie soll ich ohne Ross sein?" fragte ihn Ljubim Zarewitsch. „Nun sieh, hör' mich nur aus," sprach der Wolf: „ich werde zum Rosse und trage dich; aber dieses dein Ross taugt nicht zum Dienste, weil bei dieser schönen Prinzessin von den Stadtmauern Saiten nach allen Glocken in der Stadt gezogen sind, und deshalb ist es auch nötig, dass wir sie überspringen, damit keine, auch nicht die kleinste Saite berührt wird, sonst werden wir gefangen." — Ljubim Zarewitsch sah ein, dass der Wolf recht sprach, gab seine Einwilligung und sagte: „Wolan!"

Und so gelangten sie an die weiß-steinerne Mauer und Ljubim Zarewitsch erschrak, als er sie erblickte. „Wie ist's möglich, diese hohe weiß-steinerne Mauer zu überspringen?" sprach er zum Wolfe. Darauf sagte der Wolf folgende Worte: „Jetzt fällt es mir noch nicht schwer, sie zu überspringen, aber von dort aus wird es Mühe machen, denn du wirst dich mit Liebesangelegenheiten beschäftigen und dadurch schwer werden; aber es ist dir nötig, dich in lebendigem Wasser zu baden und auch für deine Brüder etwas davon mit dir zu nehmen, und ebenfalls totes."

Darauf übersprangen sie glücklich die Stadtmauer, ohne sie zu berühren. Ljubim Zarewitsch machte im Schloss Halt und ging zur schönen Prinzessin an den Hof. Und als er in das erste Gemach kam, fand er eine Menge schlafende Kammermädchen und dachte, ob die Prinzessin nicht dort sei; allein er fand sie nicht. Deshalb ging er ins zweite Zimmer, dort schliefen ihre überaus schönen Gesellschafterinnen; auch da war die Prinzessin nicht. Darum ging Ljubim Zarewitsch ins dritte, und dort sah er die Prinzessin schlafen, und sein ganzes Herz wurde von ihrer Schönheit entflammt; er verliebte sich heftig in die schöne Prinzessin und fing an, sie zu küssen und wollte sich nicht trennen von ihr; allein er bedachte, dass man ihn fangen würde, wenn er verweilte, und ging in den Garten, um totes und lebendiges Wasser zu holen. Er badete sich in dem lebendigen Wasser und nahm in einer Blase lebendiges und totes Wasser mit sich und ging zu seinem Wolf. Als er auf dem Wolfsross saß, sagte der Wolf zu ihm: „Du bist sehr schwer geworden. Wir können nicht, wie das vorige Mal über die Mauer springen, wir stoßen an und wecken alle auf. Sie werden uns verfolgen, aber du wirst sie erschlagen, und wenn du sie erschlagen hast, so gib dir Mühe, ein weißes Ross zu fangen: ich helfe dir dann kämpfen, und sobald wir an unser Zelt kommen, so nimm dein Ross, ich aber reite auf diesem weißen Rosse, und wenn wir alle ihre Krieger getötet haben, so wird sie selbst zu dir kommen und sagen, du möchtest sie zur Frau nehmen, denn sie wird von heftiger herzlicher Liebe zu dir entbrennen und von dir gefesselt werden."

Als sie über die hohe Mauer setzen wollten, berührten sie die Saiten und plötzlich erhob sich Glockenklang in der Stadt und Trommelschlag, und alle Menschen erhoben sich und jeder lief auf den Hof mit seinen Waffen; andere öffneten den Torweg, damit der schönen Prinzessin kein Unglück widerfahre Die Prinzessin selbst erwachte und sah, dass ein Jüngling bei ihr zu Besuch gewesen, und sie befahl, sogleich Lärm zu machen, damit sich Alles bei ihr im Pallaste versammelte. Da kamen berühmte und starke Ritter zusammen, und sie sprach zu ihnen: „Ach! ihr starken Ritter, gehet und holet diesen Jüngling ein und bringt mir seinen Kopf, damit seine Verwegenheit bestraft werde."
Darauf antworteten ihr die starken Ritter: „Wir werden nicht ruhen, bis wir ihn zerhauen und dir seinen Kopf gebracht haben, wenn er auch ein Heer bei sich hätte." Darauf entließ sie die Prinzessin und ging hinaus ins Erkerzimmer und sah nach ihrem Heere und nach jenem Ritter, welcher gewagt hatte, im Geheimen an ihren Hof zu gehen und sie im Schlafe zu liebkosen.

