Sturmfluten der Nordsee.

Die alten Chroniken berichten von Sturmfluten nur, indem sie die untergegangenen Orte, die Verluste an Menschen und Vieh verzeichnen und überlassen es der Phantasie der Nachkommen, sich die Bedeutung dieser trocknen Zahlen selbst auszumalen. Erst über die großen Fluten des 18. und 19. Jahrhunderts haben wir Berichte, die uns diese furchtbare Geißel der Nordseeküste mit all ihren grausigen Einzelheiten näher vor Augen führen.

Wie die Stürme beschaffen sind, die uns die Sturmfluten bringen, wissen wir jetzt ziemlich genau. Die Haupturheber sind solche Minima, die von den Shetlandinseln mit östlichem oder südöstlichem Kurse (siehe S. 21) fortschreiten, während entsprechende Maxima sich in Südeuropa oder Südengland befinden. — Ein einziges Minimum wird aber den Küsten noch nicht so leicht gefährlich, es müssen noch andere Momente hinzukommen. Vor allem muss der Sturm von längerer Dauer sein, sei es dadurch, dass mehrere Minima einander folgen oder Teilminima entstehen oder aber das Minimum längere Zeit stabil bleibt und sich nur langsam verflacht, wie es am 12. und 13. März 1906 der Fall war; ferner muss der Sturm mit der alle 14 Tage eintretenden Springflut zusammenfallen, es ist dies bei allen großen Sturmfluten, so auch im vorigen Jahr der Fall gewesen.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Land und See. Unser Klima und Wetter