Appetit

Appetit. Zu Magdeburg hatte man einen Lachs in der Elbe gefangen, den alle Welt seiner Größe wegen bewunderte. „So groß ist er doch nicht,“ sagte ein Bankier, „dass ihn nicht ein guter Esser auf eine Mahlzeit verzehren könnte. Ich wollte 200 Taler darauf wetten.“ Es fand sich sogleich Jemand, der die Wette annnahm, bei welcher er Nichts zu verlieren glaubte. Der Bankier ließ einen Mann rufen, den er kannte, und fragte, ob er sich getraue, diesen Fisch auf eine Mahlzeit zu verzehren. „Wollt' ihn wohl verzehren,“ sagte dieser, „wenn er nur mein wäre.“ Der Bankier ladet ihn zum Essen ein, lässt aber aus Sorge, dass er dem Menschen doch wohl zu viel werden könnte, in Beisein des Gegners den Fisch in 24 Teile teilen, und jeden Teil anders zurichten. Achtzehn Portionen aß der Mann mit so gutem Appetit ohne zu wissen, was er aß und mit großem Vergnügen, aber von nun an sah er sich bei jeder Portion etwas besorgt um, wobei freilich dem Bankier nicht wohl zu Mute war. Bei der 24sten Portion endlich sagte er ganz trocken: „Ja wenn das Fischlein nun aber nicht bald kommt, so weiß ich nicht, ob ich es werde zwingen können.“

— Man sitzt beim Frühstück. Ein Kostherr, welcher das Haus eben bezogen, zur Hausfrau (sehr höflich): „Darf ich fragen, Madame, ob es Kaffee ober Tee ist, was Sie eben die Güte hatten, mir einzuschenken?“ — Die Hausfrau (sehr verwundert und in unzuftiedenem Tone): „Wie meinen Sie das? Wie soll ich Ihre Frage verstehen?“ — Herr (noch höflicher): „Ich meine bloß, wenn es Kaffee ist, was Sie mir eben einschenken, so möchte ich Sie um eine Tasse Tee bitten; ist es aber Tee, so möchte ich lieber den Kaffee versuchen.“


— „Wie doch die Sprüchwörter lügen!“ sagte Jemand. So heißt eines: „Der Appetit kommt beim Essen. Ich esse nun aber schon dritthalb Stunden lang und er ist mir noch nicht gekommen.“