Bönhase — Böhnhase

Bönhase. — Böhnhase

Dieses in verschiedenen Formen, als: Bönhase, Beenhase, Bühnhase, Pönhase, gebrauchte Wort bezeichnet in der Handwerkssprache, besonders bei den Schneidern, einen Menschen, der sein Handwerk, ohne das Meister- oder Bürgerrecht erworben zu haben, der also heimlich in Anderer Häusern arbeitet; auch versteht man darunter einen Störer und Pfuscher, das, was man z. B. bei unbefugter Ausübung von Rechtsgeschäften einen Winkeladvokaten nennt.


Über die sprachliche Ableitung des Wortes ist man nicht ganz im Klaren. Wahrscheinlich ist die Zusammensetzung aus Bön, Böhn, im Niedersächsischen, wo dieser Ausdruck am häufigsten gefunden wird, so viel wie Boden, oberster Teil des Hauses, und aus Hase, wonach ein Mensch gemeint wäre, der Ursache hat, sich furchtsam auf den Boden zu verstecken, um nämlich von den befugten Meistern nicht ertappt zu werden. Nach Frisch heißt es so viel als Bühnhase, weil dergleichen Leute furchtsamer Weise auf den Boden oder die Bühne laufen, um da im Verborgenen zu arbeiten, was mit dem Vorigen fast zusammentrifft. Frisch beruft sich aber für seine Ansicht auf eine preußische Landesordnung, wo es auch ausdrücklich Bühnhase geschrieben werde. Die Dänen sagen Bonhase, die Schweden Bönhas, Bönas, wodurch man auf das griechische artifex illiberalis, ein freier Handwerker, geleitet wurde, wie denn auch Peringskiöld in seinen Anmerkungen zu des Cochlaei „Vita Theodorici“ p. 358, es geradezu davon ableitet. Ihre bekämpft jedoch diese Ansicht und macht mit Recht darauf aufmerksam, dass dessen Bedeutung mit der des deutschen Wortes wenig oder gar nichts gemein zu haben scheine. Richey glaubte: Hase sei in diesem Worte so viel als: Hans, socius. Der Versuch des Bönhase durch die veränderte Schreibweise aus Pönhase zu erklären, ist nicht ganz unglücklich. Nach diesem wäre es also ein der Strafe wegen Verfolgter. Durch das Setzen des P an Stelle des B wird auch der Sprache eben kein großer Zwang angetan, weil ja beide Laute im Altdeutschen oft verwechselt werden. Zuletzt sprechen für die Wahrscheinlichkeit der ersten Deutung mehre Redensarten, in welchen beide Teile des zusammengesetzten Wortes in ihrer eigentlichen Bedeutung zu Ehren kommen; z. B.: „den Böhnhasen jagen“, heißt: den Pfuschern nachstellen (hier haben wir es wirklich mit einem Hasen zu tun); oder plattdeutsch: „Den Hasen to Bön jagen“, den Hasen zu Boden jagen, wo sich Bön mit der Bedeutung von Boden rechtfertigt. Auch wird das Zeitwort bönhasen als analog mit: In eines Anderen Amt oder Gewerbe eingreifen, gebraucht, und in Danzig nennt man unangesessene Nichtbürger Bönhasen.

Wir machen aber noch auf eine andere Wurzel aufmerksam, nämlich auf das deutsche Zeitwort boenen oder bühnen, das lateinische imbuere, in den Bedeutungen: zu etwas heranbilden, früh gewöhnen, in etwas einführen, unterweisen, einweihen, wodurch wir etwa auf: „Junger Hase, ein noch lernender, unerfahrener, überall noch unberechtigter Mensch, geführt werden. Sehr schlagend für eine Auffassung nach diesem Anhaltspunkte ist die Stelle in Ciceros „De officiis“: „Lex ad quam non docti, sed faci, non instituti, sed imbuti sumus.“


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Glimpf und Schimpf in Spruch und Wort Teil 2