1. Vor der Thür eines kleinen Blockhauses, dessen Inneres zu einem Waarenlager und Laden eingerichtet war...



Vor der Thür eines kleinen Blockhauses, dessen Inneres zu einem Waarenlager und Laden eingerichtet war, hatte sich ein halbes Dutzend Männer, Jäger und Landleute, versammelt, und schien in einem sehr hitzigen Streit über Kirche und Politik, den besonders Zwei von ihnen mit besonderem Eifer fortführten, begriffen. Keiner von diesen wollte nachgeben, und drohende Worte waren schon Beiden entflohen, als ein alter grauhaariger Mann zwischen sie trat und den jüngeren, während er ihm freundlich die Hand auf die Achsel legte, mit sich hinwegzuführen versuchte. – „Kommt, Greenford,“ sprach er leise, „laßt den Zank sein, Ihr erntet keine Ehre dabei ein, und überdies hat ja Jeder seine besonderen Meinungen.“


„Ich bin nicht streitsüchtig,“ entgegnete der junge Mann leicht besänftigt – „möchte auch Keinem wehe thun – es ist aber verdammt hart, daß man es ruhig mit anhören soll, wie diese Mormonen Alles auf der Welt, selbst unsern Präsidenten und die Vereinigten Staaten, herunterreißen, um nur ihre eigene Religion und Staatseinrichtung in die Wolken zu heben. – Sie sollten doch wenigstens bedenken, daß sie hier auf unserem Grund und Boden wohnen und leben und den Schutz unserer Gesetze für sich und ihre Familien genießen.“

„Auf Eurem Grund und Boden?“ fiel der Mormone spöttisch ein – „den Schutz Eurer Gesetze? Wem gehört denn dies Land, als den wahren Gläubigen, den Heiligen, den Höchsten? Hat uns nicht Gott schon in alten Zeiten die Erde als Eigenthum versprochen, und sollen wir jetzt irgend einem Staate für die erbärmliche Scholle, die wir bewohnen, Dank schulden?“

„Hol’ Euch der Henker mit Euren Prahlereien!“ entgegnete ihm trotzig der junge Missourier – „Schlangen und Eidechsen! Ihr möchtet Euch wohl gern zu Herren der Erde und uns andere Ungläubige zu Euren gehorsamen Sclaven machen? Pest! Aber Ihr kennt die Missourimänner noch nicht, und wenn Ihr Eure Hände noch so fest in den Boden, den Ihr bewohnt, eingeklammert hättet, so giebt’s dennoch Mittel, Euch Recht und Sitte zu lehren, sobald Ihr die Gesetze nicht anerkennt, die der Staat Euch und uns vorgeschrieben hat.“

„Der Staat!“ lachte wieder höhnisch der Mormone – „was ist der Staat? Seht Ihr die dünnen weißen Wolken da oben? Der Ewige haucht sie an und sie vergehen – blau und rein ist der Himmel – so ist es mit Eurem Staat. Bauet und pflügt nur Eure Ländereien, plagt Euch nur im Schweiße Eures Angesichts – das ist gut so – die Heiligen werden die Ernte halten und bald im Besitz der Güter sein, die ihnen von Gott und Rechts wegen zukommen.“

„Der Bube droht!“ rief Greenford und riß sich von des Alten Hand los – „verdammt will ich sein, wenn ich nicht glaube, daß diese heuchlerischen Schurken irgend einen tückischen Plan im Hinterhalt haben und wir die Schlangen hier am Busen nähren!“

„Schurken nennst Du unsere heilige Gemeinde?“ rief aber auch jetzt im höchsten Zorn der gereizte Mormone. „Schurken? Fluch Dir und Deinem Stamm, auf den ich dieses Schimpfwort zurückschleudere! Aber Geduld, nur noch kurze Zeit Geduld, denn die letzten Tage sind vor der Thür und die Heiligen werden vom Himmel herabkommen, Euch zu vertilgen! – Ausgerottet sollt Ihr werden – Alle, die Ihr hier in Sünde und Schmach den wahren Gott verlästert, und ein fürchterliches Blutbad wird die Ungläubigen Missouris von der Erde fegen, daß ihre Namen nicht einmal mehr in späteren Zeiten gehört werden sollen!“

Er wäre noch lange in seiner Zorn und Bußpredigt fortgefahren, aber Greenford, seiner selbst nicht mehr Meister, schleuderte Alle, die sich ihm in den Weg stellten, zurück, riß seinen Rock herunter und sprang mit wildem Satz auf den zürnenden Redner zu, um ihn für die Lästerung seines Gottes und Volkes zu züchtigen.

