Die Zettelbanken

Wenn wir diese Grundsätze für den Wechselverkehr festhalten, so können wir uns auch über die Wirksamkeit der Zettelbanken eine klare Anschauung schaffen. Die Zettelbanken haben die Aufgabe, die Kosten der Wechselzahluugen dadurch den Beteiligten zu ermäßigen, dass sie statt der Wechsel Banknoten in Zirkulation setzen, welche als Baarzahlung für jeden gelten sollen, welcher sie einnimmt und ausgibt, wobei die Bank selbst für die Bezahlung haftet. Die in Wechsel umlaufende Kapitalsumme wird durch die Verwandlung in Banknoten für den Umsatz bequemer. Dagegen fällt bei dem Empfang einer Banknote der Rückgriff an den Schuldner weg, wenn die Banknote wie Geld ohne Vorbehalt angenommen wird. Ob die Sicherheit für den Empfänger dadurch gewinnt, ist lediglich dadurch bedingt, ob die Aussteller des Wechsels und die Indossaten zahlungsfähiger sind, als die Bank selbst, was von sehr verschiedenen Umständen abhängt. Wenn auch die Bank nur Wechsel annimmt, welche durch ihre Unterschriften ihr volle Sicherheit zu bieten scheinen, so ist die Wirkung immer dieselbe, dass durch die für den Betrag des Wechsels ausgestellte Banknote ebenso vieles bares Geld entbehrlich gemacht wird. Das für den innern Verkehr entbehrliche Metallgeld wird aber ausgeführt, weil niemand mehr unverzinsliche Kapitalien hinlegt als er nothwendig haben muss, bestehen sie in Metall. oder in Banknoten. Es ist vielmehr in der geringer n Sicherheit der Banknoten begründet, dass diese nicht zum Ansammeln auffordern, während die Liebhaberei für Metallschätze von den alten guten Zeiten her sich fortvererbt hat.

Diese Vorliebe der Besitzenden für Metallgeld gegenüber von Banknoten hat aber einen sehr gewichtigen Grund. Wir haben oben gesehen, dass der Wechselverkehr für die Gewerbtreibenden, welche gegenseitig Waren verkaufen, die Vorteile des Tauschverkehrs ohne bares Geldkapital gewähren kann. Wenn nun statt der Wechsel Banknoten zwischen den Beteiligten zirkulieren, so verliert der Kapitalist, welcher bare Bezahlung anzusprechen hat, den Diskont, welchen er gegen Wechsel anzusprechen hätte, und die Zettelbank gewinnt diesen Diskont, der Empfänger einer solchen Banknote wird gegen seinen Willen znm Wechselgläubiger, und wenn er sie als Zahlung abgibt, zum Wechselschuldner ohne einen Vortheil von dem Verzicht auf den Diskont zu haben, als die Entbindung von der persönlichen Haftverbindlichkeit. Den Zins oder Diskont nehmen die Aktionäre einer Zettelbank für sich in Anspruch, indem sie statt der Wechselbriefe Banknoten in Zirkulation setzen. Gute Wechsel bedürfen dieses Privilegiums nicht, wie die Erfahrung zeigt, die Schwierigkeit ist aber zu entscheiden, ob ein Wechsel gut ist, und hierzu wird erfordert, dass vollständige Deckung in Waren vorhanden ist. — Wir haben gesehen, dass bei geregeltem Gang des Wechselverkehrs ein Wechselbrief für den vierfachen Betrag des Warenumsatzes hinreicht, und dass auch noch Deckung vorhanden ist, wenn vier Wechselbriefe statt eines für denselben Betrag von den vier Beteiligten ausgestellt werden, was sich ebenso verhält, wenn ein Wechselbrief noch durch mehr Indossate gezeichnet ist. Diese noch zulässige äußerste Ausdehnung des in Wechseln umlaufenden Kapitals wirkt zunächst auf Erhöhung des Diskonts, die Deckung ist aber nicht mehr vorhanden, wenn ein Preisabschlag der Waren und Sicherheitspapiere eintritt, und die GeldKrise ist unvermeidlich, wenn nicht der Ausfall in den Preisen durch andere Kapitalien gedeckt werden kann. Die große Elastizität des Wechselverkehrs ist zugleich die gefährlichste Klippe für die Handelswelt, und manche Schriftsteller sind nicht angestanden, aus der Erfahrung den Grundsatz abzuleiten, dass auf eine Periode des Aufschwungs eine GeldKrise folgen müsse, welche allein den Handel wieder in den geordneten Gang zu leiten vermöge. Ein solcher Grundsatz ist allerdings die bequemste Lösung der wirtschaftlichen Aufgabe, zugleich aber ein Armutszeugnis für die Wissenschaft, welches wir zurückweisen müssen.


