Papst Pius X., 1835-1914

Aus: Das Buch für Alle. Illustrierte Familienschrift. Zeitbilder. Heft 1. 1903
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Papst, Konklave,
Papst Pius X., der am 4. August vom Konklave gewählte Nachfolger Leos XIII., zählte zu den jüngeren
unter den 62 Kardinalen, die am Konklave beteiligt waren. Doch ist auch er schon 68 Jahre alt. Seine Wahl war für die Welt eine Überraschung, da Kardinal Sarto nicht zu den Diplomaten der Kurie gehörte, sondern sich durchaus im Dienste der Seelsorge für die hohe, ihm nun übertragene Würde vorbereitet hat. Giuseppe Sarto, der im letzten Jahrzehnt Erzbischof von Venedig war, stammt aus dem Dorfe Risse in der Diözese Treviso.

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Als er dort am 2. Juni 1835 zur Welt kam, gehörte das altberühmte Bistum, wie Venezien überhaupt, noch zu Österreich. Die Eltern des neuen Papstes waren schlicht-bürgerliche Leute; der Vater ein Bediensteter des Magistrats von Risse. Dieser Herkunft entsprechend, waren die Anfänge seiner priesterlichen Laufbahn sehr bescheidene. Nachdem er im Priesterseminar zu Padua mit Auszeichnung seine Studien beendet und in der Kathedrale von Castelfranco die Priesterweihe empfangen hatte, erhielt er das Pfarramt von Tombolo und 1867 das von Saljano.

Vom Bischof von Treviso zum Domherrn des Kathedralkapitels ernannt, wurde er nach geraumer Zeit Vorsteher dieses Kapitels, Kanzler des Bischofs und schließlich Generalvikar. 1884 ward er Bischof von Mantua und in dieser Stellung gewann er durch seine gewissenhafte, wahrhaft priesterliche Amtsführung das Wohlwollen Leos XIII. 1893 erhob ihn dieser zum Kardinal und berief ihn zum Erzbischof und Patriarchen von Venedig. Als solcher hatte er wiederholt Gelegenheit, sich auch in diplomatischer Beziehung zu bewähren.

Der italienischen Regierung gegenüber gelang es ihm, ohne besondere Zugeständnisse gute Beziehungen einzuleiten und aufrecht zu erhalten. Als König Humbert den Besuch des deutschen Kaisers in Venedig empfing, versagte er dem Landesherrn nicht die gebührende Aufmerksamkeit, und nach der Ermordung des Königs ließ er ein feierliches Seelenamt abhalten und bezeigte der trostlosen Königin Margherita seine Teilnahme. Mit gleichem Takt verfuhr er im letzten Frühjahr, als er in Gegenwart des Grafen von Turin bei der Grundsteinlegung für den neuen Markusturm den Segen erteilte. Die schlichte Würde seines Wesens, eine gewisse Vorliebe für das Volkstümliche in Sitte und Sprache, sein Heraustreten an die Öffentlichkeit und seine Kunst der Repräsentation bei solchen Gelegenheiten trugen ihm in Venedig besonders herzliche Sympathien seitens der Bevölkerung ein.

Papst Pius X., 1835-1914

Papst Pius X., 1835-1914