Der heilige Bonifacius.

Als ein frommer Mönch Benedictiner-Ordens, Namens Bonifacius, vernommen, daß der heilige Adalbert von ben heidnischen Preußen erschlagen sei, da bekam er große Begierde, zu demselben Volke zu gehen, um ihm von neuem die Lehre Christi zu predigen. Er ging derohalben nach Rom, um sich vom Papste die Erlaubniß zu holen. Dort wurde er zum Erzbischof eingeweiht. Von dannen begab er sich nach Preußen, ganz barfuß, in der strengsten Kälte und unter großen Mühseligkeiten. Er trug alles mit Geduld und predigte mit vielem Eifer und Erfolge. Eines Tages trug es sich zu, daß er zu einem mächtigen Fürsten des Landes kam. Demselben predigte er ebenfalls das Wort des Herrn; der Fürst aber, als er des Bonifacius schlechte Kleidung betrachtete, wollte mit solch einem elend aussehenden Menschen nichts zu schaffen haben. Darauf ging Bonifacius in seine Herberge, zog seinen bischöflichen Ornat an und trat also wieder vor den Fürsten; dieser ließ ihn jetzt vor sich kommen und sprach zu ihm:Wenn du willst, daß wir dir glauben, so mußt du mitten durch das Feuer gehen und unverletzt bleiben. Das sagte ihm Bonifacius mit Freuden zu. Es ließ darauf der Fürst zwei große Haufen Holz dicht neben einander setzen; die ließ er anzünden, und als beide lichterloh brannten, da war es, als wenn sie nur eine einzige große Flamme ausmachten. Durch dieses Feuer sollte der Heilige gehen; der war aber unerschrocken und freudig in Gott; er hob an zu beten, besprengte sich mit Weihwasser und beräucherte das Feuer mit Weihrauch, dann ging er durch dasselbe, mitten durch, getrost und unverletzt, daß auch nicht ein Härchen auf seinem Haupte war angesengt worden. Als dieses der Fürst gesehen, ist er mit allen den Seinigen dem heiligen Manne zu Füßen gefallen und hat ihn um Verzeihung gebeten, und alle ließen sie sich taufen.

Der Fürst hatte noch zwei Brüder, welche bei ihrem heidnischen Götzendienste verblieben. Bonifacius suchte derohalben auch sie zu bekehren. Allein der Eine von ihnen ließ ihn gefänglich einziehen, und ihm in Gegenwart einer großen Menge Volks den Kopf abschlagen. Allein von Stund an ward dieser Fürst blind, und Alle, so dabei standen, erstarrten also, daß sich niemand von der Stelle bewegen konnte. Sie wurden auch nicht eher wieder gesund, als bis der bekehrte Bruder kam, und für sie betete, und sie sich nun Alle zum christlichen Glauben bekehrten. Dieses ist geschehen im Jahre Ein Tausend, und in der Provinz Litthauen.


Wie Andre erzählen, soll dieser fromme Mann nicht Bonifacius, sondern Bruno von Querfurth gewesen sein.