Als Lärm gemacht wurde, war Ljubim Zarewitsch auf seinem Wolfsrosse schon so weit fortgeritten, dass er bereits die Hälfte von der Stadt bis zu seinem Zelt zurückgelegt hatte, ehe sie ihn einholten. Als er sah, dass sie ihn erreichten, drehte er sich um gegen sie auf seinem Wolfsrosse und wurde ergrimmt, da er auf dem Felde eine solche Menge Ritter erblickte. Und sie fingen an sich zu schlagen und Ljubim Zarewitsch erlegte nicht so viele mit seinem Schwerte, als sein Ross niedertrat, und er erschlug beinah alle kleine Ritterlein. Und Ljubim Zarewitsch erblickte einen einzelnen Ritter, der gegen ihn auf einem weißen Rosse ansprengte, und Ljubim Zarewitsch erschlug auch ihn, dessen Kopf war wie ein Bierkessel, und nachdem Ljubim Zarewitsch alle erschlagen hatte, nahm er das weiße Ross und setzte sich darauf, den Wolf aber ließ er ausruhen. Nachdem sie ausgeruht hatten, begaben sie sich zu ihrem Zelte.

Die schöne Prinzessin, welche sah, dass er allein eine solche Menge bezwungen hatte, ließ ein noch größeres Heer sammeln und schickte es ab. Sie selbst begab sich wieder ins Erkerzimmer.

Aber Ljubim Zarewitsch kam an sein Zelt; da verwandelte sich der Wolf in Menschengestalt und wurde ein tüchtiger Ritter, als man es sich nicht denken, nicht vorstellen, nur im Märchen erzählen kann. Als das Heer der schönen Zarewna anzurücken begann, setzte sich Ljubim Zarewitsch mit seinem Gefährten, dem Wolfsritter, zu Rosse und erwartete ihre Ankunft. Da aber das Heer der schönen Zarewna zahllos war, so befahl Ljubim Zarewitsch dem Wolfe, auf dem linken Flügel zu sein, er selbst begab sich aus den rechten, und sie machten sich fertig: dann stürzten sie sich aus die Krieger der Zarewna und begonnen sie zu erschlagen, wie man Heu mäht, und so schlugen sie alle nieder, dass auf dieser Stelle nur zwei übrig blieben: der Wolf und Ljubim Zarewitsch. Nach diesem so gewaltigen Siege sprach der tapfere Wolf zu Ljubim Zarewitsch: „Sieh, da kommt jetzt die schöne Zarewna selbst und wird dich bitten, sie zur Frau zu nehmen: nun ist nichts mehr von ihr zu fürchten. Ich habe mein Vergehen durch meine Tapferkeit und meinen Beistand gesühnt, und so entlass mich nun in mein Reich." — Ljubim Zarewitsch dankte ihm für seine Dienste und Ratschläge, entließ ihn und nahm Abschied.

Als sie Abschied genommen hatten, verschwand der Wolf. Ljubim Zarewitsch sah, dass die schone Prinzessin zu ihm kam, und Ljubim Zarewitsch freute sich und ging ihr entgegen, nahm sie bei den weißen Händen, küsste sie auf den Zuckermund, drückte sie an das stürmische Herz und sprach zu ihr die holden Worte: „Wenn ich dich nicht liebte, meine schöne und teure Zarewna, so wäre ich jetzt nicht mehr hier und hätte abreisen können; aber ich wusste, dass deine Macht nichts vermöge, und an deinem Heere habe ich es dir bewiesen." Da begann die schöne Zarewna folgende Rede. „Ach du berühmter Ritter: Du hast meine ganze Macht überwunden und berühmte starke Degen, aus welchen meine ganze Hoffnung stand, und bei mir in der Stadt ist es öde. Deshalb will ich zu dir gehen, damit du mir ein Schützer seist und mein Reich nicht untergehe."

Darauf entgegnete ihr Ljubim Zarewitsch: „Mit Freuden nehme ich dich zur Gemahlin, und ich werde dir ein Schützer sein und dein Reich und deine Stadt nicht zu Grunde gehen lassen."

