Der heilige Adalbert in Preußen.

Nachdem der heilige Adalbert die heidnischen Polen in dem christlichen Glauben bestärkt, begab er sich zu demselben gottseligen Zwecke in das Land Preußen. Zuerst predigte er das Wort Gottes in dem Culmischen Lande; von da ging er nach Pomesanien. Als er nun über den Fluß Ossa setzte und nicht soviel hatte, wovon er das Fährgeld bezahlen könnte, so gab ihm einer der Schiffer mit dem Ruder einen harten Schlag über den Kopf, daß er davon schwer erkrankte. Dieses war ihm kein gutes Zeichen, und er mußte auch in der That bald unverrichteter Sachen aus Pomesanien weiter ziehen. Er kam zuerst nach Danzig, von bannen er nach Saamland reiste. Hier fand er nicht weit davon, wo jetzt die Stadt Fischhausen steht, die glorreiche Marterkrone; denn es überfielen ihn die heidnischen Pfaffen, welche ihm sieben Wunden beibrachten, und ihn also jämmerlich erschlugen. Als solches Boleslaus Gorvin, König in Polen, erfuhr, begehrte er den Körper des Heiligen von den heidnifchen Preußen. Diese wollten aber denselben nicht anders herausgeben, es seie denn, daß ihnen der König dafür so viel Gold gäbe, als der Leichnam schwer sein werde. Das war der fromme König zufrieden; aber wie nun der Körper gewogen wurde, da ward er überaus leicht gefunden, und keines Pfundes schwer.

Eine andre Sage berichtet: daß alles Gold, welches der polnische König gesendet, noch nicht einmal vermogt habe, die Schaale, auf welcher der Leichnam des Heiligen gelegen, von der Erde zu bewegen. Es hatten darauf die Abgesandten schon alles Gold in die Waage geworfen, welches sie für sich selbst mit sich führten. Aber auch dieses war nicht genug; da kamen noch Preußen heran, so Adalbert getauft hatte, und legten auch ihr Gold hinzu; aber auch dieses reichte nicht aus, und man gab schon die Hoffnung auf, daß man Gold genug herbeischaffen könne, um den Körper aufzuwiegen. Da kam eine alte Frau dazu, die hatte nur zwei Pfennige in ihrem ganzen Vermögen, diese warf sie in die Schaale zu dem Golde, und siehe, es flog jetzt auf einmal die andre Schaale so in die Höhe, daß man alle das Gold, was der Polen -König geschickt, was die Gesandten dazu gelegt und was die bekehrten Preußen gebracht, wieder herausnehmen konnte und allein die zwei Pfennige der armen Frau den Leichnam des Heiligen genugsam aufwogen.


Eine andre Sage berichtet noch Folgendes über den Tod und Leichnam des heiligen Adalbert: Nachdem diesen nehmlich die heidnischen Preußen am Ufer der Ostsee erschlagen hatten, zerhackten sie seinen Körper in unzählige Stücke und ließen die Stücke unbeerdigt am Ufer liegen, unter andern hieb ihm ein Preuße einen Finger ab, an welchem der Heilige einen goldenen Ring trug. Den Finger warf er in das Meer, den Ring aber steckte er zu sich. Denselben Finger hat hernach ein Sperber aufgenommen, und während er über dem Meere flog in das Wasser fallen lassen, worauf ihn denn ein Hecht aufgeschlucket. Da geschahe es nun, daß der Fisch, wo er nun hingeschwommen, ein sonderbares Licht von sich gegeben. Als die Fischer dieses Lichtes ansichtig wurden, haben sie den Hecht gefangen und den Finger des Heiligen in seinem Bauche unversehrt gefunden. Die Fischer waren Christen und sie erkannten bald, daß der Finger einem heiligen Manne gehören müsse; daher gingen sie an das Ufer zu suchen, und sie fanden die Leiche. Die zerhauenen Stücke hatten sich aber wunderbarer Weise von selbst schon wieder zusammengefügt, so daß bloß der Finger noch an dem Körper fehlte. Denselben setzten die Fischer nun an, und er wuchs schnell fest, also daß der Körper wieder ganz wurde. Der Leib hatte schon ganzer dreißig Tage so gelegen, es hatte ihn aber ein Adler die Zeit über bewacht, und es hatte kein Vogel noch anderes Thier dazu kommen können.

Wieder eine andre Sage berichtet, dem Heiligen sei bloß das Haupt abgeschlagen worden, sonst aber der Körper ganz geblieben. Da war nun der Leichnam von selbst aufgestanden und hatte sein Haupt in seine beiden Hände genommen und es so vor sich hergetragen, zu der Kapelle, in welcher der Heilige gewöhnlich die Messe gelesen hatte. Unterweges sang das Haupt mit lauter, schöner Stimme allerlei geistliche Lieder. Von der Kapelle ging der Heilige weiter, von einem Orte zum andern, immer sein Haupt vor sich herrragend und fromme Lieder singend, bis er in die Gegend von Danzig kam, wo jetzt noch die Kirche des heiligen Adalbert steht; dort nahmen ihn die heidnischen Preußen, um ihn ihren Göttern zu Romove zu opfern. Allein es kaufte ihn der Polen-König Boleslav, wie dies bereit vorhin gemeldet.