Abschnitt 2

Jan Stehen


Hier ist Jan Steen een Kastelijn
En schilder echter grof en fijn.


Er ist Wirth und bedient einen Gast, Teller und Glas in der einen, Palette und Pinsel in der andern Hand. Nach dem Tode feines Vaters erbte er nämlich dessen Haus, und soll darin eine Herberge oder vielmehr eine Schenke eingerichtet haben. Er legte Wein und Bier auf, hing einen Kranz aus über der Thür und bewirthete seine guten Freunde, die ihn aber nicht bezahl ten. Als seine vornehmsten Gäste nennt das Schilderbuch Franz Mieris, Ari de Vois, Jan Livensze und einige andere Zierden der holländischen Malerschule, denn es gab damals in Leiden und ganz Holland eben so viel und mehr berühmte Maler, wie gegenwärtig gemeine Thürpinsler sich finden möchten. Diese Kunden besuchten ihn sowohl bei Tag als bei Nacht; er schloß niemals seine Hausthür zum Zeichen seines ruhigen Gemüths. Wenn die Tonnen und Flaschen geleert waren, so holte er seinen Kranz wieder ein und setzte sich eifrig ans Malen. Hatte er ein paar Stücke fertig, so beorderte er seinen ältesten Sohn Kees damit zum Weinhändler und Brauer, die ihm dann aufs neue Wein und Bier in den Keller lieferten, worauf er den Kranz wieder aushing, bis kein Tropfen Naß in allen Pinten mehr übrig war. Der Maler Jan Lievensze, erzählt Karl van Maaeder, donnerte einmal in später Nacht an das Kastell von Jan Steen, und da die Thür nach alter Gewohnheit nur auf der Klinke stand, schritt er ohne Weiteres ins Haus. Wer da? rief Jan Steen, der durch den Lärm aus dem Schlaf gefahren war und Jan Lievensze, der wieder zu viel genippt und gekippt hatte, antwortete mit faselnder Stimme, ich bin’s Bruderlieb, ich will Dich setzen auf ein paar leckere Küken, Dinger, sag ich Dir, so fett wie Braunschweiger Mumme und so zart wie ein Fasan. Sind sie gebraten oder gesotten? fragte Jan Steen, und Jan Lievensze versetzte, nein, König der Welt, sie sind roh, aber ich habe an verschiedenen Höfen die hohe Kochkunst studirt, und darum bitte ich Dich, steh auf und dann sollst Du sehen, was ich leisten kann. Der fromme Jan zündete die Lampe an und weckte seinen erstgebornen Sohn Kees, und befahl ihm, hurtig aufzustehn und Feuer anzumachen, Alles so schnell wie möglich. Kees war kein ungehorsamer Sohn, stand sogleich auf und machte Feuer an. Aber da gebrachen noch sehr viele Dinge am irdischen Glück der beiden Künstler, und unter den minder nöthigen die allernöthigsten, Wein und Tabak. Daher nahm Jan Steen all sein väterliches Ansehn zusammen und befahl dem Knaben Kees, ohne auf sein saures Gesicht und seine Einwendungen zu achten, erstens so schnell als möglich nach dem Weinhändler Goskens hinzulaufen. Sag ihm, rief er, ob er mir nicht noch einmal und zum letztenmal zu Willen sein will mit ein paar Kannen Wein, er könne sich darauf verlassen, daß ich ihm mit dem Pinsel gehörig bezahlen werde. Hat er Dir Wein gegeben, so halte Dich nicht länger auf und jage nach Geertje van der Laan, und bitte ihn, mir noch diesmal den einzigen Gefallen zu thun und Dir für einen halben Stüver Blättertabak und ein paar kurze Pfeifen mitzugeben, und versichere ihn im Namen Deines Vaters, Jan Steen, ich würde ihm diesen besondern Freundschaftsdienst sehr hoch anschla gen, und bei allen vorkommenden Gelegenheiten könne er auf mich rechnen. Während nun der Knabe dieser beiden wichtigen Botschaften sich entledigte, war Jan Lievensze nicht faul, seine hohe Kochkunst zu bewahrheiten, er bestreute die beiden Küken mit Pfeffer und Salz, legte sie auf den Rost, welchen er vorher sorgfältig aus dem Torfmull hervorgegraben und gesäubert hatte, machte eine Sauce von Butter, Pfeffer, Senf und Essig, und dann ging das Paar, nachdem die Thierchen von außen ganz schwarz gebrannt und inwendig halb gar waren, seelenvergnügt zu Tische und ließ es sich so gut schmecken, daß der Abgesandte Kornelis bei seiner Zurückkunft nur anderthalb Köpfchen und drei pechschwarze Pfötchen in der Schüssel fand. Er war aber mit der Hülle und Fülle von Wein und Tabak angelangt und die beiden Kannen und das Briefchen Tabak wurden nachträglich verzehrt unter einem Gespräch über die schöne Malerkunst, denn so locker und los er auch lebte, so fest saß er im Sattel seiner Kunst, und es war eine Lust, ihn zu hören, wenn er über die Eigenschaften derselben sich ausließ. So saßen sie die liebe Nacht und waren lustig und guter Dinge, und gegen Morgen gingen sie außen vor dem Kuhthor spatzieren, um die Verdauung zu befördern.

