Pferdezucht und Pferdehandel in Indien.

Österreichische Monatszeitschrift für den Orient, Zwölfter Jahrgang, 1886
Autor: Jung, Emil, Erscheinungsjahr: 1886
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In den höchst werthvollen Jahresberichten der k. und k. österreichisch - ungarischen Consulatsbehörden ist jüngst darauf hingewiesen worden, dass Indien ein sehr gutes Absatzgebiet für ungarische Pferde sein könne. In Indien ist die Pferdezucht bei steigender Nachfrage von Jahr zu Jahr heruntergegangen, Ungarn dagegen producirt weit über seinen Bedarf. Vergleicht man den Pferdebestand mit der Zahl der Einwohner, so steht Ungarn unter allen europäischen Ländern nur Russland und Dänemark nach. Bei seinem Bestand von 2.100.000 Pferden entfallen auf 1000 Einwohner nicht weniger als 141 Stück. Das ungarische Pferd ist zum guten Theile orientalischer Abstammung, ist den Einflüssen des indischen Klimas und allen Strapazen auch unter der brennenden Sonne Indiens gewachsen und dabei billiger als das dort gewöhnliche arabische oder persische Pferd. Ein junges arabisches Pferd, über 15 Faust hoch, mit halbwegs guten Gängen, das fähig ist, einen schweren Reiter zu tragen, kann man in Bombay nicht unter l000 bis 1200 Rupien haben. Für besonders gute, als Wagenpferde verwendbare Traber zahlen die Eingeborenen auch das Doppelte.

„Wenn nun,“ so führt der Consulatsbericht aus, „ungarische Pferde, wie sie auf den heimischen Märkten für 250 — 300 Gulden zu haben sind, in Bombay durchschnittlich nur für 600 — 700 Rupien verkauft werden, so könnte dem Lande schon eine bedeutende Einnahmequelle erwachsen.“ Der Berichterstatter bedauerte schliesslich, dass alle Bemühungen, das Interesse der Pferdezüchter für dieses Absatzgebiet zu gewinnen, bisher fruchtlos geblieben seien, und obschon ich mich nicht mit der Hoffnung trage, mit diesen Zeilen ein besseres Resultat zu erreichen, so halte ich doch das Thema von hinreichendem Belang, um gestützt auf officielle Quellen, eine ziemlich reiche Literatur und Erkundigungen, den Lesern dieses Blattes eine kurze Darstellung der Pferdezucht und des Pferdehandels Britisch-Indiens zu geben.

Indien besass, ehe die Engländer das Land sich unterwarfen, eine ziemlich bedeutende Zucht von Pferden guter einheimischer Racen. Und noch immer sind die Pferde einzelner Landestheile hervorragend durch eine oder die andere gute Eigenschaft, namentlich zeichnen sie „sich aus durch grosse Ausdauer, aber in der Mehrzahl sind sie zu klein, auch nicht stark genug für das Gewicht eines englischen Cavalleristen und die Bedürfnisse des Heeres sind ja in erster Linie massgebend für die Anforderungen, welche man in Indien an ein gutes Pferd stellt.

Dieser Gesichtspunkt war auch immer leitend bei der Pferdezucht unter der Herrschaft einheimischer Fürsten. Dieselben unterhielten ehedem eine außerordentlich starke Reitertruppe. Die indische Reiterei früherer Zeiten lässt sich in ihrer Beweglichkeit, auch in ihrem räuberischen Charakter am besten mit den alten Parthern oder vielleicht mit den heutigen Turkmenen vergleichen, ehe die letzteren durch die russischen Siege gezähmt wurden. Man brauchte schnelle, dabei ausdauernde Thiere, zum überraschenden Einfall in feindliches Gebiet, wie zum ebenso schnellen Rückzuge, dabei war das Gewicht weder des Reiters noch seiner Ausrüstung von grosser Schwere. Mit dem Aufhören der Unabhängigkeit der einheimischen Fürsten verschwand auch der grösste Theil ihrer Reiterschaaren und damit ging auch die Pferdezucht zurück, die Briten aber konnten die für ihren Dienst zu leicht gebauten Thiere nicht gebrauchen. Ein ferneres Moment für den Rückgang der Pferdezucht war der immer weiter sich ausdehnende, das ehemalige Weideland mehr und mehr beanspruchende Ackerbau. Sodann lassen die Engländer Stuten in die Cavallerie niemals, in den sonstigen Dienst nur in sehr seltenen Fällen zu, wodurch wiederum der Kreis des wählbaren Materials eingeengt wird, jedenfalls verwenden sie in die Armee einrangirte Stuten niemals zur Zucht, so dass also gerade die dienstfähigsten Thiere ihre Eigenschaften nicht weiter zu vererben im Stande sind.

