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Wenn das Korn (d. i. Mais) reif ist, machen wir das so: Wir schaufeln die Kolben zusammen und stecken sie an. Wenn es ordentlich brennt, dann stellen sie sich um die Haufen rum und fressen von der Außenseite, was schon abgekühlt ist. So was haben die Schweine gern, ja well. Dann können sie Wasser zusaufen. Am zweiten Februar war ich mit achtzig Schweinen nach Chicago. Die brachten 685 Dollars. Nach Neujahr muß ich wieder hin. Schade, daß ich sie nicht auf einen deutschen Markt bringen kann.

Ochsen muß ich mir auch wieder anschaffen, weil wir über 120 Fuder Heu gemacht haben. Vor Weihnacht schickte ich zwanzig Stück nach Chicago, die brachten etwas über achthundert Dollars. Das ist hier schon ein guter Preis. Bloß Kühe sind hier jetzt billig; eine gute Kuh kostet 15 bis 23 Dollars. An Korn hab ich dies Jahr über 3000 Bushel, davon 400 Bushel verkauft, den Bushel zu 35 Cents. Das ist hier auch schon ein guter Preis. An die Kühe verfüttern wir auch viel Korn. Wir schneiden es grün und packen es luftdicht ein. Dann hält es sich. Sie geben dabei mehr Milch als bloß bei Kleie.


Sonst machen wir es mit den Kühen so: Wir jagen sie auch auf die Weide. Aber ein Kuhjunge ist nicht dabei. Sie kommen von selbst wieder rein. Im Winter bleiben sie bei den Häusern. Ist das Gras raus, gehen sie weiter, daß man sie nicht mehr sehen kann. Aber zum Melken kommen sie wieder ans Haus. Die Milch treibt sie. Das ist um halb fünf im Winter und Schlag sieben im Sommer. Unsre Uhr war stehengeblieben. Es hat doch keine Not. Wir haben gewartet, bis die Kühe nach Hause kamen. So haben wir die Uhr nach den Kühen gestellt. Als ich das nächste Mal nach dem Town kam, hab ich sie mit der Stadtuhr verglichen. Und siehe, sie ging richtig.

Dies Jahr konnten wir bis jetzt nur 36 Kälber verkaufen. Die welchen waren von der Ernte her alt; die haben ihre Milch selber von den Kühen geholt. So sparten wir uns das Melken. Ein paar Mond taten sie das. Dann haben wir sie abgenommen und ihnen etwas Hafer gegeben. Sie haben 590 Dollars gebracht. Bei euch wären sie noch mal so viel wert gewesen. Aber Kälber verkaufen ist der reinlichste Kram. Warum soll man die Butterfabriken auch noch reich machen? Bei mir kam auch mal so ein Rahmherr und Sahnenonkel angefahren. Gleich mit Auto. Dafür war er auch ein Amerikaner. Aber was die Sorte Rahm nennt oder einen Zoll Rahm, daraus machen wir 1¼ Pfund Butter. Er sprach: Ich will dir deinen Rahm abkaufen. Gleich fürs ganze Jahr will ich das tun, wo du hier doch so einsam wohnst. Dann bist du alle Sorgen los. Ich sprach: Das ist eine brave Gesinnung von dir; die mußt du dir einpökeln für schlechte Zeiten. Er sprach: Ich will dich auch gut bezahlen. Ich sprach: Von meinetwegen kannst du Sand buttern; ich gebe dir eine Fuhre umsonst. Da fuhr er hin. Da ist er nicht wiedergekommen. Die Sorte sucht bloß Dumme; aber dann muß er früher aufstehen, und mit einem neuen Auto lassen wir hier uns noch lange nicht die Augen voll Sand streuen.

Mit dem Mist ist das hier so, daß er nicht so geehrt wird als bei euch, wo jeder Forkvoll in acht genommen wird und die Kinder ihn aufsammeln auf der Straße. Der Urwaldboden braucht lange Jahre keinen Meß. Aber zu Anfang ist er zu wählig (übermütig, ungebärdig). Dann trägt er bloß Lagerkorn. Erst mit den Jahren wird er zahm. Dann ist er sehr gut. Dann gibt er Korn, wie es bei euch nicht zu sehen ist. Zuletzt kommt er ganz sachten in die Jahre, wo er Meß braucht. Meinem Nachbarn lag seiner im Wege. Er lag auf dem ganzen Hof rum und hinter der Fenz auch noch. Ich sagte zu ihm: Ich will dir deinen Dung abfahren. Ganz umsonst will ich das tun. Aus Nachbarschaft will ich das tun. So hat er ja gesagt, und ich fuhr ihn ab. Das waren über hundert Fuhren. Das ist meinem Acker gut bekommen. Aber das nächste Jahr gab er nichts mehr auf Nachbarschaft von wegen dem Meß. Da hat er ihn selbst abgefahren. Da war er klug geworden.

Von den Eiern will ich diesen Winter auch noch ein paar Wörter machen. Sie sind hier teurer als bei euch auf dem Dorf. Sie kosten heute das Dutz 1,80 Mark. Das macht, weil sie alle nach New York gehen. Da kommen sie in große Kühlhäuser und liegen da, bis die Eierbarone den richtigen Preis raushaben. Dann drücken sie uns wieder die Preise. Aber wir können die Hühner man nicht drücken, daß sie streiken mit dem Eierlegen. Dann essen wir so viel Eier, daß wir bloß noch Kikeriki sagen können. Dann kommen wir zuletzt in einen Zustand, daß wir den ganzen Himmel für einen Eierdopp ansehen und die Abendsonne für einen Pfannkuchen.

Zwei Jahre zurück, da konnten wir zuletzt keine Eier mehr sehen. Es war ein Elend. Es war wie eine von Pharao seinen zehn Plagen. Zu der Zeit waren auch die kleinen Ferkel so billig. Wir gaben gern eins zu, um das andere los zu werden. Bloß, wir wurden das andere nicht los, und die Muttersauen ferkelten wie unklug. Ganz leidenschaftlich taten sie das. Es quiekte in allen Ecken. Was haben wir da gemacht? – Ich sage zu Wieschen: Wieschen, sage ich, weißt du, was Hannjürn Timmermann mir mal sagte, als auch solche Heimsuchung über old Country gekommen war? – Was hat er gesagt? sagt sie. – Er hat gesagt, seine Großmutter hat auch mal solche Not durchgemacht und ihm gesagt, daß sie die Ferkel an die Hühner verfüttert haben. Und seine Großmutter war eine brave Frau.

Äwer du büst unklaug, Jürnjakob, sagte sie. Heil und deil büst du unklaug. Wo kannst du so’ne olle abergläubische Saken glöwen. Woans sall dat woll angahn, dat de Häuhner de Swien upfreten. Häuhner freten Roggen un Kurn un Brot un Tüffel, das ist Gottes Ordnung; äwer Swien freten, das ist gegen Gottes Ordnung. – Hoho, Wieschen, sagte ich, weißt du nicht mehr, daß da mal sieben magere Kühe sieben fette Kühe aufgefressen haben? Und das steht in der Schrift, und darum ist es nicht gegen Gottes Ordnung. – I, sagte sie, das war auch man bloß im Traum. – Da sah ich sie freundlich an und beredete sie weiter mit schönen Wörtern, bis sie einwilligte in meinen Rat. So haben wir die Ferkel abgestochen und gekocht und richtig an die Hühner verfüttert. So waren wir sie glücklich los.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Jürnjakob Swehn der Amerikafahrer