Feuchtigkeit

Das Klima an unseren Küsten ist selbstverständlich, ganz abgesehen von direkten Niederschlägen, feuchter als im Binnenlande, ferner an der Nordseeküste feuchter als an der Ostseeküste und zwar stimmt dies sowohl für die absolute Feuchtigkeit, also die wirkliche Wassermenge in der Luft, als auch für die relative Feuchtigkeit, die uns hier am meisten angeht, da sie auf unser körperliches Wohlbefinden am meisten einwirkt.

Bekanntlich kann die Luft umso mehr Feuchtigkeit aufnehmen, je wärmer sie ist. Ist sie gesättigt, so fängt sie an, ihre Feuchtigkeit in Gestalt von Regen, Tau, Nebel, Schnee, Reif abzugeben, sie hat dann 100% Feuchtigkeit, ein Zustand der bei 20° Wärme eine größere Wassermenge bedeutet als bei 10° dasselbe ist bei jedem anderen Feuchtigkeitsgrad der Fall. Stößt in eine wärmere Luftschicht von vielleicht 80% Feuchtigkeit eine kältere, so schnellt die Prozentzahl bei der Abkühlung sofort in die Höhe; erreicht sie den Sättigungszustand, also 100%, so beginnen die Niederschläge, ein Vorgang, der sich alle paar Tage vor unseren Augen abspielt. — Des Morgens, wenn die Luftschicht über dem erkalteten Erdboden stark abgekühlt ist, erreicht sie die 100% sehr leicht, dann entsteht Tau oder Reif. — Zur Entstehung von Wolken, Nebel ist noch ein weiterer Faktor notwendig, nämlich eine geringe Veränderung des Luftdrucks; auf diese Verhältnisse hier näher einzugehen, dürfte jedoch zu weit führen.


Was hohe relative Feuchtigkeit bedeutet, wird derjenige am leichtesten spüren, der im Sommer die Nordseeküste besucht. Sein Zeug fühlt sich feucht an und riecht muffig, wenn er es aus dem Kleiderschrank herausnimmt, die Zigarren sind feucht, die Handtücher wollen nicht trocknen, es bildet sich leicht Schimmel und die Luft im Zimmer ist dumpfig, sobald die Fenster geschlossen werden. Das beste Mittel hiergegen ist selbstverständlich, so viel frische Luft wie möglich in das Zimmer einzulassen. In Hotels wird das auch keine Schwierigkeit haben, umso mehr aber in Privat-Logis. Die kleinen Leute sind nämlich an der Küste im allgemeinen noch größere Feinde von frischer Luft als im Binnenlande und haben von ihrem Standpunkt auch eine gewisse Berechtigung dazu, denn bei immer geschlossenen Fenstern erhält sich die Luft in den Zimmern verhältnismäßig trocken, auch konservieren sich die Sachen besser; allerdings herrscht dafür auch die sogenannte Kleineleuteluft in den Räumen, aber die ist ihren Bewohnern, die von Klein auf daran gewöhnt sind, nicht weiter unangenehm.

Die nachstehende kleine Zusammenstellung gibt über die relative Feuchtigkeit an der Küste und im Binnenlande Aufschluss. Sie zeigt, dass die relative Feuchtigkeit überall im Winter größer ist als im Sommer, an der Küste viel größer als im Binnenland und zwar ist der Unterschied zwischen beiden im Sommer größer als im Winter. Während nämlich im Juli der Feuchtigkeitsgehalt der Luft an der Nordseeküste um 7% größer ist als in Swinemünde und um 15% größer als in Berlin, ist er es im Winter nur um 3% resp. 7%.

In diesen Zahlen prägt sich der zweite große Unterschied zwischen oceanischem und kontinentalem Klima aus.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Land und See. Unser Klima und Wetter