91. Der verwünschte Prinz.

Einst weidete ein Schäfer seine Herde am Strande der Bullerhürn. Da fand er im Seeschlage (Seeschöling) eine Muschel, die er aufhob und sinnend betrachtete. Schon war er im Begriffe, sie an einem Stein zu zerschellen, da taten sich die Schalen der Muschel von selbst auseinander, und aus dem Innern stieg ein winziges Männchen hervor, welches den Schäfer mit bewegten Worten bat, die Muschel nicht zu zerstören, da es sonst sterben müsse. Der erschreckte Schäfer setzte darauf die Muschel ins Wasser und sah nun voller Staunen und Verwunderung, wie die Muschel allmählich immer größer wurde und zuletzt die Gestalt eines Bootes annahm, welches vier Matrosen durch Ruder fortbewegten, während am Steuer ein schöner Jüngling, eben das frühere Männlein, saß. Mit glückstrahlendem Antlitz erzählte der Jüngling dem Schäfer, er sei ein verwünschter Prinz; vor Jahren wäre er wegen seiner oft bewiesenen Hartherzigkeit in eine Muschel verbannt worden, mit der Bestimmung, dass er nicht eher erlöst werden könne, als bis sich jemand finde, der ihm aus Barmherzigkeit eine Bitte gewähre. Nun habe er, der Schäfer, ihn erlöst. Alsbald zeigte sich ein großes Schiff in der Bucht, welches der Prinz bestieg und auf welchem er davonfuhr. Der Schäfer schaute dem Schiffe so lange nach, bis die Mastspitzen seinen Augen entschwanden. Als er sich dann wieder zu seiner Herde wendete, hörte er plötzlich in den nahen Binsen eine schnatternde Stimme, welche ihm zurief:

Eier, Eier breugt ick (brütete ich);
Quark, Quark fäugt ick (zog ich auf)!


Als der Schäfer der Stimme nachging, flatterte eine Wildente von ihrem Neste auf. In dem Neste aber fand der Schäfer statt der Eier zwanzig große goldene Muscheln, die er an sich nahm und später für vieles Geld verkaufte. Dadurch wurde er ein reicher Mann und brauchte nicht mehr die Schafe zu hüten.

Mitgeteilt von Lehrer A. Pennse in Bussin.