In Stein verwandelt

Autor: Ueberlieferung
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Ein Mädchen in Eidum auf Sylt hatte sich mit einem jungen Manne verlobt und ihm geschworen, sie wollte eher zu Stein als die Frau eines anderen werden. Der junge Mann ging in vollem Glauben an ihre unwandelbare Treue zur See. Doch das Mädchen vergaß ihn bald, nahm nachts Besuche von anderen Freiern an und verlobte sich endlich mit einem Schlachter aus Keitum. Der Hochzeitstag wurde bestimmt, und der Brautzug ordnete sich mit einem Vormann an der Spitze nach alter Weise und ging von Eidum auf Keitum zu. Da begegnete ihnen auf der Mitte des Weges ein altes Weib und rief: »Eidembör, Keidembör, ju Brid es en Her!« (Eidumeer, Keitumer, eure Braut ist eine Hexe.) Ärgerlich und erzürnt antwortete der Vormann: »Es üs Brid en Hex do wild ik, der wü jir altimal dealsonk, en wedder apwugset üs grä Stiin!« (Wäre unsere Braut eine Hexe, so wollte ich, daß wir allesamt in die Erde sänken und wieder aufwüchsen als graue Steine.) Kaum hatte er die Worte gesprochen, so versank die ganze Gesellschaft samt der Braut und dem Bräutigam in die Erde, und alle wuchsen als graue Steine wieder zur Hälfte hervor. Man hat diese fünf großen Steine, zwei und zwei nebeneinander mit dem Vormann an der Spitze, bis vor wenigen Jahren noch gezeigt. Sie standen nördlich von Tinnum, nicht weit vom ehemaligen Dinghügel. Dabei waren zur Erinnerung an jene Begebenheit zwei kleinere runde Hügel aufgeworfen, die man die Bridfearhoger, d. h. Hügel der Hochzeitsgesellschaft, nannte. Sie sind jetzt auch abgetragen.