Der Wechselverkehr hat sich in denjenigen Staaten, welche einen lebhaften Handel treiben, sehr vermehrt, und das in Wechseln umlaufende Kapital wird z. B. in England auf 100 bis 200 Millionen Pfund geschätzt, während das in Metall und Banknoten umlaufende Kapital nur auf 60 bis 80 Millionen Pfd. Sterlg. angenommen wird. In Deutschland möchte das Verhältniss der umlaufenden Wechsel zum Geldvorrat ein ganz anderes sein, worüber jedoch zuverlässige Notizen noch viel schwerer als in England und Frankreich zu sammeln sind. Jedenfalls dürfte in Süddeutschland das in Wechseln umlaufende Kapital in Vergleichung mit den Metallvorräten viel kleiner sein als in Norddeutschland, und bis auf die letzte Zeit war das Diskontieren von Wechseln sehr wenig gebräuchlich, wie bei den Verhandlungen über eine in Stuttgart zu errichtende Bank von erfahrenen Bankiers nachgewiesen wurde. Es ist in der Natur der Sache begründet, dass bei lebhaftem Handel der Wechselverkehr sich vermehrt und das in Wechsel umlaufende Kapital sich vergrößert, es ist aber ebenso durch die Erfahrung bestätigt, dass bei einer Abnahme der Geschäfte auch das in Wechseln umlaufende Kapital sich vermindert, wenn auch vor dem Hereinbrechen einer Krise der Kredit auf das Höchste gespannt wird und die in Wechseln umlaufende Summe sich häufig noch vergrößert, was mit der obigen Erklärung übereinstimmt. Die Anhänger der Zettelbanken gehen nun von der Ansicht aus, dass bei stockendem Verkehr sich die Zirkulationsmittel von selbst mit dem Bedarf ins Gleichgewicht setzen, während die Anhänger der Metallzirkulation von der Ansicht ausgehen, dass der Vorrat an unverzinslichen Kapitalien, in Metallen und Banknoten bestehend sich bei gehöriger Organisation des Geldverkehrs zwischen sehr engen Gränzen bewege und die überwiegend größere Menge von Geldgeschäften durch Übertragung von verzinslichen Kapitalien abgemacht werden. Wenn darüber kein Zweifel besteht, dass durch die Banknoten, welche durch Wechselbriefe zu 2/3 und durch 1/3 Metall gedeckt sind, die umlaufenden Kapitalien in einem Lande über den früheren Stand vermehrt worden und dass das entbehrlich gemachte Metall zur Ausfuhr gebracht wird, so wird daraus auch der Schluss zu ziehen sein, dass bei der Verminderung der zirkulierenden Banknoten die unverzinslichen Kapitalien mehr als zulässig ist vermindert worden, und dass daher Metalle eingeführt werden müssen, wenn die Zirkulation nicht gestört werden soll. Die Nachfrage nach Metall wird noch dadurch vermehrt, dass bei einem solchen Rückgang der Geschäfte der Misskredit auch auf die gut fundierten Geschäfte sich verbreitet. Diese bei stockendem Verkehr notwendige Zufuhr von Metallen ist viel schwieriger und mit größeren Opfern zu bewerkstelligen, als wenn bei dem Aufschwung des Verkehrs eine Vermehrung des unverzinslichen Kapitals oder der Metallvorräte notwendig wird, und eine Mäßigung der schwindelhaften Spekulation wirkt für den geordneten Geschäftsgang viel weniger störend, als eine durch übermäßige Spekulation hervorgerufene Geschäftsstockung.

