Kosciuszko, Thaddäus (1756-1817) berühmter polnischer Feldherr. Biographie

Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838
Autor: Brockhaus, Erscheinungsjahr: 1838
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Kosciuszko (Thaddäus), der berühmte polnische Feldherr, wurde in Lithauen 1756 geboren und erhielt seine erste Erziehung in der Kadettenschule zu Warschau.

Der Fürst Adam Czartoryiski bemerkte seine ausgezeichneten Anlagen und ließ ihn auf seine Kosten in der Militärakademie zu Versailles weiter ausbilden. Kosciuszko kehrte nach Polen zurück und wurde Hauptmann; eine nicht glückliche Liebe aber wurde Ursache, daß er sein Vaterland verließ und nach Nordamerika ging, um hier für die Unabhängigkeit der Freistaaten zu kämpfen. Kosciuszko zeichnete sich bei mehren Gelegenheiten rühmlichst aus, wurde der Freund des berühmten Washington, erhielt den Cincinnatusorden und stieg bis zur Würde eines Brigadegenerals. Nach Polen 1786 zurückgekehrt trat er mit den Männern in Verbindung, welche mit redlichem Eifer an eine Rettung ihres immer mehr an Selbständigkeit wie innerer Einheit verlierenden Vaterlandes dachten. Im Jahre 1791 kam die polnische Konstitution zu Stande, welche Russland verwarf, indem es zugleich der über dieselbe missvergnügten Partei in Polen kriegerischen Beistand leistete. Kosciuszko war 1789 zum Generalmajor der polnischen Armee ernannt worden, erklärte sich 1791 für die Constitution und trat mit ruhmwürdiger Tapferkeit den Russen entgegen, indem er sich bei Dubienka mit 4000 Polen gegen 16,000 Feinde fünf Tage hielt. Nachdem aber die Russen ihre Absichten durchgesetzt hatten, nahm Kosciuszko den Abschied und begab sich nach Leipzig. Die gesetzgebende Versammlung in Flankreich wollte Kosciuszkos Verdienste für die Sache der Freiheit anerkennen, indem sie ihm den Titel eines franz. Bürgers erteilte. Nach der zweiten Teilung Polens traten Patrioten in Polen heimlich zusammen und unterhandelten auch mit Kosciuszko über Pläne zur Abwerfung der Fremdherrschaft. Der Aufstand brach zu zeitig aus, aber am 23. März 1794 war Kosciuszko zu Krakau, trat an die Spitze der Verbündeten und erließ einen Aufruf zur Wiederherstellung der Constitution von 1791. Mutig und siegreich kämpfte Kosciuszko, während die Sache der Freiheit sich ausbreitete und befestigte, aber die Übermacht der Russen und Preußen nötigte ihn, sich in ein verschanztes Lager vor Warschau zurückzuziehen. Mit rastloser Tätigkeit, unwandelbarer Rechtlichkeit, Mut und Klugheit leitete Kosciuszko alle Angelegenheiten der Verwaltung und des Heers, und verteidigte das von einer gewaltigen Übermacht hart bedrängte Warschau. Die Schlacht bei Macziejowicze entschied endlich Polens und Kosciuszkos Schicksal; nach der tapfersten Gegenwehr wurden endlich die Reihen der Polen durchbrochen, Kosciuszko selbst sank von Wunden bedeckt mit dem Ausruf: »Fisis Poloniae!« (d.h. Polens Untergang!) vom Pferde und wurde gefangen genommen. Die russische Kaiserin Katharina ließ ihn in den Kerker werfen, aber ihr Nachfolger Paul gab ihm, seine Heldengröße bewundernd, die Freiheit wieder, nachdem er gelobt, nicht mehr wider die Russen dienen zu wollen, und wollte ihn überdies mit Gnadenbezeugungen ehren, welche Kosciuszko jedoch ablehnte. Er ging 1797 nach Nordamerika, wo man ihn mit Bewunderung empfing. Im folgenden Jahre schickte ihn der Kongress mit Aufträgen an die französische Regierung. Er blieb in Frankreich, lehnte später alle Anträge Napoleon's, welcher sich seines Namens und Einflusses zur Bewaffnung Polens gegen Russland bedienen wollte, standhaft ab und lebte auf seinem Landgute bei Fontainebleau fern von dem Getöse der Waffen. Im Jahre 1814 wendete er sich bittweise an den russischen Kaiser Alexander um Amnestie für die aus ihrem Vaterlande vertriebenen Polen und um Gewährung einer freiern Verfassung für Polen. Kosciuszko begleitete 1815 den Lord Stewart nach Italien und ließ sich dann 1816 zu Solothurn in der Schweiz nieder. Durch einen Freibrief hob er 1817 die Leibeigenschaft auf seinem Gute Siecnowicze in Polen auf, und noch in demselben Jahre starb er in Folge eines Sturzes mit dem Pferde. Durch den Fürsten Jablonowski ließ der Kaiser Alexander 1818 Kosciuszkos Leichnam nach Krakau bringen und ihn hier auf Bitten des polnischen Senats im Grabmal der polnischen Könige beisetzen. Auch ward ihm daselbst ein Denkmal errichtet. K. Falkenstein hat Kosciuszkos Leben beschrieben (2. Aufl., Lpz. 1834).