Das Schloss in Güstrow im Jahre 1842
In einem tiefen Wiesengrunde, unmittelbar an dem hohen, festen Boden der Stadt, steht auf einem gewaltigen Unterbau das schöne Schloß, eines der sehenswerthesten Gebäude In Meklenburg, zu dessen Innern von der Stadt her die links vor dem Eingange abgebildete, hohe, steinerne Brücke führt. Wahrscheinlich steht das Schloß auf der Stelle des alten wendischen Burgwalls, welcher zuerst wohl von Heinrich Borwin II. mit festen Gebäuden besetzt ward. Bis zum 16. Jahrhundert wissen wir von dem Schlosse nichts weiter, als daß es Haupt-Residenz der Fürsten von Werle und seit dem J. 1436 zu verschiedenen Zeiten Residenz der Herzoge von Meklenburg war. Im J. 1508 bauete der Herzog Heinrich der Friedfertige mehrere Gemächer und in der Zeit von 1516-1520 ward eine neue Capelle auf dem Schlosse ausgeführt. Jedoch wissen wir nichts weiter von der alten Gestalt des Schlosses, als daß es, wie alle mittelalterlichen Schlösser, aus vielen unregelmäßigen Gebäuden bestand. Im J. 1557, als der Herzog Ulrich nach Sachsen gereiset war, brannte das alte Schloß zum größern Theile ab. Der Fürst beschloß daher, eine würdige Residenz auszuführen und übergab am 9. Febr. 1558 die Ausführung des Werkes dem Baumeister Franz Parr, welcher seine Aufgabe mit so ausgezeichneter Geschicklichkeit löste, daß das güstrowsche Schloß noch immer zu den ausgezeichnetsten Kunstwerken des Vaterlandes gehört. Zum Bau wurden, wie oft in den damaligen Zeiten, viele Steine von abgebrochenen alten kirchlichen Gebäuden verwandt, z. B. im J. 1559 von dem abgebrochenen Kloster Marienehe (Marne) bei Rostock. Am 3. Dec. 1586 brannte, wiederum in Abwesenheit des Herzogs, der nördliche Flügel ab, welchen der Fürst wahrscheinlich durch seinen Bildhauer und Baumeister Philipp Brandin, der auch den Bau der prachtvollen Epitaphien im Dom theils leitete, theils selbst verfertigte, In den nächsten beiden Jahren wieder ausführen ließ. Nach des Herzogs Ulrich Tode (1603) standen die Hallen, welche so oft Zeugen reicher Begebenheiten gewesen waren, oft öde, bis seit dem J. 1611 der Herzog Johann Albrecht II. wieder seinen festen Sitz zu Güstrow nahm, welcher jedoch im Mai 1628 dem Sturme des dreißigjährigen Krieges weichen und sein Land verlassen mußte. Der Kriegesfürst Wallenstein ward mit Meklenburg belehnt; er wählte Güstrow zu seiner Residenz, welche er am 27. Julius 1628 bezog und mit geringen Unterbrechungen bis zum 20. Julius 1629 mit seiner Familie bewohnte, mit ernster, stiller Sorge für sein schönes Land eifrig beschäftigt. In dieser Zeit, selbst den ganzen Winter hindurch, machte er höchst bedeutende Anstrengungen, das Schloß nach seinem Sinne einzurichten und namentlich die Umgebungen durch ausgedehnte Garten-Anlagen zu verschönerm Er schloß auch das Viereck des Schlosses durch Ausfüllung einer Lücke an der SO.-Ecke des Schlosses; der Herzog Gustav Adolph ließ jedoch aus Haß gegen den ,,Tyrannen“ diesen „wallensteinschen Flügel“ abbrechen. Am 31. Julius 1631 zog Johann Albrecht II. wieder in die Burg seiner Väter ein, aus welcher er jedoch schon im J. 1636 hinausgetragen ward. Seit dem Tode Seines Sohnes Gustav Adolph (1695) stand das Schloß leer und verfiel; der östliche Flügel ward 1795 wegen Baufälligkeit abgetragen. Zum ersten Male belebten im Frühling 1813 wieder die öden Hallen die freiwilligen Jäger, welche hier ihre ersten Uebungen anstellten. Am 15. April 1817 ward das schöne Schloß Landarbeitshaus.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Mecklenburg in Bildern 1843