Geologischer Führer durch Pommern - III. Ausflüge auf Rügen
Aus: Sammlung geologischer Führer IV
Autor: Deecke, Wilhelm Dr. (1862-1934) Geologe, Prähistoriker, Professor an der Universität zu Greifswald, Erscheinungsjahr: 1899
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Insel Rügen, Tromper Wiek, Heimat, Ostsee, Heimatinsel, Strand, Meer, Fischer, Bauern, Landleben, Franzosenzeit, Sitten und Bräuche, Jugenderinnerungen, blaue Wogen, Brandung, Schiffsuntergang, Schweden, Exkursion
Inhaltsverzeichnis
- Exkursion Bergen — Sagard
- Exkursion Sassnitz — Stubbenkammer
- Stubbenkammer — Lohme — Sagard
- Binz — Göhren
- Hiddensee
Exkursion Bergen — Sagard.
Die Insel Rügen bietet, abgesehen von ihren landschaftlichen Reizen — den weißen Kreidefelsen, dem blauen Meer und dem prächtigen Hochwald der Höhen — dem Geologen, Geographen und Ethnologen viel des Interessanten. Im Allgemeinen beschränkt sich aber das Sehenswerte auf die im Westen vorgelagerte Insel Hiddensee, die Ostküste von Arkona bis Mönchgut und die Umgebung von Putbus.
Wer von Stralsund kommt, überschreitet auf der Dampffähre die Rinne des Strelasundes und landet bei Altefähre, wo zu beiden Seiten der Landungsbrücke oberer gelber, geschiebearmer Geschiebemergel ansteht. Dann läuft die Bahn mit mannigfachen Krümmungen über die aus demselben Gestein und steinfreien Decksanden bestehende, schwach wellige Ebene bis in die Nähe des Ortes Bergen.
Östlich des letzteren, ca. 2 km vom Bahnhofe entfernt, erhebt sich der Rugard, ein ziemlich isolierter Buckel von 91 m Höhe, auf welchem zum Andenken an den in Schoritz bei Garz 1769 geborenen Dichter E. M. Arndt ein Aussichtsturm erbaut ist. Von der Spitze dieses Turmes genießt man einen trefflichen Rundblick über den zentralen Teil der Insel und die benachbarten, im Osten liegenden Wasserflächen des Großen und Kleinen Jasmunder Boddens, von denen der fast ganz abgesperrte Kleine Bodden durch zwei bewaldete Inselkerne (Tiessow, die Prora) und durch die Insel Pulitz in mehrere Abschnitte zerfallt. Bemerkenswert sind die tiefen, von dieser Wasserfläche in das Land nach Süden und Westen eindringenden vertorften, in Wiesengelände verwandelten Rinnen, in deren einer der Ossen noch als Teich erhalten geblieben ist. Eine Erhöhung des Wasserspiegels um etwa 5 m würde tief eingreifende, schmale Buchten erzeugen, deren eine beinahe bis Bergen heranreichen könnte. Den Jasmunder Bodden schließt im Osten der langgestreckte bogenförmige Dünenwall der Schmalen Heide ab. Derselbe schwingt sich unter Anlehnung an die von Decksand gekrönten Geschiebemergelkerne der Dollahner Höhen, der Prora und der Halbinsel Tiessow von der Granitz im Süden nach dem kreidereichen Jasmund hinüber, dessen weiße Felsen im Nordosten des Rugard sichtbar sind. Ebenso erblickt man in nördlicher Richtung jenseits des großen Jasmunder Boddens, der Schabe genannten Düne und der Tromper Wiek das Plateau von Wittow mit dem Leuchtturm und den Kreideabstürzen von Arkona.
