1709 verließen 14.000 Pfälzer und Schwaben die Heimat.

Im Frühjahr und Sommer des Jahres 4700 bot sich den an alle Schrecken furchtbarster Kriege gewöhnten An­wohnern des Neckars unterhalb Marbach und des Rheins von Mannheim abwärts ein neues, überaus trauriges Schauspiel. In immer neuen Zügen kamen Hunderte, Tausende von Männern, Frauen und Kin­dern daher. Ihren ärmlichen Besitz und die kleinen Kinder führten sie in Handkarren mit sich, die Frauen trugen vollbepackte Körbe auf dem Kopf, und die Männer schleppten auf dem Rücken, was sie tragen konnten. Zu den Württembergern gesellten sich Tausende von Leidensgenossen aus der Rheinpfalz.

Es waren Auswanderer, die in heller Verzweiflung ihre Heimat verließen. Ein Ziel hatten sie alle, Amerika, wo sie das Gelobte Land einer neuen, besseren Heimat er­hofften. Viele mögen den Armen und Elenden nachgese­hen haben, zuerst voll Mitleid, dann aber des eigenen Elends gedenkend, wieder doch mit Neid, da diese Men­schen wenigstens noch eine Hoffnung hatten. Sie packten selber ihr Bündel, verkauften ihr bißchen Besitz und zo­gen den Vorausgegangenen nach.


So ging der Zug des Elends vom Frühjahr bis zum Sommer den Neckar, den Rhein hinunter, Schwaben und Pfälzer untereinander.

Es war der erste große Auswanderungszug nach Ame-rika, der meist der Pfälzische heißt. Weil es Pfälzer waren, die zuerst 1708 in größerer Anzahl über Lon­don nach Amerika gekommen waren, hieß man dort alle Deutschen, die ihr Heil außer Landes suchten, Pfäl­zer, so daß in einem englischen Bericht einmal gespro­chen wird von einem Pfälzer aus Holstein (a Palatine from Holsteyn). Es waren aber ebensoviele Schwaben dabei, und aus diesen Schwaben erwuchsen der ver­zweifelten Herde zusammengewürfelter armer Men­schen ihre besten Führer, Johann Konrad Weiser, Vater und Sohn.

Wer diese Auswandererzüge sah, mochte ihren Mut bewundern. Aber kaum jemand dachte daran, wieviel deutsches Blut, wieviel deutsche Tüchtigkeit, wieviel auch deutsches Gut damit verloren ging für das deut­sche Volk. Es gab ja damals kein deutsches Volk, kein Deutsches Reich. Es waren nur Angehörige kleiner Städtchen, deren Herrscher verantwortungslos mit deutschem Blut umgingen. Diese verkauften ja auch ihre Landeskinder als Soldaten an fremde Völker, um aus dem Blutgeld ihren Maitressen Schmuck kaufen zu können.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches J. K. Weiser, Vater und Sohn