Simandl — Simandlbruderschaft

Simandl. — Simandlbruderschaft

In diese Bruderschaft, so sagt der Volkswitz, sind alle jene eingeschrieben, welche, das Hauskreuz auf der Schulter, den Schmerzensweg der Ehe wandeln; also, im weiteren Sinne, jeder verheiratete Mann, da er seine Freiheit an ein Weib hingegeben. Im engeren Sinne wird aber nur der eigentliche, echte Pantoffelheld, so dem Weibe in Allem und Jeglichem förmlich untertan ist, ein Simandl genannt, und insofern liegt darin allerdings ein herber Spott für den Mann.


Nach Dokumenten aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts bestand ein eigener Simandl-Codex, in 17 Paragraphen den souveränen Wunsch der Frauen aussprechend, eingeleitet von einem für die Männer wenig schmeichelhaften Manifeste. Das schlimmste aber an der Geschichte ist, dass sie sich bis heute erhalten hat, und die Simandlbruderschaft sowohl in Form als Wesenheit noch immer konstituiert ist. Ihr eigentlicher Sitz, von dem aus Erlässe und Diplome in die Männerwelt geschleudert werden, ist die Stadt Krems, im Viertel Obermannhardsberg Niederösterreichs. Diese Behörde ist ermächtigt, jedem Verheirateten das sogenannte Simandl-Diplom mit den Statuten und einem gehörigen, klaren Unterrichte zu übersenden und mit diesem Akte ihn förmlich der Bruderschaft einzuverleiben. Dieser Unterricht ist zu interessant, und enthält des Wesentlichen zur Aufklärung so viel, dass wir jene 4 Paragraphen, das eigentliche Gesetzbuch des echten Simandls, nach einem Originale von 1794, hier wörtlich anführen:

1. „Ein Mitglied der Simandl-Bruderschaft darf ohne Wissen und Willen der Frau nicht ausgehen; da es aber auf freundliches Ersuchen erlaubt wird, über die bestimmte Zeit nicht ausbleiben; nicht mehr denn 3 Schilling Münz von jenem Gelde, so ihme die Frauen zusammengespart, mit sich nehmen; keine Wirts- oder Bierhäuser besuchen; bei rechter Nachhausekunft muß er den Frauen über obig gemeldete 3 Schilling Rechnung machen und ihr zur schuldigen Danksagung den Pantoffel küssen.“

2. „Da der Mann wider Verhoffen, über die gegebene Erlaubniszeit ausbleiben, das Geld etwann versoffen oder gar verspielt haben sollte, so soll er sich ja nicht gelüsten lassen, etwann im Hause herumzupoltern, oder ungebührlich aufzuführen, sondern bei der Haustür ganz demütig hineinkriechen, seine Frau auf den Knien um Verzeihung bitten und nach endlicher Vergebung von ihr ganz liebreich 3 Nasenstüber aushalten.“

3. „Die Frau niemalen erzürnen; alle Tage um eine Stunde ehender als sie aufstehen, das Frühstück machen, oder machen lassen; wann ihm sodann die Frau auch eines aus Gnaden zukommen läßt, sich gehorsamst bedanken; sie sodann einschnüren und ihr Strümpfe und Schuhe anlegen.“

4. „Der Frauen Kleider alltäglich butzen; wann sie ausgehen will, sie nicht fragen wohin; sollte aber die Frau eine angenehme Besuchung bekommen, mit der sie etwas Geheimes zu sprechen hätte, soll der Mann auf ihren Wink sich bei Seiten begeben und sich nicht ehender sehen lassen, bis die angenehme Gesellschaft Abschied genommen.“

Daß es bei derlei Ausfertigungen und Zustellungen, besonders in den älteren Dokumenten dieser Art, an manchen Zoten und Unflätigkeiten nicht gefehlt hat, versteht sich von selbst. Gleichwohl ist der Humor, der in der beharrlichen Anerkennung dieses verdächtigen Institutes liegt, nicht umzubringen.

Nun aber, woher denn der Name und seine Geschichte? Einige versuchten den Namen von der Redensart: „Sie Mann, Er Weib,“ herzuleiten. Anderen gilt als wahrscheinlich, dass die Gesellschaft, da ihre Versammlungen in der Regel am Simoni-Abende eröffnet wurden, eigentlich Simoni-Bruderschaft heiße. Von dem Verfasser eines Buches, das den Titel führt: „Geschichte und Statuten der weltberühmten Simandl-Bruderschaft“ u., zu Pantoffelhausen gedruckt, wird darüber eine Legende erzählt: „Es sollen nämlich einstmalen sieben Brüder gewesen sein, welche von sehr kleinem, winzigem Wuchse waren. Diese sieben Brüder waren verheiratet und standen ganz unter der Herrschaft ihrer Weiber und wurden von diesen auch sehr streng gehalten. Wenn ihnen dies nun zu viel ward, so kamen die sieben Märtyrer Abends an einem bestimmten Orte zusammen, wo sie sich ihre Qualen gegenseitig mitteilten und sich zur Geduld — dem besten Artikel in solcher Situation — ermahnten. Viele, welche in der gleichen Lage waren, konnten nicht begreifen, woher diese sieben Männer so viel Geduld nahmen, und ein so bewunderungswürdiges Beispiel übermenschlicher Sanftmut gaben. Man belauschte sie endlich in ihren Zusammenkünften und nun meldeten sich gar viele Kandidaten, welche freundlichst baten, dass die sieben sie in ihre Gesellschaft aufnehmen und ihnen das Geheimnis ihres Ausharrens und ihrer Stärke mittheilen möchten. Dies der Kern der Gesellschaft, die sich von den ursprünglichen sieben Mandeln die Sim- (sieben im Jargon) Mandl-Bruderschaft nannte.

Wir bemerken hier noch, dass, wie in Krems, auch in Götzendorf, einem in Niederösterreich an der Leitha, südlich von Bruck an der Leitha, gelegenen Orte, die Simandl-Bruderschaft, gleichsam durch eine Filiale, vertreten ist.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Glimpf und Schimpf in Spruch und Wort Teil 2