Als das Pendschab noch von einheimischen Fürsten regiert wurde, unterhielten dieselben eine ausserordentlich zahlreiche Cavallerie, und zwar bestand ein grosser Theil der Remonten der Sikh-Armee aus Stuten, welche man regelmässig zur Zucht verwendete. Dies hörte mit dem Eintritte der britischen Herrschaft auf. Ferner bezog die englische Regierung sehr viele Pferde für den eigenen Dienst auch in anderen Provinzen von hier, viele Stuten wurden zur Zuchtzeit aufgekauft und hinweggeführt. So verlor das Pendschab viel von seinem Pferdebestand, ohne denselben zu ersetzen, denn für solchen Ersatz lag nach der Auflösung der einheimischen Contingente kein Bedürfniss vor. In dieser Weise starb die beste Pferderace der ganzen Provinz, die Dhunni- Race im Rowel Pindi-District fast ganz aus. Doch finden sich dort, ebensowie in den Districten von Dschelum, Gudscherat, Gugaira und Lahore noch immer gute Zuchtstuten. Und wenn dieselben, ebenso wie die der Grenzdistricte von Bunnu, Kohat, Dehra Ismail Khan und Dehra Ghazi Khan auch nur klein sind, so zeichnen sie sich doch durch grosse Ausdauer aus.

Die Palanpur-Race wird als wirklich gut bezeichnet, und die Stuten werden auch von den Eingeborenen zu hohen Preisen gekauft; dagegen sind die Pferde von Radschputana von geringem Werthe, selbst die Fürsten besitzen sehr selten einige wirklich gute Thiere. Doch wird das sehr brauchbare Marwar-Pferd, in dem viel Kathyawar- Blut steckt, mit grosser Sorgfalt von den Vornehmen von Radschputana gezüchtet. In Alwar hatte übrigens der Radschah Bunni Singh durch Kreuzung von arabischen Pferden mit der Kathyawar Race ein vorzügliches Resultat erzielt, das alles übrige Pferdematerial von Radschputana weit übertraf, doch wurde sein Pferdebestand durch die völlige Niederlage, welche seine Cavallerie 1857 von den aufständischen Sepoys erlitt, fast gänzlich vernichtet. Das Kathyawar- Pferd, gewöhnlich Kathi genannt, hat einen hübschen Kopf, ist meist braun von Farbe mit schwarzer Mähne und schwarzem Schwanze und gibt ein vortreffliches Cavalleriepferd ab. Es hat indess einen grossen Fehler, zu dünne Knochen unterhalb des Kniees, ausserdem ist sein Temperament ein zu feuriges. Die eingeborenen Prinzen ziehen diese Pferderace aber allen anderen vor und zahlen sehr hohe Preise für schöne Kathis. Nach vielfachen Kreuzungen mit arabischen und indischen Pferden anderer Racen ist indessen von den reinen Kathis wenig übriggeblieben. Auch in Bhurtpur verwandte man früher viel Sorgfalt auf die Pferdezucht; dagegen hat Jaypor sich nie bemüht, das einheimische Pferd irgendwie zu verbessern, wenngleich einige der Vornehmen hier und da gute Thiere besitzen.

