Die goldene Wiege in den Kellern des Klostergebäudes zu Neukloster
Aus: Mecklenburgs Volkssagen. Band 2
Autor: Von L. Pechel, Organist und Lehrer zu Röbel, Erscheinungsjahr: 1862
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Sage, Volkssage, Fürst Borwin I. Warin, Kussin, Bukow, Zisterzienser, Kloster, Orden, Neukloster, Reformation, Luther
Der Ort Neukloster liegt in der Nähe der Stadt Warin. Früher war er ein Erbgut des Fürsten Borwin I. und hatte den Namen Kussin. Dieser Fürst verlegte das Kloster zu Parkow bei Bukow, das ein Nonnenkloster Zisterzienser-Ordens war; nach Kussin, und im Verlauf der Zeit wandelte sich dieser
Name in den von Neukloster um. Borwin dotierte das Kloster mit mehren Domainen, und da demselben nach und nach bedeutende Stiftungen zuströmten, so gelangte es zu großem Reichtum und weithin strahlendem Glanze.
Die Klostergebäude müssen von großer Ausdehnung gewesen sein. Im westlichen Teile des Erdgeschosses liegen die umfangreichen Räume für Küche, Keller, Brau- und Backhaus, wohin das Wasser durch eine künstliche Leitung vom Sonnenberg aus geführt ward, welches ein immerwährendes Rauschen und Tosen bewirkte, das selbst bis in die von keinem Lichtstrahl erhellten dumpfen Kellergewölbe drang. Nach der Reformation waren die Klostergebäude oft die fürstliche Residenz; jetzt sind sie zur Pächterwohnung herabgestiegen.
Zur Zeit der Reformation bewohnten 54 Nonnen das Kloster und genossen in stiller Beschaulichkeit der großen Gaben, womit ein gütiger Fürst und frommer Aberglaube sie bis zum reichsten Überfluss bedacht hatte.
Als aber Luther mit dem Schwerte des Geistes die Nebel der Finsternis zerschlug und die Macht des römischen Papstes in deutschen Gauen brach, da wurden auch diese frommen Frauen aus ihrer glücklichen Ruhe aufgeschreckt; sie sahen das Verderben kommen, das ihrem Haupte drohte, und harreten in banger Sorge der Stunde, wo die friedliche Stätte ihrer Behausung und die Wohnungen ringsumher mit Feuer verwüstet würden. Aber sie waren in der Hoffnung fest und unwandelbar, dass einst der Tag anbreche, wo aus der Asche der alte Glanz in neuer Größe wieder erstehen werde. Und diesem Tage galt nun ihr ganzes Sehnen und Sorgen. Es sollten die Mittel zum Wiederaufbauen des Klosters und des ganzen Ortes in reicher Fülle vorhanden sein. Darum sammelten die frommen Schwestern den ganzen Reichtum schöner Goldstücke zusammen, der als Segen vieler Jahre in den Truhen aufgehäuft lag und vertrauten ihn einer goldenen Wiege an, die in die Kellergewölbe gebracht ward. Hier sollte der Schatz aufbewahrt werden, und wenn einst alle Kloster- und sonstigen Ortsbewohner durch die Flammen ihrer Habe und ihrer Wohnungen beraubt sein würden, sollte ihnen durch die Wiege aus ihrer Not geholfen werden.
Damit aber der Habgier gewahret werde, die etwa vor der bezeichneten Stunde ihre Hand lüstern nach den Goldstücken ausstrecken möchte, ward ein riesiger schwarzer Truthahn zum Wächter bestellt, der Tag und Nacht des Schatzes hütet.
Dieser Wächter steht mit glühenden Augen vor der Wiege und umkreist sie von Stunde zu Stunde mit gemessenem Schritt. Seine Füße sind mit gewaltiger Kralle bewaffnet, und drohend öffnet er den mächtigen Schnabel. Nie ermüdet er, und Nacht und Tag hält er seinen Kreisgang um den ihm anvertrauten Schatz. Hört er in den nahen Bogengängen Schritte, so schlägt er mit seinen Flügeln auf den Boden des Kellers, dass es weithin dröhnt, und wagt's dennoch ein Furchtloser, unter dem Schutze eines Lichtes die dunklen Gänge zu durchwandern und die Türe zum Keller zu öffnen, so löscht der Wächter mit seinen Flügeln das Licht, und der Eindringling steht dann in Nacht da, umweht von der erstickenden Luft der unterirdischen Behausung, und ihn trifft das Funkeln der Augen des erzürnten, unermüdlichen Wächters. Er muss alsobald den Rückweg antreten; der Truthahn verhindert ihn daran nicht, schließt mit dröhnendem Schlage die Kellertüre und umkreist dann wieder mit gewichtigem Schritt die inhaltschwere Wiege.
