Hexen in der Walpurgisnacht in der Lausitz

Autor: Ueberlieferung
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In der Walpurgisnacht, auch Walpernacht genannt, ging ein Wanderer bei Hermsdorf (in der Westlausitz) über einen Kreuzweg. Im hellen Mondschein sah er eine Hexe tanzen. Verwundert blieb er stehen und sah ihrem Spiel zu. Als ihn die Hexe gewahrte, schalt sie ihn: „Schau, daß du heimkommst, sonst kannst du was erleben!“ Da entfernte sich der Mann. Mittlerweile war es so finster geworden, daß er nicht mehr die Hand vor den Augen sah. Deshalb bemerkte er auch den Wagen nicht, der auf der Straße stand, sondern stieß sich die Deichsel so unglücklich in den Leib, daß er der Verletzung erlag.

Am Walperabend (letzte Aprilnacht) suchte man die Ställe gegen die Hexen zu schützen. Schon vorher befahl die Bäuerin der Magd: „Geh in den Wald und hole achterlei Holz, was nicht Baum heißt, das neunte aber muß ein Kreuzdorn sein. Von jedem bringe drei Zweige.“ Dann ging die Magd und holte Weide, Erle, Buche, Birke, Hasel, aber nicht Birnbaum, Kirschbaum oder ähnliches. Das Holz wurde zu einem Bündel geschnürt und auf den Küchenherd zum Dörren gelegt. Am Walpertag wurde vor Sonnenuntergang abtgefüttert und am nächsten Morgen das Vieh vor Sonnenaufgang besorgt. Alle Türen mußten fest verschlossen und mit schwarzer Kohle drei Kreuzchen innen an jede Türe gezeichnet sein. Unten an die Schwelle aber legte man eine Sichel, ein Beil und einen Holunderstengel übers Kreuz. Dann holte die Bäuerin eine Pfanne mit glühenden Kohlen, warf das Bündel achterlei Holz drauf und verräucherte es. War alles getan, so schickte die Bäuerin die Magd nach Sonnenuntergang weg, damit sie zu drei Grundstücken gehe und eine Schürze voll Gras hole. Das war das erste Futter, das die Kühe am nächsten Morgen bekamen. Wurde das alles genau befolgt, so war der Stall gesichert und die Kühe gaben das ganze Jahr über reichlich Milch.

Solche und ähnliche Geschichten über das Treiben der Hexen in der Walpurgisnacht gehen noch zahlreich im Volke um.