Drei Ritter beschwören – Stettbach unweit von Jugenheim

Aus: Hessische Sagen
Autor: Wolf, Johann Wilhelm (Pseudonym Johannes Laicus) 1817-1855, Germanist, Herausgeber und Schriftsteller, Erscheinungsjahr: 1853
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Sagen und Märchen, Hessen, Volkssagen, Schlösser, Ritter, Burgen, Taunus, Kronberg, Königstein, Falkenstein
In Stettbach (nicht weit von Jugenheim) wohnte ein Mann der hieß Struwel und konnte zaubern. Eins der schwersten Stücke, die er gemacht hat, war folgendes.

Auerbacher Schloss, Westseite der Burganlage

Eines Abends saßen bei ihm in seiner Stube drei herzhafte junge Burschen, die befragten ihn über ihre Mädchen und über Dies und Jenes und endlich fragten sie ihn auch, ob er nicht die drei alten Ritter beschwören könne, die noch droben hausten im Burgverlies des Auerbacher Schlosses. Herschaffen könne er sie wohl, sagte der Struwel, aber wie er sie wieder fortbringen solle, das wisse er nicht; deshalb sollten sie abstehen von ihrem Verlangen. Die Burschen aber ließen ihm keine Ruh und drangen in ihn, bis er endlich nachgab. Er zog nun mit einer Kohle einen Kreis auf dem Fußboden, nahm eine Weidengerte, die bog er und machte Zeichen damit und ging dabei immer rechts im Kreise herum. Auf einmal blieb er stehen und sagte: „Ihr Burschen, ich rat' euch, lasst ab von eurem Verlangen, eben steigen die drei Ritter zum Keller heraus, jetzt kann ich sie noch zurückschicken.“ Die Burschen aber sagten: „Lass sie nur kommen, sie sollen nicht umsonst aus dem Keller gestiegen sein.“ Da ging der Struwel wieder eine Weile rechts im Kreise herum, dann blieb er wieder stehen und sagte: „lhr Burschen besinnt euch, so lang es noch Zeit ist, eben kommen sie droben aus dem Eichenwald heraus gegangen.“ Die Burschen meinten, wenn sie so weit gekommen wären, sollten sie auch noch weiter kommen. Der Zauberer ging wieder eine Weile rechts im Kreise herum, dann blieb er noch einmal stehen und sprach: „Ihr lieben Leute, ich bitt' euch, lasset uns abstehen von unserm törichten Beginnen, denn eben kommen sie zum Ort herein“.

Die Burschen meinten aber, wenn sie so weit gekommen wären, so sollten sie auch noch weiter kommen. Der Struwel ging wieder ein kleines Weilchen rechts im Kreise herum, da tat es mit einem Male einen furchtbaren Schlag an die Haustür. „Jetzt stehen sie im Hof und warten“, sagte der Zauberer und jetzt kam auch den Burschen das Ding auf einmal ganz anders vor. Sie meisten, „wenn die Ritter auch nicht gerade hereinzukommen brauchten, sehen könne man sie doch einmal. „Ich will sehen, was sich noch tun lässt“, sagte der Zauberer und indem er noch sprach, sprang krachend die Türe auf und draußen vor der Schwelle standen drei hohe Totengerippe in verrosteten eisernen Rüstungen. Da drehte sie Struwel mit einem Male auf dem Absatz herum und fing an links im Kreise herumzulaufen, zugleich drehten auch die Ritter sich steif herum, marschierten langsam wieder ab und warfen das Tor zu, dass das ganze Haus in seinen Grundfesten bebte.

Struwel aber lief fort im Kreis herum, endlich sprach er: „Gott sei gelobt, jetzt liegen sie wieder drunten", und stürzte hin wie tot. Die drei Burschen lagen schon längst da und rührten sich nicht. Es hat sie nicht mehr gelüstet Geister zu sehen.

Auerbacher Schloss, Außenansicht

Auerbacher Schloss, Außenansicht

Auerbacher Schloss, Benheim und seine Stadtteile

Auerbacher Schloss, Benheim und seine Stadtteile

Auerbacher Schloss, Pallas und Südturm

Auerbacher Schloss, Pallas und Südturm

Auerbacher Schloss, Westseite der Burganlage

Auerbacher Schloss, Westseite der Burganlage

023 Burginneres

023 Burginneres

019 Ritter-Turnier

019 Ritter-Turnier