Das Pferd in Dekkan ist eine Kreuzung der einheimischen Race mit arabischem Blut im Anfange dieses Jahrhunderts. Das schönste Resultat dieser Kreuzung ist das kleine, aber schöne Vollblutpferd in Terai. Selten über 14 Faust hoch, hat dies Pferd die feinen Glieder, die breite Stirn, die Gelehrigkeit und die Ausdauer seiner arabischen Stammeltern, denen es in seinem Aeusseren zum Verwechseln gleicht. Dabei hat es den Vortheil, bessere Hufe zu haben und weniger feurig und in der Truppe gegen seinen Reiter fügsamer zu sein. Wenn zu Malligaum, etwa 40 Kilometer von Ganga Kheir, am Godaveri der jährliche Pferdemarkt abgehalten wird, strömen dort Käufer aus allen Theilen der Halbinsel zusammen. Auch besitzt der Dekkan einen grösseren Pferdeschlag, der hauptsächlich um den Gorfluss und Aligaum zwischen Puna und Ahmednaggur zu finden ist. Hyderabad vermag jährlich 2000 Pferde zu züchten, von dort könnten in jedem Jahre 500 gute Cavalleriepferde zu niedrigeren Preisen bezogen werden, als Arabien, das Capland oder Australien sie zu liefern vermag. Was diese Pferde in langen Märschen zu leisten vermögen, haben die Mahratten- und Pindari-Reiter in früheren Zeiten gezeigt. Auch ist der Dekkan wohlbekannt wegen seiner hübschen Ponies, welche in Madras als Wagenpferde mit 150 Rupien und mehr pro Stück bezahlt werden. Diese Ponies kommen von Puna, Scholapur, Hubli und Dharwar; einige auch von Kangayam im Süden der Halbinsel. Diese kleinen, zumeistens braunen oder fuchsfarbenen Thiere, im Dekkan Tattu genannt, sind ausserordentlich stark, ausdauernd und schnell, in der Regel gewöhnt man sie an den Passgang, in welchem sie 6 — 8 Kilometer in der Stunde zurücklegen.

Die einzige Pferderace, welche Indien ausserdem aufzuweisen hat, ist die Ghunt oder Khunt genannte; kleine, starkgebaute Thiere, die aber sehr wild, dabei ausserordentlich hartmäulig und daher bisweilen kaum zu bändigen sind, aber auf schwierigen Bergpfaden, wenn man sie sich selber überlässt, sich als ausserordentlich sicher erweisen, und mit bewunderungswürdigem Scharfsinn die besten Wege herauszufinden wissen. Ihre gewöhnliche Gangart ist eine Art Passgang. Bisweilen stehen sie still, um sich zu verschnaufen und dann bringt sie weder Peitsche noch Sporn von der Stelle, was nicht immer angenehm ist, da sie ohne Bedenken den Rand eines tiefen Abgrundes zu einen solchen Ruhepunkt auswählen. Beim Aufstieg sind diese Ponies langsamer als die gewöhnlichen Pferde, aber geht es den Berg hinunter, so entwickeln sie eine doppelt so grosse Schnelligkeit. Dabei sind sie von ausserordentlicher Zähigkeit.

Aandere Lasten, als die ihres Reiters zu tragen, bequemen sich die Khuntpferde sehr selten. Die Bewohner der hochgelegenen, kalten Thäler des Spitidistricts am Westabhang des mittleren Himalaya züchten viele dieser kleinen, niemals über 12 Hände hohen Pferde zum Verkauf. Die Thiere müssen in dem armen Lande ein äusserst kümmerliches Dasein fristen. Nur die einjährigen Füllen hält man während der sehr harten Winter unter Dach, die übrigen nähren sich zumeist von den Wurzeln des verkümmerten Buschwerks, welche sie mit ihren Hufen unter dem tiefen Schnee hervorscharren. Viele fallen während dieser Zeit den Wölfen und Leoparden zur Beute. Diese kleinen Thiere werden oft gegen eine grössere Race eingetauscht, welche meist aus der anstossenden tibetanischen Landschaft Tschamavi kommen, gleichfalls Khunt genannt werden, 13 bis 13 ½ Hände hoch sind und wie jene sich durch grosse Ausdauer und einen sehr schönen Gang auszeichnen. Für ein zweijähriges Pferd aus Tibet gibt man ein vierjähriges aus Spiti.

Eine Statistik über die Zahl der Pferde in Britisch-Indien ist mir nicht bekannt, indessen liegen mir Schätzungen aus einer grösseren Anzahl von Provinzen vor. Danach gab es in den letzten Jahren in
Madras Bombay u. Sind Penschab
Pferde 21.500 85.000
150.000
Ponies 18.000 52.000

Central-
provinzen British Birma Mysore Berars
Pferde 12.000 4.900 6.500
5.800
Ponies 82.000 14.000 26.000

