London, den 2ten Juni.

Heute Morgen ließen wir uns, unser zehn, die in des Kapitans Kajüte mitgereist waren, nicht weit hinter Dartford, das noch sechzehn Meilen von London liegt, in einem Boote ans Land setzen. Dies tut man gemeiniglich, wenn man die Themse hinauf nach London fährt, weil wegen der erstaunlichen Menge von Schiffen, die immer gedrängter aneinander stehen, je näher man der Stadt kommt, oft verschiedne Tage erfordert werden, ehe ein Schiff sich durcharbeiten kann. Wer also keine Zeit unnütz verlieren, und andre Unannehmlichkeiten, als das öftere Stillstehen und Anstoßen des Schiffes vermeiden will, der macht die wenigen Meilen bis London lieber zu Lande, etwa in einer Postchaise, die nicht sehr teuer zu stehen kommt, wenn überdem jedesmal ihrer drei zusammentreten, welches durch eine Parlamentsakte verstattet ist. Ein allgemeines Hurrah schallte uns von den deutschen Matrosen unseres Schiffes nach, die dieses von den Engländern angenommen haben. Das Ufer, wo wir ausstiegen, war weiß und kreidig. Bis Dartford mussten wir zu Fuße gehen. Erstlich stiegen wir gerade vom Ufer einen ziemlich steilen Hügel hinan, dann kamen wir sogleich an das erste Englische Dorf, wo mich die außerordentliche Nettigkeit in der Bauart der Häuser, die aus roten Backsteinen errichtet sind und flache Dächer haben, insbesondere da ich sie mit unsern Bauerhütten verglich, in ein angenehmes Erstaunen setzte.

Und nun zogen wir wie eine Karavane mit unsern Stäben von einem Dorfe zum andern: einige Leute, die uns begegneten, schienen uns wegen unseres sonderbaren Aufzuges mit einiger Verwunderung anzusehen. Wir kamen vor einem Gehölz vorbei, wo sich ein Trupp Zigeuner bei einem Feuer um einen Baum gelagert hatte. Allein so wie wir fortwanderten, ward die Gegend immer schöner und schöner. Die Erde ist nicht überall einerlei! Wie verschieden fand ich diese fetten und fruchtbaren Äcker, dieses Grün der Bäume und Hecken, diese ganze paradiesische Gegend, von den unsrigen, und allen andern die ich gesehen habe! Wie herrlich diese Wege, wie fest dies Erdreich unter mir; mit jedem Schritte fühlte ich es, dass ich auf Englischen Boden trat.
In Dartford frühstückten wir. Hier sah ich zuerst einen Englischen Soldaten, in seiner roten Montur mit abgeschnittenem und vorn heruntergekämmtem Haar, auch auf der Straße ein Paar Jungen die sich baxten. Wir verteilten uns nun in zwei einsitzige Postchaisen, wo in jeder drei Personen, freilich nicht allzubequem sitzen konnten. Eine solche Postchaise kostet jede Englische Meile einen Schilling. Sie ist mit unsern Extraposten zu vergleichen, weil man sie zu jeder Zeit bekommen kann. Aber ein solcher Wagen ist sehr nett und leicht gebaut, so dass man es kaum empfindet, wie er auf dem festen Erdreich fortrollt. Er hat vorn und an beiden Seiten Fenster. Die Pferde sind gut, und der Kutscher jagt immer in vollem Trabe fort. Der unsrige trug abgeschnittenes Haar, einen runden Hut, und ein braunes Kleid von ziemlich feinem Tuch, vor der Brust einen Blumenstrauß. Zuweilen, wenn er es recht rasch angehen ließ, schien er sich lächelnd nach unserm Beifall umzusehen.


Und nun flogen die herrlichsten Landschaften, worauf mein Auge so gern verweilt hätte, mit Pfeilschnelle vor uns vorbei; gemeiniglich ging es abwechselnd Berg auf, Berg ab, Wald ein, Wald aus, in wenigen Minuten. Dann kam einmal zur rechten Seite die Themse wieder zum Vorschein mit allen ihren Masten; denn ging es wieder durch reizende Städte und Dörfer. Besonders fielen mir die erstaunlich großen Schilder auf, welche beim Eingange in die Flecken und Dörfer, quer über die Straße an einem Balken hängen, der von einem Hause zum andern übergelegt ist. Dies gibt einige Ähnlichkeit mit einem Tore, wofür ich es auch anfänglich hielt, allein so ist es weiter nichts, als ein Zeichen, dass hier sogleich beim Eintritt in den Ort ein Gasthof sei. So kamen wir bei dieser schnellen Abwechselung höchst mannigfaltiger Gegenstände beinahe in einer Art von Betäubung bis nahe vor Greenwich, und nun, die Aussicht von London.