Von Bergen führt die Bahn in die Torfniederung des Ossen hinab und am Westfuße des sandigen Näselow nach der schmälsten Stelle zwischen den beiden Jasmunder Bodden und überschreitet diese bei Lietzow mittels einer Brücke, womit der Jasmund genannte, nur durch schmale Dünenstreifen mit der übrigen Insel zusammenhängende, annähernd viereckige Inselkern erreicht ist. Bei der Station Lietzow fällt die flache, an ihrem Ende eigentümlich gekrümmte Halbinsel (der spitze Ort) auf, dessen Entstehung den Strömungen und der Windanhäufung von Flugsand zu verdanken ist, und zu welcher die benachbarten Hügel das Material hergaben. Lietzow ist eine uralte Niederlassung und hat wiederholt reiche Ausbeute an Steinwerkzeugen geliefert. Die Bahnlinie erklimmt das Diluvialplateau in einer Krümmung und bietet rechts nach einigen Minuten einen Ausblick auf die torfige Rinne der Wosterwitzer Seen, die vom kleinen Jasmunder Bodden bis dicht an den Außen Strand der Prorer Wiek reicht und wahrscheinlich früher dort endigte. Vor der Station Sagard wird links, nahe der Chaussee ein Hünengrab sichtbar (Dobberwort) und bei Sagard tritt man in den Bereich der Kreideschollen, die sofort ein unruhigeres Gelände bedingen. Fünf Minuten östlich vom Bahnhofe ist ein Kreidebruch mit einer Schlämmerei eröffnet. Weiter gegen Sassnitz hin sieht man zunächst die Kleinbahn, welche aus den Hügeln bei Mönkendorf Kreide zur Verladung an den großen Jasmunder Bodden bringt; dann hinter der Station Lancken steigt links das Terrain steil mit bewaldeten Höhen an, und in diesen Terrassenrand ist der große Bruch des Herrn von Hansemann eingegraben, aus dem mittels einer Seilbahn der abgestochene Kreidemergel zum Hafen von Crampas hinabgeführt wird. In diesem Bruche, den man von der Station Crampas-Sassnitz rückwärts wandernd in 10 Minuten erreicht, sind schöne Schichtenstauchungen und Faltungen, kenntlich an den verbogenen Feuersteinbändern, zu sehen; ein Eintritt in den Bruch wird in der Regel nicht gestattet; man kann aber von außen schon die Art des Abbaus in Terrassen und die Natur der Kreide erkennen. Wer sich längere Zeit in Sassnitz aufhält, mag auch die etwas mehr landeinwärts gelegenen Kreideschlämmereien von Wittenfolde und Clementelvitz besuchen, zu denen über die Höhen am Bahnhofe oder von der Station Lancken aus mehrere Wege führen. In diesen Brüchen findet man fast immer Versteinerungen besonders Ananchytes vulgaris und Gryphaea vesicularis Individuen, die dicht mit Bryozoenkolonien bewachsen sind.
Crampas liegt auf einer schmalen Diluvialfläche, welche steil gegen die See abfällt und von den Crampasser Höhen und dem Fahrenberge überragt wird. Gegen Osten verschmälert sie sich und wird von einem Bache, der Krenz, mit einem Tale durchschnitten, an dessen Ausfluss und Seiten sich der bekannte Badeort Sassnitz im Laufe der letzten dreißig Jahre entwickelt hat. Gleich am Eingange von Sassnitz erblickt man die großen Schlämmereianlagen der Gebr. Küster. In einigen Bottichen wird der frisch gegrabene Kreidemergel in Wasser durch ein Rührwerk völlig zerschlagen, der feine Schlamm von dem herausfließenden Wasser mitgenommen und durch ein Rinnensystem einige hundert Meter weit fortgeführt. In Holzrinnen setzt sich der gröbere Sand ab, so dass in die Klärbassins nur das ganz feine Material gelangt und bei längerem Stehen (4 Wochen) sich allmählich zu Boden setzt. Nach Ablassen des Wassers, das nur sehr langsam völlig klar wird und sich meistens mit seiner milchigen Farbe sogar noch an der Mündung der Krenz im Meere deutlich bemerkbar macht, holt man den feuchten Schlamm heraus, trocknet ihn auf Darren erst in horizontaler, später in vertikaler Stellung und stampft schließlich das fertige Produkt in Fässer. Diese Schlämmkreide dient als Farbe, als Zusatz zu Pappen, zur Herstellung von Kitt und Ölfarben etc. und wird in recht bedeutender Menge jedes Jahr von Rügen teils zu Schiff, teils mit der Bahn verladen.
Die Kreidebrüche selbst liegen hinter der Schlämmerei am Abhange des bewaldeten Rückens und bieten im Allgemeinen wenig Bemerkenswertes. Eine zweite Fabrik steht östlich von Sassnitz an dem Wege nach Stubbenkammer, und in ihren verlassenen Gruben nördlich der Straße kann man aus älteren dorthin geworfenen Schlämmrückständen viele kleine Versteinerungen, besonders Seesterntafeln und napfförmige Lunulites-Kolonien auslesen.