Das gibt also für eine Bevölkerung von 102 Millionen Menschen nur 580.500 Pferde, es kommen hier demnach nur 5 Pferde auf tausend Menschen, während in der österreichischen Reichshälfte 68, in der ungarischen, wie wir gesehen hatten, 141 Pferde auf tausend Einwohner entfallen. Freilich ist das Bedürfniss in Indien ein ganz anderes. Man wird bemerkt haben, dass wir bisher immer nur von Reitpferden sprachen und das ist in der That fast der einzige Dienst, zu welchem die indischen Pferde früher herangezogen wurden. Allerdings sind manche der kleinen Gebirgsponies auch vorzügliche Lastträger. So erwiesen sich die 62 Ponies, welche Jakub Chan für den englischen Tansportdienst schenkte, als überaus nützlich. Diese prächtigen Thiere konnten mit vier Maunds oder 336 engl. Pfund beladen werden und sie hielten immer mit den Soldaten Schritt, so dass die Marschlinie nicht wie bei der Verwendung von Kameelen, sich ungebührlich ausdehnte, die Truppen also nicht genöthigt waren, fortwährend auf das Herankommen der Bagage zu warten und somit bis spät in den Tag hinein unter den Waffen zu bleiben, wodurch sie in die missliche Lage kamen, das Lager oft erst mit Anbruch der Dunkelheit aufzuschlagen.

Dennoch ist die Verwendung der kleinen zuverlässigen Pferde als Saumthiere keineswegs allgemein, wie das beispielsweise im nördlichen Asien so vielfach geschieht, im Himalaya verwendet man Yaks, Schafe und Ziegen vorzugsweise im Transportdienst, den hier auch, wie in den südlicheren Strichen, der Esel besorgt.

Im Industhale und in den Sandwüsten von Radschputana nehmen Kameele ihre Stelle ein. Elephanten werden hier und dort zum Pflügen benutzt, auch sind einige Batterien der indischen Artillerie mit Elephanten bespannt. Bei prunkvollen Aufzügen ist es dies mächtige Thier und nicht das Pferd, dem die Ehre zutheil wird, Träger der Herrscher und Grossen des Landes zu sein. Und durch das ganze Land ist es noch immer der Mensch, welcher in Städten und auf Strassen die Dienste verrichtet, welche man bei uns vom Pferde verlangt.

Das eigentliche Zugthier für Pflug und Wagen war aber in Indien von jeher das Rind, züchtet man doch in den Centralprovinzen sogar eine Race von schnelltrabenden Rindern für die Wagen der Eingeborenen, die sehr gesucht sind. Wenn Indien jetzt Pferde gebraucht, so ist dieser Bedarf bedingt durch die Anforderungen der Armee, des britischen Heeres sowohl, wie der von den einheimischen Fürsten unterhaltenen Contingente, und durch die Nachfrage nach Luxuspferden, Reitpferden und Wagenpferden, welche von reichen Engländern oder hohen englischen Beamten und den ihnen nachfolgenden indischen Fürsten und Nabobs in immer grösserer Zahl gehalten werden.

Als Wagen für Personen hat man in Hindustan den Hackery oder Garry, ein zweirädriges plumpes Gefährt, an dessen Deichsel zwei Ochsen angejocht sind und dessen Räder oft aus Stein oder aus einem einzigen Stück Holz bestehen. Der Kutscher sitzt vorn auf der Deichsel und hinter ihm der Passagier unter einem bogenförmigen Plan mit untergeschlagenen Beinen. Dagegen wird ein ganz ähnliches, nur leichter construirtes Gefährt, die Eka, von einem Pferde gezogen; ebenso der Schampong, ein etwas grösserer Wagen, der gewöhnlich von Frauen benützt wird.

Im Dekkan hat man die Donga, einen zweiräderigen Wagen mit einem Pony in der Gabel und einem anderen Pony daneben angespannt.

Dagegen ist das Nibs ein Palankin auf zwei Rädern, den zwei Ochsen ziehen.

Die englische Cavallerie und Artillerie in Indien gebraucht für den Dienst 10.000 Pferde, dazu kommt nun noch der Bedarf der regulären indischen Truppen unter englischen Officieren, deren Cavallerie 1880 auf 18.548 Mann angegeben wird. Ferner unterhalten die einheimischen Fürsten zusammen 64.172 Mann Cavallerie und 5.252 Geschütze, und auch ihre 241.000 Mann starke Infanterie benöthigt einer Anzahl Pferde. Da man aber, wenigstens für die englische Armee, grössere und schwerere Thiere haben muss, als sich in Indien selber vorfinden, so bezog man die Remonten anfangs aus den Nachbarstaaten, besonders aus Persien, später aber in immer grösserer Zahl aus Australien, sowie auch aus der Capcolonie. Indess blieb bei den Gefahren, mit welchen die See auch heute noch selbst auf Schiffen mit gepolsterten Verschlagen droht, der Landweg lange Zeit der einzige, von den Indien versorgenden Pferdehändlern genommene.