So ist es bis zu dieser Stunde noch Keinem gelungen, die Wiege zu berühren und sich ihres Schatzes zu bemächtigen. Wird Neukloster aber einst von den Flammen verzehrt, dann verlässt der treue Wächter seinen Platz; man mag dann ungehindert in die Kellergewölbe gehen; kein dröhnendes Rauschen wird mehr gehört, kein Wächter mit glühenden Augen mehr gesehen; der Schatz mag dann ohne jegliche Gefahr für den bezeichneten Zweck gehoben werden.
Name in den von Neukloster um. Borwin dotierte das Kloster mit mehren Domainen, und da demselben nach und nach bedeutende Stiftungen zuströmten, so gelangte es zu großem Reichtum und weithin strahlendem Glanze.
Die Klostergebäude müssen von großer Ausdehnung gewesen sein. Im westlichen Teile des Erdgeschosses liegen die umfangreichen Räume für Küche, Keller, Brau- und Backhaus, wohin das Wasser durch eine künstliche Leitung vom Sonnenberg aus geführt ward, welches ein immerwährendes Rauschen und Tosen bewirkte, das selbst bis in die von keinem Lichtstrahl erhellten dumpfen Kellergewölbe drang. Nach der Reformation waren die Klostergebäude oft die fürstliche Residenz; jetzt sind sie zur Pächterwohnung herabgestiegen.
Zur Zeit der Reformation bewohnten 54 Nonnen das Kloster und genossen in stiller Beschaulichkeit der großen Gaben, womit ein gütiger Fürst und frommer Aberglaube sie bis zum reichsten Überfluss bedacht hatte.
Als aber Luther mit dem Schwerte des Geistes die Nebel der Finsternis zerschlug und die Macht des römischen Papstes in deutschen Gauen brach, da wurden auch diese frommen Frauen aus ihrer glücklichen Ruhe aufgeschreckt; sie sahen das Verderben kommen, das ihrem Haupte drohte, und harreten in banger Sorge der Stunde, wo die friedliche Stätte ihrer Behausung und die Wohnungen ringsumher mit Feuer verwüstet würden. Aber sie waren in der Hoffnung fest und unwandelbar, dass einst der Tag anbreche, wo aus der Asche der alte Glanz in neuer Größe wieder erstehen werde. Und diesem Tage galt nun ihr ganzes Sehnen und Sorgen. Es sollten die Mittel zum Wiederaufbauen des Klosters und des ganzen Ortes in reicher Fülle vorhanden sein. Darum sammelten die frommen Schwestern den ganzen Reichtum schöner Goldstücke zusammen, der als Segen vieler Jahre in den Truhen aufgehäuft lag und vertrauten ihn einer goldenen Wiege an, die in die Kellergewölbe gebracht ward. Hier sollte der Schatz aufbewahrt werden, und wenn einst alle Kloster- und sonstigen Ortsbewohner durch die Flammen ihrer Habe und ihrer Wohnungen beraubt sein würden, sollte ihnen durch die Wiege aus ihrer Not geholfen werden.
Damit aber der Habgier gewahret werde, die etwa vor der bezeichneten Stunde ihre Hand lüstern nach den Goldstücken ausstrecken möchte, ward ein riesiger schwarzer Truthahn zum Wächter bestellt, der Tag und Nacht des Schatzes hütet.
Dieser Wächter steht mit glühenden Augen vor der Wiege und umkreist sie von Stunde zu Stunde mit gemessenem Schritt. Seine Füße sind mit gewaltiger Kralle bewaffnet, und drohend öffnet er den mächtigen Schnabel. Nie ermüdet er, und Nacht und Tag hält er seinen Kreisgang um den ihm anvertrauten Schatz. Hört er in den nahen Bogengängen Schritte, so schlägt er mit seinen Flügeln auf den Boden des Kellers, dass es weithin dröhnt, und wagt's dennoch ein Furchtloser, unter dem Schutze eines Lichtes die dunklen Gänge zu durchwandern und die Türe zum Keller zu öffnen, so löscht der Wächter mit seinen Flügeln das Licht, und der Eindringling steht dann in Nacht da, umweht von der erstickenden Luft der unterirdischen Behausung, und ihn trifft das Funkeln der Augen des erzürnten, unermüdlichen Wächters. Er muss alsobald den Rückweg antreten; der Truthahn verhindert ihn daran nicht, schließt mit dröhnendem Schlage die Kellertüre und umkreist dann wieder mit gewichtigem Schritt die inhaltschwere Wiege.
So ist es bis zu dieser Stunde noch Keinem gelungen, die Wiege zu berühren und sich ihres Schatzes zu bemächtigen. Wird Neukloster aber einst von den Flammen verzehrt, dann verlässt der treue Wächter seinen Platz; man mag dann ungehindert in die Kellergewölbe gehen; kein dröhnendes Rauschen wird mehr gehört, kein Wächter mit glühenden Augen mehr gesehen; der Schatz mag dann ohne jegliche Gefahr für den bezeichneten Zweck gehoben werden.