Wie der Handel mit Promessen den größten Schwindeleien Nahrung gibt, welche ihre Rückwirkung auf den Verkehr zeigen, wenn die Einzahlungen der nicht wirklich vorhandenen Kapitalien verlangt werden, so ist dieselbe Wirkung mit den Zahlungsversprechungen, welche in Wechselbriefen gegeben sind und derjenige Wechselschuldner wird zahlungsunfähig, welcher mit geborgtem oder fingierten Kapital schlechte Geschäfte gemacht hat. Eine Bank, welche auf solche Zahlungsversprechungen Banknoten ausgibt, kommt daher ebenso gut in den Fall mit nicht vorhandenen Kapitalien zu operieren, wie eine Bank, welche mit Promessen handelt.

Beiden Mängeln einer gesunden Geldzirkulation wird durch eine Bankorganisation begegnet, welche nur auf wirklich vorhandene und eingezahlte Kapitalien ihre Banknoten ausstellt und dadurch die Schuldnerin der Einzahlenden wird, während eine Zettelbank, welche auf Zahlungsversprechungen wie sie in Wechselbriefen gegeben werden, ihre Banknoten ausstellt die Gläubigerin des Wechselschuldners wird. Die Bank wird noch dadurch in eine bevorzugte Stellung gesetzt, dass sie eine unverzinsliche Schuld von dem Metallvorrat, welchen die Nation in den Münzen angesammelt hat, entlehnt. Die Bank verspricht zwar diese Schuld in Metall jeder Zeit auf Verlangen auf Sicht heimzubezahlen, es wird aber diese Zusage unmöglich, wenn der entbehrliche Metallvorrat zu Zahlungen in das Ausland verwendet worden ist und die Baarzahlungen erst aus dem Ausland beigebracht werden müssen. In Zeiten des durch volle Geschäftstätigkeit belebten Kredits erscheint die Bank als Bedürfnis und Handelspapiere finden willige Annahme, in Zeiten des Misskredits aber hat eine Bank die Probe zu bestehen und dazu wird erfordert, dass sie auf wirklich eingezahlte Kapitalien und nicht auf Promessen und Zahlungsversprechungen ihre Banknoten gründet.

Es ist nicht zu verkennen, dass als vollständige Deckung für Banknoten zunächst die edlen Metalle sich eignen, weil diese den größten Markt im Weltverkehr haben und der Zinsenverlust für dieses Kapital sollte gegenüber von den Vorteilen, welche diese Sicherheit bietet, nicht in Betracht kommen. Es liegt auch ein scheinbarer Widerspruch darin, dass die englische Nation bei einer Schuldenlast von 700 Millionen Pfd. Sterl. auf die Zinse der zu vollständiger Metalldeckung erforderlichen 14 Millionen Pfd. Sterh spekuliert, wenn dadurch das Mittel gegeben wäre der Nachfrage nach Kapital und Geld jeder Zeit zu entsprechen, wie durch eine Verwechslung der Begriffe von Geld und Kapital von vielen angesehen wird. Bei der gegenwärtigen Ausbildung des Verkehrs sind aber nicht Barvorräte, sondern Kapitalien erforderlich und bei den raschen Umsätzen ist nur ein sehr kleiner Teil in Geld zu bezahlen. Die Aufgabe der Börse ist, die Kapitalien anzuschaffen und dazu den Weltmarkt zu benützen. Die baren Mittel dienen hauptsächlich für die Detailzahlungen im Inlande. Die Barsendungen in das Ausland, welche in den Handelsberichten mit großer Ausführlichkeit gegeben werden, verschwinden gegen die in Wertpapieren sich bewegenden Summen. Der ganze Fonds der englischen Bank von 14 Millionen Pfd. wäre in wenigen Wochen erschöpft, wenn der Wechselkurs die Barsendungen vorteilhaft macht und nicht Gegenanschaffungen gemacht werden.