Die Nachbarländer des Ostens betreiben gar keine Pferdezucht, dagegen ist in den westlichen Ländern, namentlich in Persien, Arabien und in ganz Turkestan das Pferd das am höchsten geschätzte aller Hausthiere.

Aus den beiden erstgenannten Ländern bezieht Indien vornehmlich sein Pferdematerial.

Die nach Indien verkauften arabischen Pferde kommen vom Stamme der Anazah, zu deren Territorium vor den Kriegen der Wahabiten auch der District von Nedschd gehörte, wo sich die besten Weidegründe finden. Die Anazah haben die vorzüglichsten arabischen Pferde; sie sind leicht erkennbar an einer Marke an den Ohren, welche davon herrührt, dass die Beduinen den Fohlen die Ohren zusammennähen, damit sie die gewünschte Haltung bekommen. Die Pferdehändler, welche den indischen Markt versorgen und wohl wissen, dass der Käufer nach diesen Marken sieht, geben Pferden anderer Provenienz und geringeren Werthes häufig durch Brennen diese Marken, um ihre Kunden zu täuschen.

Die in Indien beliebtesten Farben für Araber sind weiss und grau in allen seinen Schattirungen. Der Nila, d. h. Schimmel mit bläulicher Haut, ist gewöhnlich von grösserer Ausdauer als der Sabza oder Schimmel mit heller Haut, und die Hufe des ersteren sind fast ausnahmsweise schwarz, was bei den zweiten oft nicht der Fall ist. Hell- und dunkelbraune Pferde, sowie Füchse, kommen gleichfalls nach Indien, schwarze aber höchst selten. Dagegen sind Rothschimmel häufig genug.

Das Nedschdpferd ist klein, selten fünfzehn, in der Regel nur vierzehn Hände hoch, aber so wohlgestaltet, dass seine Kleinheit nicht auffällt. Die echte Race ist nur in Nedschd selber zu haben, in dem man etwa 5000 Pferde zählt. Die dortigen Pferde werden nur für den Krieg und zur Schau gehalten, zu Reisen und anderen gemeineren Leistungen bedient man sich der Kameele. Eine Kreuzung zwischen Nedschpferden und Pferden von Dschebel Schomer gibt ein etwas weniger gutes Resultat, doch sind die Pferde grösser, bis zu sechzehn Händen, dagegen von weniger eleganten Formen, zuweilen sind sie sogar mit einem oder dem anderen Makel behaftet. Auch zeigen sie geringere Ausdauer als die Pferde von Nedschd, welche bei Futter- und Wassermangel unter dem heissen und trockenen arabischen Himmel Unglaubliches leisten. Im Süden von Arabien sind die Pferde kleiner, mit rauhem Haar, aber ausserordentlich zähe; die Araber sagen, dass die Luft von Jemen schon die erste Generation geringwerthig mache. Von hier kommen daher keine Pferde nach Indien, die meisten liefert nach Palgrave das nördliche Arabien und Syrien. Verschifft werden über die Hälfte von dem Hafen Koeit in der Landschaft el Hasa an der Spitze des Persischen Meerbusens. Ihr Markt ist Bombay. Das persische Pferd ist weder so schön noch so schnell als das arabische, aber es ist stärker und etwas grösser und deshalb besser geeignet für Cavallerie. Daher importirt die englische Regierung in Indien persische Pferde von den beiden Häfen Basra und Bender Buschehr, namentlich die an den Ufern des Persischen Golfs von arabischen Hengsten und persischen Stuten gezüchteten Pferde, welche sowohl stark als ausdauernd sind, werden gern für die britische Armee gekauft.