Die Insel Rügen bietet, abgesehen von ihren landschaftlichen Reizen — den weißen Kreidefelsen, dem blauen Meer und dem prächtigen Hochwald der Höhen — dem Geologen, Geographen und Ethnologen viel des Interessanten. Im Allgemeinen beschränkt sich aber das Sehenswerte auf die im Westen vorgelagerte Insel Hiddensee, die Ostküste von Arkona bis Mönchgut und die Umgebung von Putbus.
Wer von Stralsund kommt, überschreitet auf der Dampffähre die Rinne des Strelasundes und landet bei Altefähre, wo zu beiden Seiten der Landungsbrücke oberer gelber, geschiebearmer Geschiebemergel ansteht. Dann läuft die Bahn mit mannigfachen Krümmungen über die aus demselben Gestein und steinfreien Decksanden bestehende, schwach wellige Ebene bis in die Nähe des Ortes Bergen.
Östlich des letzteren, ca. 2 km vom Bahnhofe entfernt, erhebt sich der Rugard, ein ziemlich isolierter Buckel von 91 m Höhe, auf welchem zum Andenken an den in Schoritz bei Garz 1769 geborenen Dichter E. M. Arndt ein Aussichtsturm erbaut ist. Von der Spitze dieses Turmes genießt man einen trefflichen Rundblick über den zentralen Teil der Insel und die benachbarten, im Osten liegenden Wasserflächen des Großen und Kleinen Jasmunder Boddens, von denen der fast ganz abgesperrte Kleine Bodden durch zwei bewaldete Inselkerne (Tiessow, die Prora) und durch die Insel Pulitz in mehrere Abschnitte zerfallt. Bemerkenswert sind die tiefen, von dieser Wasserfläche in das Land nach Süden und Westen eindringenden vertorften, in Wiesengelände verwandelten Rinnen, in deren einer der Ossen noch als Teich erhalten geblieben ist. Eine Erhöhung des Wasserspiegels um etwa 5 m würde tief eingreifende, schmale Buchten erzeugen, deren eine beinahe bis Bergen heranreichen könnte. Den Jasmunder Bodden schließt im Osten der langgestreckte bogenförmige Dünenwall der Schmalen Heide ab. Derselbe schwingt sich unter Anlehnung an die von Decksand gekrönten Geschiebemergelkerne der Dollahner Höhen, der Prora und der Halbinsel Tiessow von der Granitz im Süden nach dem kreidereichen Jasmund hinüber, dessen weiße Felsen im Nordosten des Rugard sichtbar sind. Ebenso erblickt man in nördlicher Richtung jenseits des großen Jasmunder Boddens, der Schabe genannten Düne und der Tromper Wiek das Plateau von Wittow mit dem Leuchtturm und den Kreideabstürzen von Arkona.
Von Bergen führt die Bahn in die Torfniederung des Ossen hinab und am Westfuße des sandigen Näselow nach der schmälsten Stelle zwischen den beiden Jasmunder Bodden und überschreitet diese bei Lietzow mittels einer Brücke, womit der Jasmund genannte, nur durch schmale Dünenstreifen mit der übrigen Insel zusammenhängende, annähernd viereckige Inselkern erreicht ist. Bei der Station Lietzow fällt die flache, an ihrem Ende eigentümlich gekrümmte Halbinsel (der spitze Ort) auf, dessen Entstehung den Strömungen und der Windanhäufung von Flugsand zu verdanken ist, und zu welcher die benachbarten Hügel das Material hergaben. Lietzow ist eine uralte Niederlassung und hat wiederholt reiche Ausbeute an Steinwerkzeugen geliefert. Die Bahnlinie erklimmt das Diluvialplateau in einer Krümmung und bietet rechts nach einigen Minuten einen Ausblick auf die torfige Rinne der Wosterwitzer Seen, die vom kleinen Jasmunder Bodden bis dicht an den Außen Strand der Prorer Wiek reicht und wahrscheinlich früher dort endigte. Vor der Station Sagard wird links, nahe der Chaussee ein Hünengrab sichtbar (Dobberwort) und bei Sagard tritt man in den Bereich der Kreideschollen, die sofort ein unruhigeres Gelände bedingen. Fünf Minuten östlich vom Bahnhofe ist