Abführungen
Der vernünftige, bedachtsame, seiner Wissenschaft kundige Arzt befolgt die wichtige Regel: nur dann Arzneien, und nur solche zu geben, wenn er überzeugt ist, dass sie nicht schaden, oder, wenn ihm der Zustand nicht gestattet, solche zu geben, die ganz unschädlich sind, dass der Schaden, den sie auf einer Seite bewirken können, viel geringer ist, als der Nutzen, den sie von einer andern leisten; und sich immer zu bemühen, bei, oder nach dem Gebrauche derselben, jenen Schaden durch andere zweckmäßige Mittel wieder gut zu machen, so viel er kann. — Aber oft vernachlässigen Ärzte diese wichtige Regel: der Ignorant, weil er sie nicht kennt, der Träge, weil er sich nicht die Mühe nehmen mag, über seine, Kuren nachzudenken, der Leichtsinnige, weil er das Wohl seiner Kranken und die Wichtigkeit seines Geschäftes nicht zu Herzen nimmt, und ziehen mit ihren Rezepten den Kranken zu ihren Plagen, die sie schon haben, noch andere über den Hals — Manche Kranke, die sich selbst kurieren, nehmen voll blinden Vertrauens auf, die medizinischen Fragmente, die sie vom Lesen oder Hörensagen gefasst haben, ihre Panaceen, ohne sich selbst und diese Dinge im mindesten zu kennen, machen dadurch Übel ärger, und bedenken nicht, dass sie selbst Verschlimmerer ihres Übels sind. — So bewirken denn leider auf eine oder die andere Weise die Arzneien in der Welt so viel Böses, dass alle das Gute, was in den Händen geschickter und, rechtschaffener Ärzte mit ihnen gewirkt wird, doch wohl schwerlich diesem das Gleichgewicht hält.
Alles was von dem Nutzen und Schaden der Arzneimittel im Allgemeinen gilt, das gilt auch insbesondere von den sogenannten Purganzen, die so allgemein bekannt und gebräuchlich sind. Ohne Zweifel nutzen diese Mittel in manchen Fällen viel mehr, als sie schaden — verschaffen wichtige Vorteile, wenn sie gehörig angewandt werden, und es gibt manche Fälle, in denen ein Kranker die Herstellung seiner Gesundheit dem rechten Gebrauche dieser Mittel zu danken hat. Aber eben so gewiss ist auf der andern Seite auch ihr Missbrauch, besonders da es heute zu Tage ordentlich Mode geworden, Purganzen zu verschreiben. Was noch vor 50 Jahren den Ärzten vorgeworfen werden konnte, wegen Missbrauchs der hitzigen schweißtreibenden Mittel, das kann man mit eben so großem Rechte unseren Zeiten in Ansehung der Abführungsmittel vorwerfen. Das ernsthafte Predigen über die Hintansetzung der so oft nötigen Reinigung der ersten Wege erschütterte den einäugigen großen Haufen so sehr, dass jeder, der eine Zweipfennigtrompete blasen konnte, die Losung zum Purgieren blies. Nun purgierte man Kranke Jahre lang tagtäglich, um die ersten Wege zu säubern — reichte Schwangern, alles guten Befindens ohnerachtet, von Zeit zu Zeit Abführungen, um ein gutes Kindbett zu bezwecken — laxierte von den Pocken völlig genesene Kinder zweimal in der Woche, um die Reste eines Giftes, wovon doch keine Spuren mehr vorhanden waren, auszuleeren, und fegte Jahr aus Jahr ein Krätzige, so wenig man auch ein Beispiel nur kennt, wo durchs Purgieren die Krätze geheilt worden wäre. Man bedachte nicht, dass die Schwächung des Darmkanals, welche den Durchfall, den Purganzen erregen, wegen des stärkeren Zuflusses der Säfte in die Gefäße desselben zur Folge hat, oft viel mehr schade, als die Ausführung der Unreinigkeiten, welche sie bewirken können, Vorteil schafft.
Oft wiederholte Abführungen richten die Verdauungskräfte zu Grunde, der Magen tut nicht mehr seine Verrichtungen, die Gedärme werden unwirksam, und man wird sehr heftigen Koliken unterworfen. Der Körper wird nicht gehörig ernähret, die Ausdünstung kommt in Unordnung, und man wird vor der Zeit alt.
Man tut durch unzeitiges Laxieren der Gesundheit der Kinder einen unersetzlichen Schaden. Man verhindert dadurch das Wachstum und Zunehmen der Kräfte, stürzt junge Mädchens in die Bleichsucht, und macht diese Krankheit, wenn sie schon wirklich eingetreten ist, hartnäckiger.
