Brief 4

Ich mache auch Verse, und Monsieur Wedel, der Buchdrucker, nämlich der Älteste, mit dem ich noch zusammen bei Herrn Engel in die Schule gegangen, hat vorigen Sonnabend, als ich für meine Eltern die „Danziger Erfahrungen” abholte, zu mir gesagt, daß sie gar nicht übel wären. Er meinte sogar, mit der Zeit könnte ich es noch weit bringen und ein ebenso berühmter Dichter aus mir werden, wie Herr B..., der Prediger zu Petershagen, der jetzo für unsere Stadt die vielen Gelegenheitsgedichte macht. Aber das glaube ich nun und nimmermehr – das sagt er nur so; gedenke aber doch mit Gottes Hülfe darin fortzufahren. Damit aber der Herr Vetter selbst einen Gustum davon hat, so nehme ich mir die Freiheit, eine Probe derselben beizulegen 1) . Bitte aber nur gehorsamst zu exkusieren 2) , wegen der falschen Reime und des uneigentlichen Gebrauchs der Worte, oder wenn sonst etwas nicht recht ist“, das bitte mir nur zu sagen, und will alles künftig besser machen.

Und als sie einst bauten den Turm zu Babl 3) ,
Da waren wir alle noch nicht in der Welt,
Ich, der Patron und der Constabl,
Und du, kleine Hexe, die mir gefällt.
's ist eine schöne lange Zeit,
Vom Turmbau zu Babel bis auf heut;
Tu mir die Tür auf, schöne Maid,
Oder ich schlag sie in Stücken.


Und als die Sündflut 4) trocknete ein,
Da kehrten eins, zwei, drei, viere,
Zu Abram 5) die heil'gen Englein ein,
Sein Weib stand hinter der Türe,
's ist eine schöne lange Zeit,
Von der Sündflut und Abram bis auf heut;
Tu mir die Tür auf, schöne Maid,
Oder ich schlag sie in Stücken.

Und als mein Großmutter hat gefreit,
So geschehen ist Anno Sieben,
Da sind so Spielmann wie Hochzeitleut
Noch alle nüchtern geblieben.
's ist eine schöne lange Zeit,
Seit meine Großmutter hat gefreit, bis auf heut;
Tu mir die Tür auf, schöne Maid,
Oder ich schlag sie in Stücken.



1) gustus: (lat.) Geschmack
2) entschuldigen
3) Vgl. Altes Testament, 1. Mose, 1
4) Vgl. Altes Testament, 1. Mose, 7-8
5) Vgl. Altes Testament, 1. Mose, 18