Wenn es sich von einer Deckung der Banknoten durch andre Werte als Metalle handelt, so müssen diese Werte auf dem Weltmarkt verkäuflich sein und nicht nur im innern Verkehr anerkannt werden. Wechselbriefe zwischen Inländern, welche in jedem Lande die Hauptsumme des Wechselverkehrs bilden, können zu einer Ausgleichung der Geldbilanz keinenfalls dienen, aber auch die Wechselbriefe, welche zwischen 2 Schuldnern und 2 Gläubigern verschiedener Marktgebiete die Ausgleichung bewerkstelligen, können die Geldbilanz nicht herstellen, es können vielmehr nur Anweisungen oder solche Wechsel zur Ausgleichung der Geldbilanz dienen, welche von einem Kapitalisten ausgestellt sind, der über ein Aktivkapital im Ausland verfügt, oder eine Passivschuld gegen das Ausland übernimmt.

Nur die größten Häuser sind in der Lage über so große Summen im Auslande verfügen oder so großen Kredit ansprechen zu können, dass die Geldbilanz dadurch wesentlich verändert wird, sie werden vielmehr in Staatspapieren oder in Industriepapieren Deckung für den bei ihren Freunden offenen Kredit anschaffen müssen und in letzter Instanz entscheiden daher auch bei dem Geldverkehr zwischen Privatbankiers und Kreditanstalten nicht die Wechselbriefe, sondern die verzinslichen Wertpapiere, mit welchen wirkliche Kapitalien und nicht bloß Zahlungsversprechungen übertragen werden.

Es liegt in der Natur der Sache, dass die Wechselbriefe auch der besten Häuser nur einen beschränkten Markt haben, während die Staatspapiere den größten Markt bereits inne haben und einen noch größeren sich schaffen können, wenn durch eine zweckmäßige Organisation der Börsen dafür gesorgt wird.

Es ist nicht zu bestreiten, dass eine gut organisierte Zettelbank durch Erhöhung des Diskonts und durch Beschränkung der Diskontierung auf Wechsel mit kürzerer Verfallzeit die Handelswelt veranlassen kann, wohlfeilere Gelder als bei der Bank zu suchen, und dies geschieht, indem die größeren Geldmänner ihren Kredit im Ausland benutzen und Geld herbeischaffen. Es ist aber die Wirkung entschiedener und mit weniger Störung für den Verkehr verbunden, wenn durch Verkauf von Sicherheitspapieren auf auswärtigen Börsen die erforderlichen Kapitalien beigeschafft werden, wozu Vorräte von Wertpapieren erfordert werden, welche ein Privatmann oder eine Kreditanstalt nicht leicht hinlegen wird, wenn in andern Geschäften höhere Zinse verdient werden können. Eine Bank, deren ausschließliches Geschäft die Notenemission ist, wird sich mit diesem Nutzen begnügen und kann es auch, wenn sie dabei jeder Gefahr überhoben ist.

Man hat der englischen Bankorganisation von 1844 den Vorwurf gemacht, dass die häufigen Veränderungen des Diskonts störend auf den Handelsverkehr wirken und umgekehrt ist der Wiener Nationalbank der Vorwurf gemacht worden, dass sie durch Festhalten an den Diskont von 5 % die Herstellung der Valuta verhindere.