Das Vorurteil ist gar zu allgemein ausgebreitet, dass man ein Purgiermittel nehmen müsse, wenn man keinen Appetit hat: allein das ist sehr oft falsch. Die meisten Ursachen, die den Appetit schwächen oder verderben, können durch das Laxieren nicht gehoben werden; viele werden dadurch vermehrt.
Hat man den Magen verdorben, und Nagt über Indigestion, und ist diese nicht sehr beträchtlich, so reicht hin, wenn man nur wenig isst. Dann können die Verdauungssäfte ihre auflösende Kraft auf die genossene schwer verdauliche Speise konzentrieren, und sie oft noch wirklich verdauen. Fühlt man, dass die Speise noch im Magen liegt, durch Magendrücken und Aufstoßen, so esse man gar nicht, wenn es gleich Mittag oder Abend ist. Weiß man hingegen, dass die Speise schon in die Gedärme übergegangen, so wäre schädlich, wie manche tun, sich ganz des Essens zu enthalten, der Magensaft wird sonst zu scharf. Man esse aber nur wenig, und wähle die Speise. Hat man Indigestion von zu vielem Obst, so esse man etwas kalten Braten, und nur ein wenig wohl ausgebackenes, nicht frisches Weisbrot. Hat man sich durch Fleisch- oder fette Sachen die Indigestion zugezogen, so muss man nichts, als ein Stück altes trocknes Brot essen, und dazu ein Glas guten roten Wein trinken. Es ist auch gut, sehr viel Wasser zu trinken, um die in das Geblüt übergegangene Schärfe zu verdünnen und auszuschwemmen. Doch leidet dieser Rat keine Anwendung, wann die Indigestion noch im Magen sitzt, da man durch zu vieles Trinken den Magensaft unwirksam machen würde.
Solche Personen, in deren Magen sich viel Schleim erzeugt, glauben durch Laxieren sich zu heilen, und sie scheinen in der Tat anfänglich Erleichterung zu bekommen; allein sie ist bloß vorübergehend und betrügerisch. Dieser Schleim rühret von der Schwäche des Magens her, und Purganzen vermehren dieselbe. Folglich ist nach einigen Tagen wieder mehr Schleim da, als vorher, und durch Wiederholung der Purganzen wird das Übel in kurzer Zeit unheilbar, und die Gesundheit unwiederbringlich verloren. Ein Chinawein, da man eine Unze von dieser etwas klein gestoßenen Rinde in zwanzig Unzen alten weißen Wein, vierundzwanzig Stunden lang ausziehen, und des Tags ein paar Esslöffel davon nehmen lässt, ist weit dienlicher, besonders wenn man dazwischen kleine Gaben von Rhabarber mit etwas Ingwer, oder Aronswurzel versetzt, reicht.
Leute, die keinen Überfluss oder gar Mangel an Säften haben, muss man ohne dringende Not nicht purgieren, so wenig als man ihnen zur Ader lassen darf. Ja unter gleichen Bedingungen ist das Purgieren noch schädlicher, indem der dadurch verursachte Verlust nicht so leicht und nicht so gut ersetzt wird, weil man durch die Ausleerung der Verdauungssäfte das Verdauungsgeschäft stört.
Bei der Krätze, bei dem bösen Kopfgrind und bei so vielen andern Krankheiten der vom Darmkanal entlegensten Teile purgiert man die Kranken oft aufs grausamste. Je elender und blässer dabei die Haut wird, desto mehr glaubt man das Blut verunreinigt, desto nötiger findet man das Purgieren. Man überlegt nicht, ob der Ort, wodurch man ausleeren will, auch schicklich und der Beschaffenheit der Krankheit angemessen sei? Man überlegt nicht, dass es verschiedene Säfte sind, welche durch die Haut, die Nieren und den Darmkanal ausgeleert werden, dass also auch nicht alle Krankheitsmaterie durch jedes dieser reinigenden Organe ausgeleert werden könne. Daher kommt es freilich, dass mancher schwitzen muss, der purgieren sollte, und dass man bei vielen Krankheiten ohne allen Nutzen zu purgieren gibt, wobei doch die Krankheitsmaterie so geartet ist, dass sie nur durch die Haut abgehen kann.