So mit einander sprechend gingen sie in das Zelt und fingen dort an zu schmausen und sich zu liebkosen. Den folgenden Tag standen sie frühe auf, setzten sich zu Rosse und reisten ab nach dem Reiche Elidar's. Auf dem Wege sprach Ljubim Zarewitsch: „Ach du schöne Zarewna, ich hatte zwei ältere Brüder, und nun muss ich ihren Staub aufsuchen, denn sie zogen vor mir aus und wollten dich gewinnen; aber hier auf der unwegsamen Straße sind sie getötet worden, und wo sie liegen, weiß ich nicht; doch da ich von dir lebendiges und totes Wasser genommen habe, so will ich sie wieder herstellen; sie können in keiner großen Entfernung vom Wege sein, und so reise du gerade zur Säule mit den Inschriften; dort mache Halt und erwarte uns. Wir werden nicht zögern, zu dir zu kommen."

Als dies Ljubim Zarewitsch gesagt hatte, trennte er sich von seiner schönen Zarewna, um den Staub seiner Brüder zu suchen, und er fand sie hinter Gesträuchen und besprengte sie mit totem Wasser; da wuchsen sie zusammen; dann besprengte er sie mit lebendigem Wasser, und sie wurden lebendig und standen aus den Füßen, und Aksos und Hut Zarewitsch sprachen: „Ach! wie wir lange geschlafen haben."

Darauf gab ihnen Ljubim Zarewitsch zur Antwort: „Ihr würdet noch lange schlafen, wenn ich nicht wäre!" Er erzählte ihnen nun alle seine Abenteuer, wie er den Wolf besiegte, wie er die schöne Zarewna gewann und lebendiges und totes Wasser für sie mitgebracht. Darauf begaben sie sich alle nach jenem Zelt, wo sie die schöne Zarewna erwartete. Und als sie kamen und sich versammelten, waren alle überaus froh und fingen an zu schmausen.

Als Ljubim Zarewitsch mit der schönen Prinzessin in die Schlafkammer gegangen war, sprach Aksof Zarewitsch zu Hut Zarewitsch arglistig: „Warum gehen wir zu unserem Vater Elidar und zu unserer Mutter Militissa? und was sagen wir zu ihnen? Unser jüngster Bruder wird sich brüsten, dass er die schöne Prinzessin gewann und seine Brüder vom Tode erweckte; wird es nicht schimpflich für uns sein, mit ihnen zu leben? Ist es nicht besser, ihn bei Zeiten zu ermorden?" — Darauf sagte Hut Zarewitsch ebenfalls: „Es wird schimpflich für uns sein, mit ihnen zu leben, und besser ist es, wir töten ihn jetzt." — Als sie so zusammen gesprochen hatten, nahmen sie das Schlachtschwer t und zerhauten Ljudim Zarewitsch in kleine Stücke und zerstreuten sie im Winde. Zur schönen Zarewna aber sprachen sie drohend, wenn sie jemandem dieses Geheimnis verriete, so würde ihr dasselbe widerfahren. Bei der Teilung fiel dem Hut das lebendige und tote Wasser, und dem Aksof Zarewitsch die schöne Zarewna zu.

So reisten sie zu ihrem Vate: Elidar, und als sie auf die verbotenen zarischen Wiesen gekommen waren und ihre Zelte aufgeschlagen hatten, schickte der Zar Elidar seinen Boten ab, zu erfragen, wer auf seinen verbotenen Wiesen Zelte aufschlüge? Und als der Bote auf die grünen Wiesen kam, fing er an zu fragen: „Warum seid ihr Leute gekommen und von wannen?"— Darauf gab ihm Hut Zarewitsch zur Antwort: „Aksof und Hut Zarewitsch sind mit einer schönen Prinzessin gekommen, und melden unserem Vater, dass wir lebendiges und totes Wasser mit uns gebracht haben."

Als der Abgesendete an den Hof kam und dem Zaren meldete, seine Söhne seien gekommen mit einer erbeuteten schönen Zarewna, so fragte der Zar den Noten: „Sind alle drei Söhne gekommen?" Aber der Abgesendete antwortete ihm: „Nur die beiden ältesten, der jüngste ist nicht bei ihnen." — Dennoch war der Zar über diese Kunde sehr erfreut, ging zur Zarin, seiner Gemahlin, und sagte ihr, dass die ältesten beiden Söhne mit einer schönen Zarewna gekommen sein.

