Das Palais Friedrich Wilhelm III. - Königswache. - Singacademie. - Zeughaus. - Bauschule. - Schlossbrücke. - Das Schloss.

Neben dem Opernhaus ist das Palais Friedrich Wilhelm III., eher einer bürgerlichen als einer königlichen Wohnung ähnlich, von dem (7. Juni 1840) verstorbenen König schon als Kronprinz, 100 Jahre früher von Friedrich II. ebenfalls als Kronprinz bewohnt, jetzt als Vermächtniss dem Sohn des Prinzen von Preussen, dem einstigen Thronerben gehörig. Die innere Ausschmückung ist sehr einfach. Einige Copieen bekannter Raphael’scher Bilder und Anderes von preuss. Künstlern bilden die ganze Ausstattung.

Die Königswache an der andern Seite der Strasse, mit den S. 7 genannten Standbildern, ist 1818 von Schinkel in Form eines römischen Castrums erbaut. Zwischen 11 u. 12 Uhr, wenn die Offiziere hier zur Parole versammelt sind, Militärmusik.


Hinter der Königswache liegt die Singacademie, deren Mitglieder nach ihrer Stifter Fasch († 1800), Zelter († 1832) und Rungenhagen († 1846) Einrichtung, sich Dienst von 5 bis 7 U. zu Uebungen versammeln. (Vergl. S. 3. Eintr. s. S. 5.)

Das Zeughaus (Elutr. S. 5), neben der Königswache, unter Friedrich I., dessen Brustbild über dem Hauptportal, von 1695 bis 1706 erbaut, gilt für eines der vortrefflichsten Gebäude. Es ist ein Viereck, jede Seite 280’ lang. Im Hof bilden die Schlosssteine der 21 Fenster Köpfe sterbender Krieger, die sogenannten Schlüterschen Masken, ausgezeichnet durch den Ausdruck des Todeskampfes. Die Räume ebener Erde sind mit Geschütz aller Art angefüllt, neuem und altem, unter diesem zwei schwedische lederne Kanonen aus dem 30jähr. Krieg, und einige türkische von den Russen 1828 zu Varna eroberte Geschütze. Im ersten Stock ist der grosse Gewehrsaal mit 100,000 Gewehren und einer Anzahl eroberter Fahnen und Siegeszeichen, meist franzosischer, alten und neuen Waffen jeder Art, wie sie in den europäischen Heeren gebräuchlich sind, den Schlüsseln eroberter Festungen, einer Fahne und den Schlüsseln von Adrianopel, von Kaiser Nicolaus 1829 hierher geschenkt. Das Modell einer angegriffenen Festung nebst den Belagerungsarbeiten, höchst sauber ausgeführt, war als Geschenk für den Sultan Mahmud bestimmt, blieb aber nach dem Tode desselben hier. Im mittlern Raum ist eine für Kunstverständige merkwürdige Sammlung artilleristischer und ingenieurwissenschaftlicher Modelle. An geschichtlichen Erinnerungen ist das Zeughaus arm. Die 18 Modelle französischer Festungen, welche 1814 aus Paris mitgebracht wurden, sind am Schlesischen Thor, neben der Pionier-Caserne, Cöpenicker-Str. 11, in einem Gebäude aufgestellt.

Die Bauschule, das 1835 von Schinkel aus rothen Backsteinen aufgeführte Gebäude, rechts von der Schlossbrücke, ein Viereck von 4 Stockwerken, hat im Erdgeschoss eine Reihe schöner Kaufläden. In einem der obern Stockwerke, Eingang neben der Gropius’schen Buchhandlung, ist Schinkel’s Museum (Eintr. S. 5), eine grosse Sammlung von Bauzeichnungen, getuschten und mit der Feder ausgeführten Landschaften, Entwürfen aller Art, darunter die Originalskizzen der beiden Fresken am Museum (S. 13), aus dem Nachlass dieses geistreichen Baumeisters († 1841).

Die Schlossbrücke, 1823 erbaut, so breit, dass 9 Wagen neben einander fahren können, zieren seit 1853 colossale Marmorgruppen: rechts 1. Nike (Victoria) lehrt einen Knaben Heldengeschichte (von E. Wolf), 2. Pallas (Minerva) unterrichtet einen Jüngling in den Waffen (von Schiefelbein), 3. Pallas reicht dem Kämpfer die Waffen (von Möller), 4. *Nike krönt den Sieger (von Drake); links 5. Nike richtet einen verwundeten Krieger auf (von Wichmann), 6. Pallas fordert zum Kampf auf (von G. Wolf), 7. Pallas schützt und unterstützt den fechtenden Jüngling (von Bläser). Die 8. Gruppe, Iris führt einen Gefallenen zum Olymp, von Wredow, ist noch nicht fertig.

Das königl. *Schloss (Eintr. S. 5) entstand zu verschiedenen Zeiten, seit Kurfürst Friedrich II. sich eine „feste Burg“ an der Spree gründete, und ward 1699 bis 1716 unter Friedrich I. und Friedrich Wilhelm II. vollendet. Es ist in seiner Erweiterung in verschiedenem Baustil ein leibhaftes Bild vom Wachsthum und der Entwickelung des preuss. Staats. Seine jetzige Gestalt, ein längliches Viereck mit zwei Höfen, gaben ihm theils Schlüter, theils Eosander von Goethe. Dieser namentlich führte 1712 nach dem Triumphbogen des Septimius Severus das westliche Portal auf. Die hohe Kuppel über demselben ist erst im Jahr 1849 aufgeführt Das Schloss (460’ l., 276’ br., 101’ hoch) enthält 500 bis 600 Zimmer. Den Eingang vom Lustgarten zieren zwei grosse Gruppen aus Erzguss, Pferdebändiger, von Baron Clodt in St. Petersburg gearbeitet, 1841 von Kaiser Nicolaus geschenkt.