Der Genius unsers Zeitalters bringt es freilich mit sich, dass Krankheiten, deren materielle Ursache in den ersten Wegen und Verdauungssystem ihren Sitz haben, jetzt, häufiger sind, wie ehedem, und dass die Reinigung der ersten Wege der erste wichtige Gegenstand des ausübenden Arztes sein muss. Allein auf der andern Seite findet ein himmelweiter Unterschied statt zwischen der vernünftigen Reinigung der ersten Wege des klügeren Arztes, und der gewöhnlichen Laxiermethode der sich Doktoren nennenden medizinischen Schlendrianisten, wo man oft, bei wenigen unzureichenden Anzeigen von Uneinigkeiten, nicht eher aufhört, dem armen Magen durch stark auflösende, reihende, ekelmachende Mittel zuzusetzen, bis er dadurch erst eine Kloake von üblen Materien geworden, und dem ganzen Krankheitsmaterial der Antrieb nach dem beständig gereizten Teil gegeben ist.
Die meisten Kranken, welche sich selbst abführende Mittel verordnen, nehmen sie nicht in geteilten Gaben, sondern auf einmal, und dann oft eine zu starke. Afterärzte geben gewöhnlich allen Menschen von ihren Mitteln gleiche Quantität, also manchen, zu viel. Auch Ärzte sind in Rücksicht der Gaben nicht immer vorsichtig genug, erkundigen sich nicht immer, ob man schon solche Mittel gebraucht, wie stark diese gewirkt haben — geben nicht deutliche Anweisung des Gebrauchs, dass man alsbald einhalten müsse, wenn der Abgang öfters erfolgt, und der Kot weicher wird.
Den gehörigen Gebrauch stärkender Mittel kennen Kranke und Afterärzte nicht; und von manchen Ärzten wird er auch da, wo er erfordert wurde, nicht recht angewandt.
Cremor tartari, Rhabarber, Aloe, Glaubers Wundersalz sind diejenigen Mittel, welche man allgemein als Purganzen gebrauchet. Die Mittelsalze sind unter allen Purganzen noch die unschuldigsten; doch scheinen die meisten, auch ohne zu purgieren, die Eigenschaft zu haben, die Verdauungskraft des Darmkanals zu schwächen — und dieses um so mehr, wenn sie purgieren, da der Durchfall, den sie erregen, diese nachteilige Folge hat. Auch der Cremor tartari scheint den Magen zu schwächen, und seiner Unauflöslichkeit wegen ihm beschwerlich zu sein; auch verdirbt er durch seine Säure die Galle. Daher schaden diese Mittel, je öfter und in je stärkeren Gaben, und je kürzer vor oder nach dem Essen sie genommen werden, desto mehr, der Verdauung. Die Rhabarber scheint an sich selbst den Darmkanal nicht so zu schwächen, und sogar in kleinen Gaben als stärkendes Mittel zu dienen; aber in starten Gaben genommen, macht sie im Darmkanal einen heftigen Reiz, der den Zufluss des Bluts in die Gefäße des Darmkanals vermehrt, und um so mehr Hämorrhoidalübel bewirkt, je größere Disposition dazu da ist. Auf eben diese Weise schaden andere stark reizende Purganzen, insbesondere die Aloe; auch das berüchtigte Ailhaudsche Pulver, welches ein drastisches Mittel und von gefährlichem Gebrauch ist.
Alles was von dem Nutzen und Schaden der Arzneimittel im Allgemeinen gilt, das gilt auch insbesondere von den sogenannten Purganzen, die so allgemein bekannt und gebräuchlich sind. Ohne Zweifel nutzen diese Mittel in manchen Fällen viel mehr, als sie schaden — verschaffen wichtige Vorteile, wenn sie gehörig angewandt werden, und es gibt manche Fälle, in denen ein Kranker die Herstellung seiner Gesundheit dem rechten Gebrauche dieser Mittel zu danken hat. Aber eben so gewiss ist auf der andern Seite auch ihr Missbrauch, besonders da es heute zu Tage ordentlich Mode geworden, Purganzen zu verschreiben. Was noch vor 50 Jahren den Ärzten vorgeworfen werden konnte, wegen Missbrauchs der hitzigen schweißtreibenden Mittel, das kann man mit eben so großem Rechte unseren Zeiten in Ansehung der Abführungsmittel vorwerfen. Das ernsthafte Predigen über die Hintansetzung der so oft nötigen Reinigung der ersten Wege erschütterte den einäugigen großen Haufen so sehr, dass jeder, der eine Zweipfennigtrompete blasen konnte, die Losung zum Purgieren blies. Nun purgierte man Kranke Jahre lang tagtäglich, um die ersten Wege zu säubern — reichte Schwangern, alles guten Befindens ohnerachtet, von Zeit zu Zeit Abführungen, um ein gutes Kindbett zu bezwecken — laxierte von den Pocken völlig genesene Kinder zweimal in der Woche, um die Reste eines Giftes, wovon doch keine Spuren mehr vorhanden waren, auszuleeren, und fegte Jahr aus Jahr ein Krätzige, so wenig man auch ein Beispiel nur kennt, wo durchs Purgieren die Krätze geheilt worden wäre. Man bedachte nicht, dass die Schwächung des Darmkanals, welche den Durchfall, den Purganzen erregen, wegen des stärkeren Zuflusses der Säfte in die Gefäße desselben zur Folge hat, oft viel mehr schade, als die Ausführung der Unreinigkeiten, welche sie bewirken können, Vorteil schafft.