So wenig die Wiener Börsenzustände den übrigen Börsen hinsichtlich der Schwankungen der Valuta als Muster empfohlen werden können, so belehrend sind sie für die Erforschung der zur Heilung kranker Börsenzustände anzuwendenden Hilfsmittel. — Der Diskont wird erhöht, wenn Mangel an Kapitalien sich an einer Börse zeigt und bei hohem Diskont finden die Besitzenden ihren Vorteil, den Kapitalbedürftigen gegen hohe Prämien Kapitalien anzuschaffen, wozu die auswärtigen Geschäftsfreunde benutzt werden, wesshalb der hohe Diskont der einen Börse sich den übrigen Börsen aufnötigt, wenn das in Wechselbriefen auf dem europäischen Markt umlaufende Kapital zur Kapitalanschaffung benutzt wird. Diese Diskontierungen gleichen sich aber innerhalb der Verfallzeit aus und wenn nicht neue Wechsel an die Stelle der verfallenen treten, so wird das in Wechselforderungen umlaufende Kapital um ebenso viel vermindert. Die Handelswelt empfindet diese Entziehung des Kapitals um so schmerzlicher, wenn Stockungen des Verkehrs mit einer solchen Krise zusammen treffen und nur eine kurzsichtige Handelspolitik wird darin Beruhignng finden, dass der Schaden nur den Handel treffe, da Handel und Gewerbe unzertrennlich sind und die Zinsen des Kapitalisten durch Arbeit der Handel- und Gewerbetreibenden Staatsbürger verdient werden müssen. Weniger störend werden Handel und Gewerbe betroffen, wenn Kapitalien durch Staatspapiere oder andere verzinsliche Wertpapiere herbeigeschafft werden, was mit Anleihen im Auslande in der Wirkung gleich ist. Dieses Hilfsmittel macht der Wiener Börse den geringen Stand des Diskonts möglich, indem verzinsliche Wertpapiere aller Art in das Ausland abgesetzt werden, wenn die Geldbilanz durch Waren nicht ausgeglichen werden kann. Dieser Vorteil wäre allerdings teuer erkauft, wenn eine schwankende Valuta mit diesen Börsenoperationen notwendig verbunden sein müsste, es ist aber durch die Erfahrungen der letzten Jahre hinreichend erwiesen und durch eine richtige Auffassung des Kapitalienumsatzes auch vollkommen erklärt, dass diese Schwankungen der Valuta in Wien in längern Zeiträumen nicht größer sind, als auf den übrigen Börsen die Schwankungen des Wechselkurses. Die Goldvorräte der Londoner Bank, die Silbervorräte der Hamburger Girobank, die Gold- und Silbervorräte der Pariser Bank können den Schwankungen des Diskonts nicht begegnen, weil die Nachfrage nach Kapitalien die in Metall vorhandenen Vorräte vielfach übersteigt, der Kapitalienmarkt wird daher auch nicht wesentlich verbessert, wenn sich ein Land auch dieser Barvorräte ganz entäußert und auf eine Papiervaluta übergeht, wie diess in Österreich geschehen ist, und neuerdings durch Empfehlung des Zwangskurses der Banknoten für Frankreich und durch Einführung von Papiergeld für Hamburg vorgeschlagen wurde. Umgekehrt sind aber die in edlen Metallen zuzuführenden Kapitalien, abgesehen von dem Aufwand und den Kosten, nicht hinreichend, dem bei einer GeldKrise durch Beschränkung der Kreditoperationen nötig werdenden Bedarf zu entsprechen. Die durch Mangel an Kapitalien veranlassten Notstände lassen sich nur durch verzinsliche Kapitalien beseitigen und wie der Handel mit Papieren diese Notstände hervorruft, so liegt auch nur in der Ausgleichung mit soliden Wertpapieren das Hilfsmittel gegen diese Übel. Dieses hat sich neuerdings in Nordamerika gezeigt, wo trotz der gegen früher bedeutend erhöhten Metallvorräte die GeldKrise durch Überfluss an Papieren an den Börsen oder Mangel an Kapitalien so heftig ausgebrochen ist, als zu einer Zeit, wo nur Papiervaluta existierte. England hat die amerikanische Krise um so empfindlicher getroffen, weil die Veranlassung von England durch den ostindischen Krieg zum Teil ausgegangen ist. Der ostindische Krieg hat nicht nur den gewinnreichen Handel mit asiatischen Produkten betroffen, sondern es sind auch notwendig Massen von Kapitalien verloren gegangen und der Krieg erfordert weitere Kapitalien, welche die Ersparnisse der englischen Nation in Anspruch nehmen. Amerika hat bisher mit den von England und dem übrigen Europa ersparten Kapitalien einen großen Teil seiner industriellen Unternehmungen ins Leben gerufen und die nach Europa zu bezahlenden Zinsen werden zu 60 Millionen Dollars angeschlagen. Die Zinsen mögen großenteils verdient, zum Teil aber auch durch neue Anleihen gedeckt worden sein. Den Zuflüsse von englischem Kapital haben nicht nur in der letzten Zeit aufgehört, sondern die Engländer suchten auch die in Amerika angelegten Kapitalien zurückzuziehen, was bei den unaufkündbaren Staatsanleihen und Aktienunternehmungen durch Verkauf der Papiere in gedrückten Kursen geschehen musste. Die Amerikaner können aber auch beim besten Willen diese Kapitalien im Betrag von 1.000 bis 1.200 Millionen Dollars nicht zurückzahlen und finden es mehr in ihrem Interesse die Zahlungen einzustellen, wenn sie auch die Zinse mit Waren zu bezahlen künftig im Stande sein werden, wenigstens so weit die Kapitalien gut angelegt sind, was bei der Mehrzahl wohl angenommen werden dürfte. England wird daher seine Kapitalien stehen lassen und sich mit den Zinsen begnügen müssen und die gut fundierten Kapitalien werden den der Rente entsprechenden Wert wieder erreichen, was im Interesse beider Teile in möglichst kurzer Zeit geordnet werden wird und zwar durch Wertpapiere und nicht mit Metall. Die Erfahrung zeigt hinreichend, dass diese Hilfsmittel auch immer in Anwendung gebracht werden, denn sonst könnten die Hilferufe nach Geld, welche bei einer Krise den Untergang des ganzen Nationalvermögens der erschreckten Welt in nahe Aussicht stellen, nicht nach so kurzer Zeit verhallen. Es ist auch hinreichend bekannt, dass die Bank von London die für Fruchteinfuhr erforderlichen Mittel in den Jahren 1840 durch Verkauf von Sicherheitspapieren oder durch Anleihen in Paris sich verschafft hat und dass die Pariser Bank ebenso 1842 an Petersburg statt der Barzahlungen für Früchte Sicherheitspapiere verkauft hat. Dergleichen Anschaffungen kommen bei jedem Börsentag vor, wenn sie auch nicht so vor die Öffentlichkeit treten, wie die eben erwähnten Fälle.