Hier schildert Jan zijn vrouwtje wonder
Ein maalt er schapekoppen onder.

Seine Frau sieht fertig gemalt auf der Leinewand und er pinselt ihr noch, um das Bild zu vollenden, ein paar Schafsköpfe unter den Arm. Diese ist seine zweite Frau, Mariken Herkulens. Mit seinen Frauen weiß man nicht recht, woran man ist, es hat fast den Schein, als hätte er zwei auf einmal im Hause gehabt, wie er denn nicht selten sich selbst an der Seite zweier Frauen abgebildet hat. Wahrscheinlich hat er aber nach dem Tode seiner ersten Frau sich mit Mariken Herkulens verbunden, um seinen Hausstand und seine Kinder besser zu berathen. Diese, seine Frau oder Geliebte, hatte, ehe sie zu ihm ins Haus zog, Schafsköpfe und ähnliche Leckereien verkauft, und auf diesen Umstand und folgende Anekdote bezieht sich der Holzschnitt. Der Ritter Karl de Moor traf einmal Mariken Herkulens bei einem Besuch in Jan Steens Hause allein an, und fand sie in übler Laune. Sie klagte dem Ritter, daß Jan Steen sie allerdings oft genug male, aber immer als ein gemeines Vorbild, bald als Kupplerin, bald als trunkenes, bald als unzüchtiges Weib, sie wolle aber abconterfeit sein als eine ehrbare Frau in ihrem rothen Sonntagswams, mit ihrem seidenen Schleier, ihren goldenen Bummeln in den Ohren und dergleichen. De Moor machte ihr das Vergnügen und malte sie so, wie sie’s wünschte, worüber Marietje nicht wenig vergnügt war. Als Jan Steen zu Hause kam, zeigte sie ihm das Bild, und die ser rühmte es ungemein. Er fand es vollkommen ähnlich, bis auf eine Kleinigkeit, wie er sagte. Das könne er aber leicht nachholen, worauf er den Pinsel nahm und ihr mit lachendem Gesicht einen Korb mit Schafsköpfen unter den Arm malte. Nun werde es die ganze Nachbarschaft auf den ersten Blick erkennen. Uebrigens werden seine Kinder nicht übel zufrieden mit dieser Freierei ihres Vaters gewesen sein. Oft hing er ihnen einen ganzen Kessel voll Schafsköpfe und Lammspfoten über Feuer, und wenn sie gar gekocht waren, gab er sie ihnen zum Besten, und wenn sie dann jauchzten und schmausten, so sah er das Spiel mit fröhlichen Augen an und rief: Herr Gott, mit wie wenig ist doch die Natur zufrieden.

Jan Steen word ziek, legt’t leven af,
Zijn kunstbroers dragen hem naar het graf.

Jan Steen wurde geboren 1636 und starb 1689.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Holland in den Jahren 1831 und 1832 Zweiter Theil