Oft wiederholte Abführungen richten die Verdauungskräfte zu Grunde, der Magen tut nicht mehr seine Verrichtungen, die Gedärme werden unwirksam, und man wird sehr heftigen Koliken unterworfen. Der Körper wird nicht gehörig ernähret, die Ausdünstung kommt in Unordnung, und man wird vor der Zeit alt.
Man tut durch unzeitiges Laxieren der Gesundheit der Kinder einen unersetzlichen Schaden. Man verhindert dadurch das Wachstum und Zunehmen der Kräfte, stürzt junge Mädchens in die Bleichsucht, und macht diese Krankheit, wenn sie schon wirklich eingetreten ist, hartnäckiger.
Das Vorurteil ist gar zu allgemein ausgebreitet, dass man ein Purgiermittel nehmen müsse, wenn man keinen Appetit hat: allein das ist sehr oft falsch. Die meisten Ursachen, die den Appetit schwächen oder verderben, können durch das Laxieren nicht gehoben werden; viele werden dadurch vermehrt.
Hat man den Magen verdorben, und Nagt über Indigestion, und ist diese nicht sehr beträchtlich, so reicht hin, wenn man nur wenig isst. Dann können die Verdauungssäfte ihre auflösende Kraft auf die genossene schwer verdauliche Speise konzentrieren, und sie oft noch wirklich verdauen. Fühlt man, dass die Speise noch im Magen liegt, durch Magendrücken und Aufstoßen, so esse man gar nicht, wenn es gleich Mittag oder Abend ist. Weiß man hingegen, dass die Speise schon in die Gedärme übergegangen, so wäre schädlich, wie manche tun, sich ganz des Essens zu enthalten, der Magensaft wird sonst zu scharf. Man esse aber nur wenig, und wähle die Speise. Hat man Indigestion von zu vielem Obst, so esse man etwas kalten Braten, und nur ein wenig wohl ausgebackenes, nicht frisches Weisbrot. Hat man sich durch Fleisch- oder fette Sachen die Indigestion zugezogen, so muss man nichts, als ein Stück altes trocknes Brot essen, und dazu ein Glas guten roten Wein trinken. Es ist auch gut, sehr viel Wasser zu trinken, um die in das Geblüt übergegangene Schärfe zu verdünnen und auszuschwemmen. Doch leidet dieser Rat keine Anwendung, wann die Indigestion noch im Magen sitzt, da man durch zu vieles Trinken den Magensaft unwirksam machen würde.
Solche Personen, in deren Magen sich viel Schleim erzeugt, glauben durch Laxieren sich zu heilen, und sie scheinen in der Tat anfänglich Erleichterung zu bekommen; allein sie ist bloß vorübergehend und betrügerisch. Dieser Schleim rühret von der Schwäche des Magens her, und Purganzen vermehren dieselbe. Folglich ist nach einigen Tagen wieder mehr Schleim da, als vorher, und durch Wiederholung der Purganzen wird das Übel in kurzer Zeit unheilbar, und die Gesundheit unwiederbringlich verloren. Ein Chinawein, da man eine Unze von dieser etwas klein gestoßenen Rinde in zwanzig Unzen alten weißen Wein, vierundzwanzig Stunden lang ausziehen, und des Tags ein paar Esslöffel davon nehmen lässt, ist weit dienlicher, besonders wenn man dazwischen kleine Gaben von Rhabarber mit etwas Ingwer, oder Aronswurzel versetzt, reicht.
Leute, die keinen Überfluss oder gar Mangel an Säften haben, muss man ohne dringende Not nicht purgieren, so wenig als man ihnen zur Ader lassen darf. Ja unter gleichen Bedingungen ist das Purgieren noch schädlicher, indem der dadurch verursachte Verlust nicht so leicht und nicht so gut ersetzt wird, weil man durch die Ausleerung der Verdauungssäfte das Verdauungsgeschäft stört.