Einen überzeugenden Beleg über den im Geldverkehr zwischen Kapital und Geld vorhandenen Unterschied gibt die in Hamburg ausgebrochene Krise. Das Hamburger auf Silberbarren gegründete Geldsystem ist als ein Muster der Solidität überall seit Menschenalter anerkannt, die Geldkrise kann nicht entfernt diesem auf Silberwährung gegründeten Münzsystem zugeschrieben werden, dagegen wurde das in Wechselbriefen umlaufende Kapital in einem Verhältnis gesteigert, welches nicht dem Warenumsatz entsprach und auch in dem Warenvorrat nicht die gehörige Deckung findet. Es ist aber von keiner Seite wohl bezweifelt, dass das Kapitalvermögen der Hamburger Bürger diesen Ausfall in dem in Wechselbriefen umlaufenden Kapital in vielfachem Betrag zu decken vermag. Die Aufgabe ist die für die großartigen Warenvorräte erforderlichen Kapitalien auf die kürzeste und wohlfeilste Weise anzuschaffen, wobei die Frage entsteht, ob diess Aufgabe für den Staat sein soll, oder den Privaten überlassen werden kann. In England wie in Hamburg konnte der Staat dem Andrang der Handelswelt nicht widerstehen und Vorschüsse wurden denjenigen Kaufleuten bewilligt, welche vollständige Deckung in Waren und Wertpapieren leisten konnten. In England wurde ein unverzinsliches Anleihen von dem Kapital der gesetzlichen Zahlungsmittel bewilligt, die über den Bedarf ausgegebenen Banknoten wurden aber nach wenigen Wochen wieder von der Bank eingezogen zum überzeugenden Beweis, dass es im Verkehr nicht an Geld, sondern an Kapitalien gefehlt hat. Zu Hereinbringung der Kapitalien wurde der Diskont von 10 % für Handelspapiere beibehalten und es sind in kurzer Zeit so viele Kapitalien dem Markt zugeströmt, dass der Zinsfuß für die durch Waren zu deckenden Kapitalien auf den gewöhnlichen Zinsfuss oder Diskont in kurzer Zeit herabgekommen ist und bereits die Besorgnis ausgesprochen wird, der niedere Diskont werde eine übermäßige Spekulation wieder hervorrufen.

