Die Temperatur

Bekanntlich hat die Nordseeküste ein gleichmäßigeres und milderes Klima wie die Ostseeküste und letztere ein kälteres wie das Binnenland. Wie dies in dem wichtigsten Faktor, der Temperatur, zum Ausdruck kommt, möge folgende kleine Tabelle zeigen. In derselben sind die Orte so ausgewählt, dass sie die Längenausdehnung unserer Küsten sowie die verschiedenen Teile Deutschlands umfassen.

Beobachtungskarte Durchschnittstemperaturen in Graden Celsius:
*) Das kalte Klima Münchens erklärt sich durch seine hohe Lage von 520 m über dem Meeresspiegel.


Aus der kleinen Tabelle ist der Unterschied zwischen Küsten- und Binnenlandklima oder was dasselbe ist, zwischen ozeanischem und kontinentalem Klima deutlich zu erkennen. Sie zeigt, dass es an der Nordseeküste im Winter wärmer und im Sommer kühler ist als im Binnenlande und zwar handelt es sich hier um recht beträchtliche Unterschiede. Während nämlich an der Nordsee der Unterschied zwischen dem wärmsten und kältesten Monat kaum 16° beträgt, beträgt er in Berlin 18°, in Ostpreußen bereits 2°, und in Moskau 30°.

Vergleicht man in der Zusammenstellung nur die Juli- Temperaturen mit einander, so fällt auf, dass Berlin, das doch im Juli als Bratofen verrufen ist, in diesem Monat nur 1° wärmer ist als die Ostseeküste und 2° wärmer als die Nordseeküste. Hierbei ist jedoch zu bemerken, dass die Angaben sich auf das Mittel der Tagestemperaturen beziehen; sie würden sofort anschwellen, wenn man nur die Mittagstemperaturen mit einander vergleichen wollte. Wir kommen hiermit auf einen weiteren Unterschied zwischen Küsten- und Binnenlandklima, nämlich: dass auch der Unterschied zwischen Tag- und Nacht-Temperaturen an der Küste viel geringer ist als im Binnenlande. Die Gründe hierfür sind ähnlicher Art wie die, welche die gleichmäßigeren Jahrestemperaturen hervorrufen und beruhen auf folgendem Vorgang.

Das Wasser absorbiert nicht so viel Wärmestrahlen der Sonne, wie es das Land tut, da es den größten Teil derselben zur Verdunstung des Wassers verbraucht. Die Folge hiervon ist, dass die Luft über dem Wasser weniger erwärmt wird, wie die Luft über dem von der Sonne schneller erwärmten Lande und die weitere Folge, dass ein Ausgleich stattfinden muss. Derselbe geht in der Weise vor sich, dass die wärmere Luft über dem Lande in stärkerem Maße nach oben steigt und durch kältere vom Wasser her ersetzt wird. Es weht also am Tage ein kühlender Seewind, in der Nacht findet das Umgekehrte statt und die Gesamtwirkung ist eine gleichmäßigere Tagestemperatur wie im Binnenlande. Bemerkbar ist diesig Erscheinung der Land- und Seewinde nur bei gleichmäßigem Barometerstand, also ganz schwacher sonstiger Luftbewegung. In südlichen Gegenden hingegen sind die täglichen Land- und Seewinde die Regel, so dass man mit Sicherheit damit rechnen kann! Der Seewind stellt sich dort am Vormittag fast immer um dieselbe Uhrzeit ein und macht an manchen Orten durch seine erquickende Kühle dem Europäer den Aufenthalt überhaupt erst erträglich.

Die größere Gleichmäßigkeit des Küstenklimas erstreckt sich aber nicht allein auf den Jahresdurchschnitt und den Tagesdurchschnitt, sondern auch auf die Unterschiede zwischen zwei auf einander folgenden Tagen und da auch dies von Bedeutung ist, so sei angeführt, dass der durchschnittliche Unterschied zwischen zwei aufeinander folgenden Tagen auf den Nordseeinseln 1,P, an der Ostseeküste 1,5° in Mitteldeutschland 1,8° beträgt.

Zum Schluss noch einige vergleichende Angaben über die Temperaturverhältnisse in den verschiedenen Hauptstädten Europas.

Die hier besprochenen Temperaturunterschiede sind es nun nicht allein, die den Unterschied zwischen ozeanischen und kontinentalem Klima ausmachen, ein ebenso wichtiger Faktor ist der Wassergehalt der Luft, die Feuchtigkeit.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Land und See. Unser Klima und Wetter