ein Kreidebruch mit einer Schlämmerei eröffnet. Weiter gegen Sassnitz hin sieht man zunächst die Kleinbahn, welche aus den Hügeln bei Mönkendorf Kreide zur Verladung an den großen Jasmunder Bodden bringt; dann hinter der Station Lancken steigt links das Terrain steil mit bewaldeten Höhen an, und in diesen Terrassenrand ist der große Bruch des Herrn von Hansemann eingegraben, aus dem mittels einer Seilbahn der abgestochene Kreidemergel zum Hafen von Crampas hinabgeführt wird. In diesem Bruche, den man von der Station Crampas-Sassnitz rückwärts wandernd in 10 Minuten erreicht, sind schöne Schichtenstauchungen und Faltungen, kenntlich an den verbogenen Feuersteinbändern, zu sehen; ein Eintritt in den Bruch wird in der Regel nicht gestattet; man kann aber von außen schon die Art des Abbaus in Terrassen und die Natur der Kreide erkennen. Wer sich längere Zeit in Sassnitz aufhält, mag auch die etwas mehr landeinwärts gelegenen Kreideschlämmereien von Wittenfolde und Clementelvitz besuchen, zu denen über die Höhen am Bahnhofe oder von der Station Lancken aus mehrere Wege führen. In diesen Brüchen findet man fast immer Versteinerungen besonders Ananchytes vulgaris und Gryphaea vesicularis Individuen, die dicht mit Bryozoenkolonien bewachsen sind.
Crampas liegt auf einer schmalen Diluvialfläche, welche steil gegen die See abfällt und von den Crampasser Höhen und dem Fahrenberge überragt wird. Gegen Osten verschmälert sie sich und wird von einem Bache, der Krenz, mit einem Tale durchschnitten, an dessen Ausfluss und Seiten sich der bekannte Badeort Sassnitz im Laufe der letzten dreißig Jahre entwickelt hat. Gleich am Eingange von Sassnitz erblickt man die großen Schlämmereianlagen der Gebr. Küster. In einigen Bottichen wird der frisch gegrabene Kreidemergel in Wasser durch ein Rührwerk völlig zerschlagen, der feine Schlamm von dem herausfließenden Wasser mitgenommen und durch ein Rinnensystem einige hundert Meter weit fortgeführt. In Holzrinnen setzt sich der gröbere Sand ab, so dass in die Klärbassins nur das ganz feine Material gelangt und bei längerem Stehen (4 Wochen) sich allmählich zu Boden setzt. Nach Ablassen des Wassers, das nur sehr langsam völlig klar wird und sich meistens mit seiner milchigen Farbe sogar noch an der Mündung der Krenz im Meere deutlich bemerkbar macht, holt man den feuchten Schlamm heraus, trocknet ihn auf Darren erst in horizontaler, später in vertikaler Stellung und stampft schließlich das fertige Produkt in Fässer. Diese Schlämmkreide dient als Farbe, als Zusatz zu Pappen, zur Herstellung von Kitt und Ölfarben etc. und wird in recht bedeutender Menge jedes Jahr von Rügen teils zu Schiff, teils mit der Bahn verladen.
Die Kreidebrüche selbst liegen hinter der Schlämmerei am Abhange des bewaldeten Rückens und bieten im Allgemeinen wenig Bemerkenswertes. Eine zweite Fabrik steht östlich von Sassnitz an dem Wege nach Stubbenkammer, und in ihren verlassenen Gruben nördlich der Straße kann man aus älteren dorthin geworfenen Schlämmrückständen viele kleine Versteinerungen, besonders Seesterntafeln und napfförmige Lunulites-Kolonien auslesen.
Bergen, ältestes Fachwerkhaus von 1538 am Markt, Marienkirche
Bergen, Ansicht 1611-1615 aus der Stralsundischen Bilderhanschrift
Bergen, Arndt-Turm bei
Bergen, Jagdschloss Granitz bei
Bergen, Luftbild
Bergen, Marienkirche
Bergen, Marktplatz (2)
Bergen, Marktplatz
Bergen, Panorama von Westen
Bergen, Schloss Ralswiek bei
Bergen, Stift der adligen Damen
Bergen, Wappen
Bergen, www.stadt-bergen-auf-ruegen.de (1)
Bergen, www.stadt-bergen-auf-ruegen.de