In Hamburg hat der Staat ein verzinsliches Anleihen aufgenommen, um den Handelsstand durch Vorschüsse auf die durch reelle Werte gedeckten Wechselbriefe zu unterstützen.

Es unterliegt keinem Zweifel, dass bei dem in Wechselbriefen der Hamburger Handelswelt umlaufenden Kapital das seit Menschenaltern begründete Vertrauen zu einer großartigen Wechselreiterei vielseitig missbraucht wurde, und dass es teils an Deckung für Waren überhaupt fehlte, teils die Preise zu hoch gesteigert waren. Wo die reelle Grundlage überhaupt fehlte wird das in Wechseln bisher nur fiktiv vorhandene Kapital um ebenso viel sich vermindern und das zum Teil seit Jahren vorhandene Defizit wird nur nichtig gestellt. Bei denjenigen Waren, welche einen Preisabschlag erfahren haben, ist ein vermindertes Kapital hinreichend, um die für Wechselbriefe erforderliche Deckung zu schaffen, es ist aber bei einem Handelsverkehr, wie ihn Hamburg bietet, unmöglich die Zahlungen durch Silber zu leisten, sondern es sind Handelspapiere unentbehrlich, welche jedoch keinenfalls die im Besitze der Hamburger Bürger befindlichen Waren- und Wertpapiere überschreiten dürfen, in diesen aber hinreichende Deckung finden. Durch das von der östreichischen Nationalbank in Silber bewilligte Anleihen von 10 Millionen Mark Banko und durch den zu 40 Millionen Mark geschätzten Vorrat der Bank ist für Geld hinreichend gesorgt, es ist aber die Aufgabe, das für den Handel erforderliche Betriebskapital in Wechselbriefen in Bewegung zu setzen, wozu auswärtige Kapitalien in größerem Betrag nötig werden dürften. In Hamburg und in London sind gewichtige Stimmen vernommen worden, welche den Grundsatz aufstellen, dass der Handelsstand, welcher sich in Spekulationen eingelassen habe, welche sein Kapitalvermögen überschreiten, für die Beischaffung der Kapitalien, wenn auch mit Opfern und durch Notverkäufe von Waren und Wertpapieren zu sorgen habe, und dass die Wiederkehr von dergleichen Geldkrisen hauptsächlich dadurch vermieden werden könne, dass die des Missbrauchs schuldigen Handelsleute in einem solchen wenn nicht betrügerischen doch unvorsichtigen Verfahren durch Staatshilfe nicht bestärkt werden. In England haben sich sogar Stimmen erhoben, welche gegen die bei den Banken ausgesprochene unbedingte Haftbarkeit der Mitglieder desshalb sich aussprechen, weil im Vertrauen auf diese zum Teil imaginäre Sicherheit diese Gesellschaften mehr Kredit genießen als sie wirklich verdienen und die Zirkulation von Handelspapieren dadurch über das zulässige Maß gesteigert werde.