Die beiden schönsten Räume liegen unter der Kuppel: die *Capelle mit Fresken aus der heil. Geschichte und zahlreichen Bildnissen in ganzer Figur auf Goldgrund, meist christliche und fromme Fürsten darstellend, zum Theil Vorfahren des preuss. Königshauses, von Carl d. Gr. an bis zu Friedrich Wilhelm III.; 10 Marmorsäulen aus Pompeji dienen als Candelaber. Der ganze Raum fasst 1.500 Menschen und ist 115’ hoch. Der weisse Saal, 1846 umgestaltet und vergrössert, enthält Marmorbilder der 12 brandenburgischen Kurfürsten, ferner oben in Blenden 8 Standbilder, die 8 Provinzen des preuss. Staats versinnbildlichend, darunter Karyatiden mit den Wappenschilden. Die Bildergallerie dient ebenfalls zu festlichen Versammlungen. Die besten Gemälde wurden ins Museum gebracht. Unter den zurückgebliebenen sind bemerkenswerth: Carl I. von England und seine Gemahlin Henriette Marie von v. Dyk; Vermählung der h. Catharina von Giulio Romano; die Tugend verlässt die Erde, Mars und Venus, von Rubens; Bonaparte’s Uebergang über den St. Bernhard von David. Im Rittersaal der königl. Thron, dann alte Trinkbecher und andere Geräthschaften aus Gold und Silber.

Im vierten Stock des Schlosses, nach dem Lustgarten zu (Aufgang im Portal Nr. 5), ist die Kunstkammer (Eintr. S. 5), aus drei Abtheilungen bestehend, für Kunst, Geschichte und Völkerkunde, die später im neuen Museum (S. 17) aufgestellt werden. Die Sammlung geschichtlicher Gegenstände enthält u. A. das Modell einer Windmühle, von Peter d. Gr. eigenhändig verfertigt, während er als Schiffszimmermann in Holland arbeitete; Schwert des grossen Kurfürsten, welches er in der Schlacht bei Fehrbellin führte; die lebensgrosse Figur Friedrich I. von grosser Aehnlichkeit; Husaren-Uniform und Kolpak des alten Ziethen; Todtenmaske Friedrich II.; eine Wachsfigur von ihm, in dieselbe Uniform gekleidet, die er an seinem Todestag (17. Äug. 1786) trug, seine Bücher, sein Krückstock und seine Lieblingsflöte, sein Schnupftuch; eine Sammlung von über 1.000 Abbildungen des grossen Königs u. A. Der Figur Friedrichs gegenüber sind in einem Glasschrank die Orden, Sterne und Decorationen, welche Napoleon I. von verschiedenen Fürsten Europa’s erhielt; darüber der bekannte dreieckige Hut des Kaisers, Alles am 18. Juni 1815 bei Genappe nach der Schlacht von Belle Alliance in Napoleons Wagen erbeutet; an der andern Seite alle Orden Blücher’s und Gneisenau’s; Todtenmaske der Königin Luise; Feldstuhl Gustav Adolp’s; Moreau’s Todtenmaske; ein phantastischer Anzug des ehemaligen Königs von Neapel, Murat, weiss mit Gold besetzt; Tabakspfeifen, wie sie in dem Tabaks-Collegio Friedrich Wilhelm I gebraucht wurden; Bernstein-Arbeiten.

Unter den Kunstwerken ein in Holz geschnitzter Kopf von Albrecht Dürer; ein elfenbeinernes Grucifix, angeblich von Michel Angelo; ein grosses Becken mit Elfenbein-Schnitzwerk; der Fall der Engel in Elfenbein; das Leben Christi, sehr klein in Holz geschnitzt; ein Schlachtstück von Albrecht Dürer. Eine grosse Anzahl kunstreicher Arbeiten in Elfenbein, Gold und Silber; Becher, Trinkgeschirre und Vasen mit Reliefs und kostbaren Steinen; der Trinkbecher Trenk’s, den er im Gefängniss radirte; zahlreiche Miniaturbildnisse, darunter Gustav Adolph und dessen Tochter Christina; ein grosses Relief der Schweiz.

In der Abtheilung für Völkerkunde bezeichnen Täfelchen die Herkunft der Gegenstände: gelb, Asien; blau, Afrika; grün, Nord-America; orange, Süd-America und Mexico; lila, Australien. Hervorzuheben sind: ein Feder-Mantel, welchen Tamehameha, der König der Sandwich-Inseln, Friedrich Wilhelm III. schenkte, wofür er eine Uniform vom 2. Garderegiment erhielt; Modell eines chinesischen Damenfusses; ein 3 Z. langes Futteral von Filigran-Silber, welches vornehme chinesische Damen tragen, um ihre Fingernägel zu schonen; gefärbte Papierstücke, deren man sich bei Tische als Servietten bedient; chinesische Anzüge, unter ihnen die Uniform eines Hauptmanns; ein Laco (Schlinge) aus Süd-Amerika; eine 1 ½ F. lange dicke Cigarre, wie die Frauen in Lima sie rauchen; der tätowirte Kopf eines Neuseeländers; Waffen, welche der Naturforscher Ehrenberg mit aus Africa brachte; ein australisches Halsband von menschlichen Zähnen; Runenstäbe und ein auf 12 Holztafeln eingeschnittener Runenkalender; mexicanische Trachten in einer Reihenfolge von Wachsfiguren; chinesische musicalische Instrumente; japanische Waffen; der Sattel des Pascha’s von Schumla, 1828 erdrosselt, weil er die Festung den Russen übergab; ein Modell der Freiberger Bergwerke.