Heute Morgen ließen wir uns, unser zehn, die in des Kapitäns Kajüte mitgereist waren, nicht weit hinter Dartford, das noch sechzehn Meilen von London liegt, in einem Boote ans Land setzen. Dies tut man gemeiniglich, wenn man die Themse hinauf nach London fährt, weil wegen der erstaunlichen Menge von Schiffen, die immer gedrängter aneinander stehen, je näher man der Stadt kommt, oft verschiedene Tage erfordert werden, ehe ein Schiff sich durcharbeiten kann. Wer also keine Zeit unnütz verlieren, und andre Unannehmlichkeiten, als das öftere Stillstehen und Anstoßen des Schiffes vermeiden will, der macht die wenigen Meilen bis London lieber zu Lande, etwa in einer Postchaise, die nicht sehr teuer zu stehen kommt, wenn überdem jedesmal ihrer drei zusammentreten, welches durch eine Parlamentsakte verstattet ist. Ein allgemeines Hurrah schallte uns von den deutschen Matrosen unseres Schiffes nach, die dieses von den Engländern angenommen haben. Das Ufer, wo wir ausstiegen, war weiß und kreidig. Bis Dartford mussten wir zu Fuße gehen. Erstlich stiegen wir gerade vom Ufer einen ziemlich steilen Hügel hinan, dann kamen wir sogleich an das erste Englische Dorf, wo mich die außerordentliche Nettigkeit in der Bauart der Häuser, die aus roten Backsteinen errichtet sind und flache Dächer haben, insbesondere da ich sie mit unsern Bauerhütten verglich, in ein angenehmes Erstaunen setzte.

Und nun zogen wir wie eine Karavane mit unsern Stäben von einem Dorfe zum andern: einige Leute, die uns begegneten, schienen uns wegen unsers sonderbaren Aufzuges mit einiger Verwunderung anzusehen. Wir kamen vor einem Gehölz vorbei, wo sich ein Trupp Zigeuner bei einem Feuer um einen Baum gelagert hatte. Allein so wie wir fortwanderten, ward die Gegend immer schöner und schöner. Die Erde ist nicht überall einerlei! Wie verschieden fand ich diese fetten und fruchtbaren Äcker, dieses Grün der Bäume und Hecken, diese ganze paradiesische Gegend, von den unsrigen, und allen andern die ich gesehen habe! Wie herrlich diese Wege, wie fest dies Erdreich unter mir; mit jedem Schritte fühlte ich es, dass ich auf Englischen Boden trat.
In Dartford frühstückten wir. Hier sah ich zuerst einen Englischen Soldaten, in seiner roten Montur mit abgeschnittenem und vorn heruntergekämmtem Haar, auch auf der Straße ein Paar Jungen die sich baxten. Wir verteilten uns nun in zwei einsitzige Postchaisen, wo in jeder drei Personen, freilich nicht allzubequem sitzen konnten. Eine solche Postchaise kostet jede Englische Meile einen Schilling. Sie ist mit unsern Extraposten zu vergleichen, weil man sie zu jeder Zeit bekommen kann. Aber ein solcher Wagen ist sehr nett und leicht gebaut, so dass man es kaum empfindet, wie er auf dem festen Erdreich fortrollt. Er hat vorn und an beiden Seiten Fenster. Die Pferde sind gut, und der Kutscher jagt immer in vollem Trabe fort. Der unsrige trug abgeschnittenes Haar, einen runden Hut, und ein braunes Kleid von ziemlich feinem Tuch, vor der Brust einen Blumenstrauß. Zuweilen, wenn er es recht rasch angehen ließ, schien er sich lächelnd nach unserm Beifall umzusehen.

Und nun flogen die herrlichsten Landschaften, worauf mein Auge so gern verweilt hätte, mit Pfeilschnelle vor uns vorbei; gemeiniglich ging es abwechselnd Berg auf, Berg ab, Wald ein, Wald aus, in wenigen Minuten. Dann kam einmal zur rechten Seite die Themse wieder zum Vorschein mit allen ihren Masten; denn ging es wieder durch reizende Städte und Dörfer. Besonders fielen mir die erstaunlich großen Schilder auf, welche beim Eingange in die Flecken und Dörfer, quer über die Straße an einem Balken hängen, der von einem Hause zum andern übergelegt ist. Dies gibt einige Ähnlichkeit mit einem Tore, wofür ich es auch anfänglich hielt, allein so ist es weiter nichts, als ein Zeichen, dass hier sogleich beim Eintritt in den Ort ein Gasthof sei. So kamen wir bei dieser schnellen Abwechselung höchst mannigfaltiger Gegenstände beinahe in einer Art von Betäubung bis nahe vor Greenwich, und nun, die Aussicht von London.

