90. Der Herthasee. I

Auf den Herthasee darf niemand einen Kahn oder ein Netz bringen. Es hatten vor Zeiten einmal etliche Leute sich unterstanden, darauf mit einem Kahn zu fahren, den sie des Nachts aus dem Wasser ließen. Als sie aber am andern Morgen dahin zurückkehrten, war er fort, und sie fanden ihn erst nach langem Suchen oben auf einer Buche am Ufer wieder. Da hatten ihn die Geister des Sees über Nacht hinaufgebracht. Denn wie die Leute ihn herunterholten, da hörten sie tief unten aus dem See ein Gespött und eine Stimme, die ihnen zurief: „Ich und mein Bruder Nickel haben das getan.“

Temme Nr. 38. — Die Sage findet sich schon bei Mikrälius: Sechs Bücher vom alten Pommerlande I S. 26; desgleichen bei Wackenroder S. 6; der letztere hat jedoch den Bruder Nickel in einen Bruder „Michel“ verwandelt.