Die Flotte vor Helsingfors

In diesem Vertrauen lief er im Anfange des Mais mit einer Galeerenflotte von über 200 Fahrzeugen von Petersburg aus. Der Graf Aprarin war General-Admiral derselben; das Vordertreffen aber kommandierte der Zar selbst als Contre-Admiral.

Gegen die schwedische Stadt Helsingfors, welche den schönsten Hafen des Landes hat, war der erste Angriff gerichtet. Der russische Brigadier Thernischew, der zum Rekognoszieren des Hafens und der Eingänge desselben mit sechs Galeeren vorangeschickt war, wurde von dem wohlgerichteten Feuer der schwedischen Artillerie empfangen und genötigt, wieder zurückzukehren. Der schwedische General Armfeld hatte, um den engen Eingang des Hafens zu verteidigen, Batterien aufgeworfen und die ersten russischen Galeeren genötigt, mit großem Verluste wieder umzukehren.


Indes kam die russische Hauptflotte herangesegelt. Am 10/22ten Mai wurde das Signal zur Landung gegeben, und die Flotte segelte, Peter voran, auf den Hafen von Helsingfors zu. Bei dieser Gelegenheit wurden fünf holländische Schiffe, die bestimmt waren, Bretter und Balken zu laden, weil man sie für schwedische hielt, ohne weitere Untersuchung verbrannt, welche Übereilung zu späteren Reklamationen der holländischen Regierung Veranlassung gab.

Die russischen Schiffe umringten das Vorgebirge, welches von der Stadt nach dem Hafen hervorgeht. Die Batterien auf dem Festlande eröffneten eine lebhafte Kanonade gegen die russischen Schiffe, aber die schwimmenden Batterien der Russen brachten mehrere schwedische zum Schweigen. Eine russische Bombardiergallone warf ihre Bomben bis in die Stadt.

Indes versuchten die Russen an mehreren Orten zu landen, aber wiederholt trieben die von ihrer Artillerie gedeckten Schweden die russischen Galeeren zurück.

Im Kriegsrate wurde nun beschlossen, am folgenden Tage von der Westseite her den Angriff und die Landungsversuche zu erneuern, um so dem Feinde in den Rücken zu kommen; aber schon in der folgenden Nacht sah man die Stadt in Flammen stehen. Armfeld selbst hatte sie angezündet, da er überzeugt war, sie nicht verteidigen zu können, und weil er dem Feinde eine so wertvolle Eroberung nicht überlassen wollte, ohne sie zerstört zu haben. Die unglücklichen Bewohner wurden durch diese Grausamkeit des Generals gegen die eigenen Untertanen seines Königs in das entsetzlichste Elend versetzt; zum Teil unbekleidet, mit Verlust ihrer Habe, ohne Geld und ohne Nahrungsmittel mußten sie entfliehen, und waren der grässlichsten Not Preis gegeben.

Armfeld zog sich mit der ohnehin schwachen schwedischen Besatzung von Helsingfors nach dem Seestädtchen Borgo zurück.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Peter der Große. Seine Zeit und sein Hof. III.