Das zulässige Maß von Handelspapieren ist durch das in den Warenvorräten vorhandene Kapital zwar bestimmt, diese Begränzung ist aber sehr elastisch. Ein untrügliches Zeugnis für die Überspannung des Kredits ist darin zu finden, wenn der Diskont von Handelspapieren mit dem Zinsfuß der übrigen Kapitalien im Missverhältniss steht, wie diess bei einem Diskont von 10 % bei den sichersten Handelspapieren gegenüber von dem Zinsfuss von 3 bis 4 % bei Sicherheitspapieren augenscheinlich der Fall ist. Durch den Verkauf von Sicherheitspapieren kann das in Wechseln umlaufende Betriebskapital eines Marktgebietes nach Bedarf vermehrt werden, und die auf den Verkauf von Sicherheitspapieren ausgestellen Wechsel leisten vollkommen dieselben Dienste, wie die auf die Vorräte von Waren ausgestellten Wechselbriefe. Dem Bedarf an Wechselbriefen kann daher jeder Zeit entsprochen werden, wenn die Sicherheitspapiere in ihrem Umstatz unterstützt werden.

Wenn die Erhöhung des Diskonts als ein untrügliches Zeichen angesehen werden kann, dass das in Handelspapieren umlaufende Kapital dem Bedarf nicht entspricht, so wird die Frage entstehen können, ob den Kreditinstituten die unbedingte Erhöhung des Diskonts gestattet werden soll, wie diess in London und Hamburg grundsätzlich geschieht, oder ob die in Paris und Wien durchgeführte Beschränkung des Diskonts den Kreditinstituten zur Aufgabe gestellt werden soll.

So wenig der Grundsatz angefochten werden kann, dass in jedem Marktgebiet sich der Zinsfuss nach Angebot und Nachfrage des Kapitalienmarktes richtet, so ist doch das Verhältniss beim Diskonto der Handelspapiere ganz verschieden, indem auch bei der größten Handelsnation das in Wechselbriefen umlaufende Kapital, wenn es auch das in Metallen umlaufende Kapital mehrfach übersteigt, doch nur einen kleinen Teil des Nationalvermögens repräsentiert. Wenn in England das in Wechseln gleichzeitig umlaufende Kapital zu 120 bis 180 Millionen Pfd. Sterl. geschätzt wird, der Barvorrat zu 50 bis 80 Millionen, so wird das gesammte Nationalvermögen zu 4.000 bis 6.000 Millionen Pfd. geschätzt, wovon durch die Staatsschuld und die Eisenbahnpapiere allein gegen 1.000 Millionen in Sicherheitspapieren vorhanden sind. Es sind daher einer Bank auch die Mittel gegeben, das für den Handel erforderliche Kapital durch die Verwertung von Sicherheitspapieren herbeizuschaffen, und wenn das Inland diese Kapitalien nicht verfügbar hat, so ist das Ausland beizuziehen, was mit einem Anleihen im Auslande gleich bedeutend ist, und den Kapitalienmarkt bei weitem weniger störend berührt, als die Erhöhung des Diskonts, welche mit einer Beschränkung des Kredits auch für die besten Papiere in der Regel verbunden ist.

Nach diesen allgemeinen Entwicklungen über die Geldzirkulation wollen wir versuchen, die für eine deutsche Bankordnung aufzustellenden Grundsätze zu ermitteln.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geld und Kapital