Und Zar Elidar machte sich auf mit der Zarin Militissa, seinen Söhnen entgegen zu gehen, und sie begegneten ihnen auf der Straße, und freuten sich überaus und küssten und umarmten sie. Als sie in das Zarenschloss kamen, fingen sie an zu schmausen, und sie schmausten sieben Tage und sieben Nächte, und sie begannen aus die Hochzeit zu denken, Vorbereitungen zu treffen und Gaste zu laden, Bojaren, gewaltige Degen und berühmte Ritter.

Der geflügelte Wolf, welcher wusste, dass sie ihren Bruder Ljubim Zarewitsch getötet hatten, lief nach lebendigem und totem Wasser, brachte es herbei, vereinigte alle Teile des Ljubim Zarewitsch und besprengte sie mit dem toten Wasser, da wuchsen alle Teile zusammen, und als er ihn mit dem lebendigen Wasser besprengte, stand der gute Jüngling auf, als wäre nichts mit ihm vorgefallen, und sagte: „Ach! wie lange ich geschlafen habe!"

Darauf antwortete ihm der Wolf: „Du hättest ewig geschlafen, wenn ich nicht wäre." Und nun erzählte er ihm, was die Brüder mit ihm vorgenommen. Und darauf verwandelte sich der Wolf in ein Ross und sagte zu Ljubim Zarewitsch: „Eile zu ihnen; du musst morgen ankommen. Dein Bruder Aksof Zarewitsch wird deine schöne Prinzessin heiraten." Und so setzte sich Ljubim Zarewitsch auf das Wolfsross lief auf steilen Bergen, wie auf dem freien Felde, und Ljubim Zarewitsch kam in die Stadt seines Vaters und entließ sein Wolfsross. Er selbst ging aus den Markt und kaufte ein Hackebret. Dann setzte er sich auf die Straße bei einem Hause auf den Erdwall*), wo die schöne Zarewna vorüber in die Kirche geführt werden musste. Als sie die schöne Zarewna in die Kirche geleiteten, fing Ljubim Zarewitsch an, auf dem Hackebret seine Jugendbegebenheiten zu spielen und mit seiner feinen Stimme dazu zu singen. Sobald sich der Wagen, worin die schöne Zarewna saß, nahte, begann er von seinen Brüdern zu singen und auf dem Hackebret zu spielen, wie sie ihn zerhauen und ihren Vater betrogen hatten. Da ließ die schöne Prinzessin anhalten und befahl ihrem Diener, diesen Spieler zu ihr zu rufen und ihn zu fragen, wer er sei und wie er sich mit Namen nenne.

Als der Diener der schönen Zarewna kam und ihn fragte, wer er sei und ihn zur schönen Zarewna einlud, so ging Ljubim Zarewitsch, ohne dem Diener etwas zu antworten, grade zur Zarewna, und als die schöne Zarewna ihn sah, freute sie sich überaus, das ihr Ljubim Zarewitsch noch lebe und ließ ihn in den Wagen sitzen und sie fuhren zu ihren Eltern.

Als Zar Elidar und seine Zarin Militissa den Ljubim Zarewitsch erblickten, freuten sie sich und jubelten unaussprechlich. Da begann die schöne Zarewna folgende Rede: ,,Nicht Aksof Zarewitsch hat mich gewonnen, sondern Ljubim Zarewitsch, und er war es auch, der das lebendige und tote Wasser sich verschaffte." Und Ljubim Zarewitsch erzählte ihnen genau seine Begebenheiten. Und so fingen Zar Elidar und seine Zarin Militissa, nachdem sie die Zarewitsche Aksof und Hut herbeigerufen hatten, zu fragen an, warum sie so gehandelt hätten; sie aber leugneten es. Allein der Zar ergrimmte gegen sie und befahl, sie am Tore zu erschießen. Ljubim Zarewitsch heiratete seine schöne Zarewna und erzeugte einen Knaben und lebte mit der schönen Zarewna in Liebe und Eintracht zahllose Jahre. Und damit ist dieses Märchen zu Ende.

*) Siehe die Anmerkungen im Anhang.
Russisches Kaiserpaar in historischen Kostümen

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Bäuerinnen warten auf den Briefträger

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Ein Sommertag auf dem Lande

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