Bei der Krätze, bei dem bösen Kopfgrind und bei so vielen andern Krankheiten der vom Darmkanal entlegensten Teile purgiert man die Kranken oft aufs grausamste. Je elender und blässer dabei die Haut wird, desto mehr glaubt man das Blut verunreinigt, desto nötiger findet man das Purgieren. Man überlegt nicht, ob der Ort, wodurch man ausleeren will, auch schicklich und der Beschaffenheit der Krankheit angemessen sei? Man überlegt nicht, dass es verschiedene Säfte sind, welche durch die Haut, die Nieren und den Darmkanal ausgeleert werden, dass also auch nicht alle Krankheitsmaterie durch jedes dieser reinigenden Organe ausgeleert werden könne. Daher kommt es freilich, dass mancher schwitzen muss, der purgieren sollte, und dass man bei vielen Krankheiten ohne allen Nutzen zu purgieren gibt, wobei doch die Krankheitsmaterie so geartet ist, dass sie nur durch die Haut abgehen kann.
Der Genius unsers Zeitalters bringt es freilich mit sich, dass Krankheiten, deren materielle Ursache in den ersten Wegen und Verdauungssystem ihren Sitz haben, jetzt, häufiger sind, wie ehedem, und dass die Reinigung der ersten Wege der erste wichtige Gegenstand des ausübenden Arztes sein muss. Allein auf der andern Seite findet ein himmelweiter Unterschied statt zwischen der vernünftigen Reinigung der ersten Wege des klügeren Arztes, und der gewöhnlichen Laxiermethode der sich Doktoren nennenden medizinischen Schlendrianisten, wo man oft, bei wenigen unzureichenden Anzeigen von Uneinigkeiten, nicht eher aufhört, dem armen Magen durch stark auflösende, reihende, ekelmachende Mittel zuzusetzen, bis er dadurch erst eine Kloake von üblen Materien geworden, und dem ganzen Krankheitsmaterial der Antrieb nach dem beständig gereizten Teil gegeben ist.
Die meisten Kranken, welche sich selbst abführende Mittel verordnen, nehmen sie nicht in geteilten Gaben, sondern auf einmal, und dann oft eine zu starke. Afterärzte geben gewöhnlich allen Menschen von ihren Mitteln gleiche Quantität, also manchen, zu viel. Auch Ärzte sind in Rücksicht der Gaben nicht immer vorsichtig genug, erkundigen sich nicht immer, ob man schon solche Mittel gebraucht, wie stark diese gewirkt haben — geben nicht deutliche Anweisung des Gebrauchs, dass man alsbald einhalten müsse, wenn der Abgang öfters erfolgt, und der Kot weicher wird.
Den gehörigen Gebrauch stärkender Mittel kennen Kranke und Afterärzte nicht; und von manchen Ärzten wird er auch da, wo er erfordert wurde, nicht recht angewandt.
Cremor tartari, Rhabarber, Aloe, Glaubers Wundersalz sind diejenigen Mittel, welche man allgemein als Purganzen gebrauchet. Die Mittelsalze sind unter allen Purganzen noch die unschuldigsten; doch scheinen die meisten, auch ohne zu purgieren, die Eigenschaft zu haben, die Verdauungskraft des Darmkanals zu schwächen — und dieses um so mehr, wenn sie purgieren, da der Durchfall, den sie erregen, diese nachteilige Folge hat. Auch der Cremor tartari scheint den Magen zu schwächen, und seiner Unauflöslichkeit wegen ihm beschwerlich zu sein; auch verdirbt er durch seine Säure die Galle. Daher schaden diese Mittel, je öfter und in je stärkeren Gaben, und je kürzer vor oder nach dem Essen sie genommen werden, desto mehr, der Verdauung. Die Rhabarber scheint an sich selbst den Darmkanal nicht so zu schwächen, und sogar in kleinen Gaben als stärkendes Mittel zu dienen; aber in starten Gaben genommen, macht sie im Darmkanal einen heftigen Reiz, der den Zufluss des Bluts in die Gefäße des Darmkanals vermehrt, und um so mehr Hämorrhoidalübel bewirkt, je größere Disposition dazu da ist. Auf eben diese Weise schaden andere stark reizende Purganzen, insbesondere die Aloe; auch das berüchtigte Ailhaudsche Pulver, welches ein drastisches Mittel und von gefährlichem Gebrauch ist.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geheimnisse aus der Geisterwelt, Magie und Alchimie beleuchtet und in ihrer natürlichen Gestalt dargestellt