In Persien selber zieht der Schah das Turkmenenpferd dem arabischen, sowohl wie dem persischen vor, und zwar sowohl wegen seiner bedeutenden Grösse, es steht von 15 bis 16 Hände hoch, als wegen seiner ausserordentlichen Zähigkeit. Man kennt Fälle, in denen diese Pferde mit ihrem bewaffneten Reiter 900 englische, Meilen in elf Tagen, ohne einen Rasttag und bei mittelmässiger Weide zurückgelegt haben. Nur auf solchen Pferden vermochten die räuberischen Turkmenen ihre schnellen Einfälle zu machen, um ebenso schnell wieder zu verschwinden. Sie pflegten ihre Rosse besonders für dergleichen Unternehmungen zu trainiren, bis, wie sie sagten, ihr Fleisch Marmor war. Das turkmenische Pferd von heute ist das Resultat einer Kreuzung arabischer Pferde mit einer einheimischen Race. Die Turkmenenpferde, welche nach Indien gelangen — es ist das nur eine kleine Zahl — stammen von Balkh, Andkhu und Maimana; die übrigen Pferderacen Centralasiens, die Pferde von Khokand, die Uzbekenpferde, die der Kirgis-Kaisaken u. a. sind zwar ausdauernd, aber ohne solche Eigenschaften, welche ihre Einführung nach Indien empfehlen könnten.

Dagegen sind die Yarkand-Ponies, kleine, ausdauernde Thiere, für die Bergstationen in den Nordwestprovinzen von Indien sehr gesucht. Anfangs zeigen sie Abneigung gegen ihre europäischen Herren, gewöhnen sich indess bald an dieselben. Sic sind vorzügliche Bergsteiger und werden daher bei den Karawanen, welche über die Pässe des Karakorum ziehen, vielfach verwandt. Nach Billah Schah, einen der ersten Kaufleute von Leh, ist die Strasse nach Yarkand stellenweise nur an den Pferdeknochen zu erkennen, mit welchen sie übersäet ist.

Ein anderer in Indien gesuchter Pony ist der Tangun von Tibet, gleichfalls ein Thier von ausserordentlicher Genügsamkeit und Ausdauer, das wunderbarerweise dort schon in einer Höhe von 3000 bis 4500 Meter über dem Meere aufgezogen, in den heissen Ebenen Bengalens sich vortrefflich bewährt, wo diese Thiere zu Preisen von 40 bis 50 Pfund Sterling verkauft werden, während ein gutes Thier in Tibet 5 bis 10 Pfund Sterling werth ist. Dr. Hooker erzählt, dass die Tibetaner die werthvolleren Fohlen mit einem Gemenge von Schweineblut und roher Leber füttern, und dass die jungen Thiere dies Futter gierig verschlingen; das soll sie ausserordentlich kräftigen. Dr. Hooker behauptet, dass diese Art von Fütterung in ganz Centralasien in Gebrauch sei.

Auch von Sumatra gelangen bisweilen Pferde nach Indien. Auf dieser Insel gibt es zwei Pferderacen, die von Atschin und die von Batubara, beide klein und sehr muthig, aber bessere Zug- als Sattelpferde. Die Ponies von Atschin sind die besten im ganzen Archipel, und die von Bhima in Sumbawa kommen ihnen gleich. Sic werden in nicht geringer Zahl nach Penang und Singapore exportirt, wo man sie in kleinen Wagen fährt. Aber auf Sumatra selber wird, wie im ganzen indischen Archipel, das Pferd seitens der Eingeborenen nie zum Ziehen, sei es eines Wagens oder eines Pfluges, sondern allein als Sattel- oder Packpferd benützt.

Nächst den Pferden von Sumatra und Sumbawa sind die von Celebes die besten, sie vereinigen Stärke, Schnelligkeit und Ausdauer; auch Sumba hat gute Pferde. Dagegen sind die Pferde Java’s, obschon grösser als die von Sumatra und sehr zahlreich, doch am wenigsten gut zu nennen, ebensowenig kann man die von Bali und Lombok loben. In Java hat man zwei Racen, die in den Bergländern heimische kleinere, aber muthigere und schönere, und die im Flachlande heimische grössere, aber langsamere und gröbere. Java importirt von Sumatra, Celebes und Sumbawa ziemlich viele Pferde, auch die englischen Straits-Settlements an der Küste von Malakka thun das, ja diese Pferde gehen sogar bis nach Mauritius. Der Preis eines guten Bhima Ponys schwankt in Batavia zwischen 10 und 15 Pfund Sterling.

Noch wäre das kleine Pferd der Philippinen zu erwähnen, nicht weil es nach Indien exportirt wird, sondern seiner Vortrefflichkeit wegen, die es vielleicht seinen ausgezeichneten Weiden, vielleicht aber auch einer Infusion von spanischem Blut von Amerika her verdankt, obschon es nicht nachweisbar ist, dass die Spanier Pferde von dort herüberbrachten.

