Peters Feldzug in Pommern. 1712

Dies geschah in der Mitte Juli 1712, nachdem er noch Tags zuvor ein neuerbautes Schiff vom Stapel gelassen hatte, dem er den Namen „Pultawa“ gegeben, eine günstige Vorbedeutung, wie er hoffte.

Auch auf diesem Feldzuge begleitete ihn die Zarin Katharina.


In Pommern standen damals 15.000 Mann russische Truppen unter dem Oberbefehl des Fürsten Mentschikoff. Dort sollten zum russischen Heere die verbündeten dänischen, polnischen und sächsischen Truppen stoßen. Stettin, dessen Besitz wichtig war, zur Erleichterung der Verbindung mit Polen, war schon durch 8.000 Mann Russen belagert. Dorthin eilte der Zar. Im Lager vor Stettin empfing ihn sein Sohn Alexei.

Der schwedische Krieg in Pommern führte zu mancherlei Verwickelungen. Peter mußte zu seinem großen Verdruß erkennen, wie schwer es ist, viele Köpfe unter einen Hut zu bringen. Vergeblich bestürmte er die unter sich uneinigen Höfe von Sachsen und Dänemark, Geschütze zur Eroberung von Stettin zu liefern. Die Dänen verweigerten die Herbeiführung von Artillerie, bis auch der König August von Polen seine sächsische Artillerie stellen würde.

In der Zeit der Verhandlung darüber besuchte Peter bei Greifswalde die dänischen Transportschiffe und platten Fahrzeuge, welche zum Übergang nach der Insel Rügen bestimmt waren, und von da die in der Nähe liegenden drei russischen Schiffe. Überall wurde er mit Jubel und Kanonensalven empfangen. Er bestieg das russische Schiff „der heilige Peter,“ und segelte damit zu der großen dänischen Flotte, die 17 Linienschiffe und 5 Fregatten stark bei der Insel Rügen lag. Der General-Admiral Güldenlöwe kam ihm in einem Boote entgegen. Eine allgemeine Salve von der ganzen Flotte begrüßte den Zaren. Dieser ging an Bord der dänischen Fregatte „der Elephant,“ und empfing alle Flaggenmänner und Seeoffiziere der ganzen Flotte, die sich dort versammelt hatten, und ihn auf Befehl des Königs von Dänemark als Oberbefehlshaber der Flotte anerkannten.

Mag das nur ein Courtoisie gewesen sein, so nahm doch Peter der Große diese Ernennung sehr ernsthaft. Er gab seinen ersten Befehl an den kommandierenden Vize-Admiral Sehrstädt: „Führt ohne Anstand das Belagerungsgeschütz vor Stettin!“

Sehrstädt glaubte gehorchen zu müssen. Er war eben im Begriff, mit der dänischen Artillerie in die Oder einzulaufen, als er von seinem König die Order erhielt, das Geschütz nicht vor Stettin zu liefern.

Nun aber erhielt Mentschikoff den Befehl, mit Zurücklassung von nur 4.000 Mann vor Stettin die übrigen Truppen mit der sächsischen Artillerie nach Wolgast zu führen. Unter Zustimmung des Kriegsrat hatte der Zar beschossen, sich der Insel Rügen zu bemächtigen, und dadurch die Einnahme von Stralsund zu erleichtern.

Doch dieser Plan wurde unausführbar, denn unerwartet kam die schwedische Flotte in Sicht, deren Bestimmung es war, eine große Anzahl Frachtschiffe zu decken, welche 9.000 Schweden, die unter dem Befehle des Grafen Stenbock zum Schutz der Insel Rügen und Stralsunds bestimmt waren, und große Vorräte ans Land zu setzen. Dieses Unternehmen gelang. Die schwächere dänische Flotte mußte weichen, und die schwedische Mannschaft wurde wirklich ans Land gesetzt.

Doch bald kehrte die verstärkte dänische Flotte zurück, zerstreute, eroberte und zerstörte über 100 schwedische Frachtschiffe (am 24. September 1711). Beinahe der ganze Vorrat von Lebensmitteln, die man für das schwedische Heer und die Festung in Pommern gesammelt hatte, ging Verloren. Stenbock mit seinem Truppencorps kam dadurch in die äußerste Not. Es blieb ihm Nichts übrig, als sich aus Pommern zurückzuziehen, und sich durch Mecklenburg den Weg in das Herzogtum Holstein zu bahnen, denn die früher schwedischen Provinzen, Bremen und Berden, waren jüngst durch die Einnahme von Stade in die Hände der Dänen gefallen.

Im Herbste dieses Jahres brach Stenbock mit einem Heere von 18.000 Mann aus Stralsund auf, besetzte Rostock, und suchte, zur Sicherung seines Marsches, das dänisch-sächsische Heer auf, um es anzugreifen und zu schlagen.

Die vom König Karl aus Bender gesendeten Befehle, welche den Grafen Stenbock mit seinem Heere nach Polen und dann weiter nach Bender beriefen, ließen sich natürlich unter so veränderten Umständen nicht ausführen.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Peter der Große. Seine Zeit und sein Hof. III.