Peter erklärt Katharinas Sohn, Peter, zum Nachfolger

,,Da es mir an älteren Erben fehlt, so erkläre ich meinen zweiten Sohn Peter, so jung er ist, zum Erben des Thrones.

„Mein väterlicher Fluch treffe Alexei, wenn er jemals Anspruch auf die Erbfolge machen und sie sich suchen sollte. Alle meine Untertanen, wes Standes sie auch seien, sollen dieser meiner Verordnung gemäß meinen Sohn Peter als rechtmäßigen Nachfolger anerkennen, und wer von jetzt an Alexei als Thronfolger zu betrachten, oder ihm zu dem Ende Beistand zu leisten wagt, den erkläre ich für einen Verräter gegen mich und das Vaterland.“


Das Manifest war verlesen. Selten hat wohl ein Prinz und geborener Thronfolger eine stärkere und rücksichtloser demütigende Philippica vor den ersten Beamten des Reichs und den Würdenträgern der Krone anhören müssen, als dieser unglückliche Zarensohn, der, wie vernichtet, kein Wort der Erwiderung hervorbringen konnte.

Alle Anwesenden bekannten in lauten Äußerungen die Gerechtigkeit der Verfügung des Zaren, und riefen den Cesarewitsch Peter als den rechtmäßigen Thronfolger aus. Das war eine neue schmerzliche Kränkung für den unglückseligen Alexei. Aber der bittere Kelch des Entsagens und der Vernichtung aller bürgerlichen Ehre mußte einmal ganz geleert werden. Alle unterschrieben der Reihe nach ein Dokument, welches diese Anerkennung Peters als Thronfolger enthielt und die eidliche Verpflichtung, die Verordnung des Zaren selbst mit Gefahr ihres Lebens in Kraft zu erhalten. Jeder schwur dabei auf das heilige Evangelium, diese Verpflichtung getreulich zu erfüllen.

Das war aber noch nicht genug der Qualen des unglücklichen Zarensohnes. Er wurde in die Stiftskirche geführt, wo die ganze Geistlichkeit versammelt war; dort wiederholte sich derselbe Akt, die Vorlesung des Manifestes mit allem dem bittern und scharfen Tadel gegen den Prinzen, und die sämmtlichen daselbst Anwesenden unterzeichneten und beschwuren ebenfalls dieselben Akte.

Jetzt kam die Reihe an Alexei. Er hatte sich wieder gesammelt, und genügte nun der Aufforderung, die ihm vorgelegte, auch hier laut vorgelesene Entsagungsakte, welche die Anerkennung seines Halbbruders Peter als Thronfolger enthielt, öffentlich und feierlich zu beschwören.

Er hatte darin geloben müssen, sich nicht nur um die Thronfolge nicht zu bewerben, sondern auch, wenn ihm einst die Krone angeboten werden sollte, dieselbe unter keinem Vorwande anzunehmen.

So war denn der peinliche Akt der Thronentsagung Alexeis vollendet; aber noch stand das Gewitter am Horizont, und rollte fürchterlich über den Häuptern der mit ihm verbündet gewesenen Partei der Alt-Russen.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Peter der Große. Seine Zeit und sein Hof. III.