Wir sind damit am Ende unserer Rundschau über die Nachbarländer Indiens, welche über ein Pferdematerial verfügen, denn die Halbinsel Malakka, die Ostküste von ganz Sumatra und fast ganz Borneo haben niemals Pferde besessen, und wir haben daraus ersehen, dass der Markt für stärkere Sattel- und Zugpferde in diesen Ländern ein sehr beschränkter ist. Die meisten der von uns erwähnten Gebiete produciren kleine Thiere, welche nur bedingt in Betracht kommen können. Für die englische Armee sind sie ohne allen Werth.

Als man von Indien aus in anderen Pferde producirenden Ländern Umschau hielt, traten vor allen das Capland und noch mehr Australien hervor. Dort hatte sich aus kleinen Anfängen eine auf auserlesenen englischen Stämmen basirte Pferdezucht entwickelt, deren Product bereits weit über das eigene Bedürfniss hinausging. Dass beide Gebiete sich mit nur guten Stammpferden versehen, ist leicht erklärlich, wenn man die Zahlungsfähigkeit der Käufer und die hohen Transportkosten erwägt, welche das minderwerthige Thier ebenso stark treffen, als das bessere und theuere. Man bezog sowohl in Australien als am Cap nur das erste Blut der britischen Gestüte. Bei dem Klima beider Gebiete, welches in vortrefflicher Weise sich für die Heranzucht starker, genügsamer und ausdauernder Pferde eignet, das auch in vielen anderen Beziehungen recht dazu angethan ist, ein für Indien passendes Material zu liefern, durfte das englische Commissariat in Calcutta wohl erwarten, gerade hier zu finden, was es suchte. Indess sahen sich die nach Sydney vor etwa 20 Jahren zuerst entsandten Officiere sehr enttäuscht; die ihnen vorgeführten Exemplare australischer Pferdezucht entsprachen ihren Anforderungen keineswegs, wenn sie auch besser waren, als die früher vom Cap bezogenen Remonten, welche man kurz vorher aufgegeben hatte.

Es musste dies jene, welche wussten, wie grosse Summen australische Pferdezüchter für die aus England bezogenen Beschäler ausgegeben hatten, auf den ersten Blick stark befremden, allein das Missverhältniss wurde erklärt, sobald man erfuhr, dass diese werthvollen Thiere zum grossen Theil nur für den Turf verwendet worden waren und dass ihre Thätigkeit nie in die eigentliche Region der Pferdezucht gedrungen, dass auch die Auswahl der zu ihnen gelassenen Mutterpferde eine sehr mangelhafte gewesen war.

Australien besitzt mit Einschluss von Tasmanien und Neuseeland nach der letzten Statistik für das Jahr 1884 im Ganzen 1.272.020 Pferde, eine nach europäischem Mass gemessen ganz ausserordentlich hohe Zahl für eine Bevölkerung von wenig mehr als drei Millionen Menschen, die aber, wenn wir nach Argentinien hinübersehen, recht gering erscheint. Aber der Australier zieht Pferde nicht ihres Fleisches und ihres Fettes wegen, wie der spanische und portugiesische Südamerikaner. Der Verbrauch an Pferden ist in Australien freilich, wo Alles reitet und fährt und wo die Post mit ihrem Viergespann noch über viele Tausende von Kilometern der urwüchsigsten Strassen dahinjagt, ein ganz enormer, aber der stets wachsende Bestand findet damit keine genügende Verwendung. Denn obschon kein australischer Squatter sich je damit befasst hat, allein Pferde zu züchten, diese Zucht vielmehr nur neben derjenigen von Rindern und Schafen einhergegangen ist, so wurde sie doch im Innern des Landes auf den grossen Weidestationen ziemlich allgemein betrieben. Da man nun aber dort weder für gute Hengste sorgte, noch auch bei den Stuten irgendwelche Auswahl traf, so waren die Resultate wenig günstige. Man sah freilich unter den in Sydney, Melbourne, Adelaide zum Verkauf angebrachten Thiere manches schöne Exemplar, aber auch gar viele waren, was die Briten weedy nennen. Der Australier stösst sich nicht daran, wenn sein Reitpferd einen niedrigen Widerrist hat, er hilft diesem Mangel durch einen Schwanzriemen ab, es liegt ihm auch weniger an einem grossen, als an einem ausdauernden Pferde. Gewöhnlich wird auch das junge Thier viel zu früh und dann auch gleich in zu anstrengender Weise zur Arbeit herangezogen. So kam es, dass das englische Pferd in Australien allmälig degenerirt war. Es hatte wie das spanische in Amerika an Zähigkeit und Genügsamkeit gewonnen, aber, wenn auch nicht in so hohem Mass wie jenes, an Schönheit der Form und an Stärke verloren.

