Ruchtraut von Allmendshofen

Autor: Ueberlieferung
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In alten Zeiten lebte in dem Dorfe Allmendshofen bei Donaueschingen ein Rittergeschlecht, das reichen Besitz in der ganzen Umgebung besaß.

Einer der Ritter hatte eine Tochter, die sehr fromm war. Ihre Frömmigkeit ging so weit, daß sie sich nachts von ihrem Lager erhob, um noch vor Tagesanbruch den Frühgottesdienst in der drei Stunden entfernten Kirche von Mistelbrunn nicht zu versäumen. Damals aber war die ganze Gegend mit Wald bedeckt. Als sie das erstemal den Wald betrat, stand ein Hirsch mit siebzehn Enden vor ihr. Auf jeder Zacke seines Geweihs brannte ein Licht, und er geleitete Ruchtraut durch das Dunkel des Waldes bis zur Kirche von Mistelbrunn. Das geschah, ob es Winter oder Sommer war; immer geleitete der Hirsch sie auf ihrem Waldweg zur Kirche. Als nun die Zeit ihres Todes kam, bat sie die Ihren, sie dort zu begraben, wo es Gottes Wille sei. Also legte man nach ihrem Hinscheiden den Totenbaum auf einen Wagen und ließ ihn durch zwei des Joches ungewohnte Stiere ziehen, wohin diese wollten. Die ganze Gemeinde folgte dem Wagen, und die Tiere zogen den Wagen durch den Wald zur Kirche von Mistelbrunn. Hier hielten sie an und ließen sich nieder. Ruchtraut aber wurde in der Kirche beigesetzt. Ein Votivbild in der Kirche erinnert noch an sie.