Dieser Park ist weiter nichts als ein halber Zirkel von einer Allee von Bäumen, der einen großen grünen Rasenplatz einschließt, in dessen Mitte ein sumpfigter Teich befindlich ist.

Auf dem grünen Rasen weiden Kühe, deren Milch man hier, so frisch, wie sie gemolken wird, verkauft. In den Alleen sind Bänke zum Ausruhen. Wenn man durch die Horse-Guards oder Königliche Wache zu Pferde, welche mit verschiednen Durchgängen versehen ist, in den Park kommt, so ist zur rechten Seite, St. James Palace, oder die Königliche Residenz, wie bekannt, eines der unansehnlichsten Gebäude in London. Ganz unten am Ende ist der Palast der Königin, zwar schön und modern, aber doch sehr einem Privatgebäude ähnlich. Übrigens gibt es allenthalben um St. James-Park sehr prächtige Gebäude, die diesen Platz um ein Großes verschönern. Auch ist vor dem halben Zirkel, der durch die Alleen gebildet wird, noch ein großer Platz, wo die Parade gestellt wird.

Wie wenig aber dieser so berühmte Park mit unserm Berliner Tiergarten zu vergleichen sei, darf ich nicht erst sagen. Und doch macht man sich eine so hohe Idee von dem St. James-Park und andern öffentlichen Plätzen in London: das macht, weil sie mehr als die unsern in Romanen und Büchern figuriert haben. Beinahe sind die Londner Plätze und Straßen weltbekannter, als die meisten unsrer Städte.

Was aber freilich den St. James-Park einigermaßen wieder erhebt, ist eine erstaunliche Menge von Menschen, die gegen Abend bei schönem Wetter darin spazieren geht. So voll von Menschen sind bei uns die besten Spaziergänge niemals, auch in den schönsten Sommertagen nicht, als hier beständig im dicksten Gedränge auf und niedergehen. Das Vergnügen, mich in ein solches Gedränge fast lauter wohlgekleideter und schöngebildeter Personen zu mischen, habe ich heute Abend zum erstenmal genossen.

Ehe ich in den Park ging, machte ich mit meinem Jacky noch einen andern Spaziergang, der mich nur sehr wenige Schritte kostete, und doch außerordentlich reizend war. Ich ging nämlich die kleine Straße, wo ich wohne, nach der Themse zu hinunter, und stieg, beinahe am Ende derselben, zur linken Seite noch einige Stufen hinab, die mich auf eine angenehme mit Bäumen besetzte Terrasse am Ufer der Themse führten.

Von hieraus hatte ich den schönsten Anblick, den man sich nur denken kann. Vor mir lag die Themse in ihrer Krümmung mit den prächtigen Schwibbögen ihrer Brücken; Westminster mit seiner ehrwürdigen Abtei zur rechten, und London mit der Paulskirche zur linken Seite, bog sich mit den Ufern der Themse vorwärts, und am jenseitigen Ufer lag Southwark, das jetzt auch mit zu London gerechnet wird. Hier konnte ich also beinahe die ganze Stadt, von der Seite wo sie der Themse zugewandt ist, mit einem Blick übersehen. Nicht weit von hier in dieser reizenden Gegend der Stadt hatte auch der berühmte Garrick seine Wohnung. Diesen Spaziergang werde ich aus meiner Wohnung gewiss sehr oft besuchen.
Heute Mittag holten mich meine beiden Engländer in ein nahegelegenes Speisehaus ab, wo wir für ein wenig Sallat und Braten einen Schilling, und beinahe halb so viel an den Aufwärter, nach unserm Gelde an neun bis zehn Groschen, bezahlen mussten, und doch soll es hier noch sehr wohlfeil sein. Ich werde künftig zu Hause essen, wie ich schon heute Abend getan habe. Ich sitze nun hier in London in meiner Stube beim Kaminfeuer, und so wäre nun dieser Tag zu Ende, der erste den ich in England zugebracht habe, und ich weiß kaum, ob ich es einen Tag nennen soll, wenn ich bedenke, was für mannigfaltige neue und auffallende Gegenstände in einer so kurzen Zeit vor meiner Seele vorübergegangen sind.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Reisen eines Deutschen in England im Jahre 1782