Der indische Markt war denn aber doch zu wichtig, um denselben sich leichtsinnig entgehen zu lassen. Eine Besserung trat sehr bald ein und weil nun doch der Seeweg von der Ostküste durch die Torrestrasse nach Indien gar zu lang und gefährlich, der um der Süd- und Westküste herum mindestens sehr lang ist, das Risiko der Verschiffer bei Benützung dieser Wege sich also sehr bedeutend erhöht, so beschloss man, die Pferdezucht nach der Nord- und Nordwestküste zu verpflanzen. Dies ist denn auch seitens einiger Pferdezüchter von Queensland, Neusüdwales und Victoria bereits geschehen. Westaustralien hat aber schon seit einer Reihe von Jahren bedeutende Posten von Pferden nach Batavia, Singapore und namentlich nach Calcutta entsandt. Während, wie wir gesehen haben, für persische und arabische Pferde Bombay der Hauptmarkt ist, werden die australischen Pferde zumeist in Madras und Calcutta angebracht. In Indien gehen die australischen Pferde unter dem Namen Walers (von Neusüdwales, woher die ersten kamen). Nach einem Ausweis der indischen Regierung bezifferte sich die Zahl der nach Indien eingeführten Pferde und der für dieselben erzielte Verkaufspreis auf folgende Summen:

Anzahl Verkaufspreis in Rupien
Andere Andere
Jahr Australien Länder Australien Länder

1874/75 2072 476 529.270 144.325
1875/76 2075 175 706.850 137.025
1876/77 2355 507 725.700 119.550
1877/78 1938 487 599.000 232.820
1878/79 2079 1271 707.300 550.525
1879/80 2133 1473 689.600 478.350

Es bedeutet das also eine Einfuhr von rund 3.600 Pferden im Jahr, dazu bei der stetig steigenden Nachfrage nach stärkeren und grösseren Pferden gewiss eine sehr kleine Zahl. Die englische Regierung in Indien hat, allerdings auch einiges gethan, um diesen Bedarf im Lande selber zu finden und hat in mehreren Provinzen Gestüte angelegt. Nach dem Bericht des Inspectors des Departements für Pferdezucht in der Präsidentschaft Bombay besitzt die Regierung gegenwärtig im Ganzen 80 Hengste der folgenden Racen: 7 Vollblut-Engländer, 7 Norfolk-Traber, 64 Araber, einen Birma-Pony und einen Australier. Die Eingebornen benutzen mit Vorliebe die Norfolk-Traber, es wurden daher 4 weitere Hengste bestellt. Im Jahre 1879 wurden 1825 Stuten belegt, 1880 1881,1881 2185, 1882 2403 und 1883 2508 Stuten. In dem letztgenannten Jahre wurden 264 Fohlen als geworfen angemeldet, doch hält man diese Zahl als unter der Wirklichkeit stehend.

Ich möchte hierbei noch erwähnen, dass die britische Regierung in derselben Weise die Zucht von Maulthieren fördert, welche sich für mancherlei Zwecke, namentlich aber für militärische sehr nützlich erwiesen haben. Sie hat dabei zwar gegen die religiösen Vorurtheile der Bevölkerung anzukämpfen, dennoch macht die Maulthierzucht Fortschritte. Zu diesem Zwecke hat die Regierung 70 Eselhengste ankaufen lassen und den Interessenten zur Verfügung gestellt, davon stammen 20 aus Spanien, 28 aus Arabien, die übrigen aus Buchara. Die in Indien gezogenen Maulthiere haben eine Höhe von 15 Händen. Uebrigens besitzen jene sieben obengenannten indischen Provinzen bei 584.000 Esel, wovon auf das Pendschab allein 290.000 und auf Madras 128.000 Stück kommen.

Indem ich hiermit mein Referat schliesse, hoffe ich die sehr wohlgemeinten und beachtenswerthen Rathschläge der Consuln, wie ich sie am Eingang wiedergegeben habe, in nicht ganz unvortheilhafter Weise ergänzt zu haben. Möchte meine Darstellung ein Anstoss zu einer Inangriffnahme eines gewiss lohnenden Arbeitsfeldes seitens der österreichisch - ungarischen Pferdezüchter werden!