Der Mormone, keineswegs ein Schwächling und wie der junge Missourier im Walde auferzogen, bebte nicht vor dem Anstürmenden zurück, sondern empfing ihn, seine begeisterte Stellung schnell mit der eines kampfgeübten Boxers vertauschend, festen Fußes, die wüthend nach seinen Schläfen und Augen geführten Stöße eben so schnell und gewandt parirend und kräftig und geschickt wieder zurückgebend. Der Missourier hatte aber schon zu lange den mühsam verhaltenen Groll gegen die Feinde seines Glaubens und seines Staates genährt und mit unersättlichem Haß erneuerte er, zehnmal zurückgeschlagen, eben so oft seinen Angriff, bis die Kräfte des Feindes endlich ermatteten, dieser einen wohlgezielten Stoß seines fast zur grenzenlosesten Wuth getriebenen Gegners nicht mehr kräftig genug pariren konnte und, von dessen Faust getroffen, besinnungslos zu Boden stürzte.

„Halt!“ rief aber jetzt der Alte, als sich der junge Mann in blinder Rache auf den gefallenen Feind stürzen wollte – „halt, Greenford! – Ihr wollt Euch doch nicht an Einem vergreifen, der machtlos zu Euren Füßen liegt? – Ihr mögt das in Kentucky gesehen haben,“ fuhr er milder, aber immer noch verweisend fort, da der junge Mann beschämt von seinem besiegten Feinde zurücktrat, um den sich jetzt die Nachbarn versammelten und ihn in’s Leben zurückzurufen versuchten – „es ist aber hier in Missouri nicht Sitte und schickt sich auch, sollt’ ich denken, für einen ordentlichen Mann nicht!“

„Nun, laßt’s nur gut sein, Stevenson,“ bat der junge Farmer, indem er dem Alten die Hand hinüberstreckte – „es war nur so ein flüchtiges Gefühl, das mich trieb, an dem Schurken mein Sohlleder zu versuchen – ’s ist aber wahr, ich dachte nicht gleich daran, daß er da lag. Doch hol’ ihn der Henker – steht er wieder auf und läßt die verdammten gotteslästerlichen Reden nicht, so beginne ich auf’s Neue mit ihm – dann halt’ ich ihn aber aufrecht, bis ich ganz mit ihm fertig bin.“

„Ich wollte, Ihr hättet den Streit nicht gehabt,“ unterbrach ihn Stevenson jetzt halb ärgerlich, halb besorgt – „die Mormonen sitzen uns hier dicht auf dem Halse, sind dabei so feindselig wie möglich gegen uns gesinnt und halten zusammen wie die Kletten. Da sollt’s mich denn gar nicht wundern, wenn dieser Kampf noch recht böse, häßliche Folgen mit sich führte; denn daß Der da, dem Ihr das ganze Gesicht zerschlagen habt, die Sache nicht ungerächt ruhen läßt, davon könnt Ihr überzeugt sein.“

„Mag er zum Teufel gehen – ich fürchte ihn nicht!“ rief Greenford – „er hat Das gelästert, was uns Allen das Heiligste ist, überdies böse, unheimliche Drohungen ausgestoßen; da müßte man ja oben am Nordpol geboren sein, wenn man bei solchen Reden kaltes Blut behalten könnte.“

Der Mormone hatte sich indessen wieder von seiner Betäubung erholt, schien aber für heute den Streit nicht weiter fortsetzen zu wollen, sondern ging zu seinem Pferd, das angebunden an einem nahen Baume stand, warf sich hinauf und sprengte, ohne den Blick zurückzuwenden, mit verhängtem Zügel landeinwärts.

Mehrere Minuten schon waren Roß und Reiter in dem Waldesdunkel verschwunden, und noch immer standen die Männer unbeweglich auf ihren Plätzen und starrten ihm in tiefen Gedanken versunken nach, bis endlich Greenford das Schweigen brach und, seinen Rock anziehend und die Kugeltasche, die er vor dem Kampf abgeworfen hatte, wieder umhängend, ausrief:

„Da reitet der Schurke, der hier an einem der Bäume für seine gotteslästerlichen Reden zu hängen verdiente – verdammt will ich sein, wenn es nicht eine wahre Schande ist, auf Onkel Sam’s eigenem Grund und Boden von einem Volk verachtet und verspottet zu werden, das schon aus den östlichen Staaten fliehen mußte, weil die Bürger dort Ihre Betrügereien und Schlechtigkeiten nicht länger dulden wollten.“

„Es ist nicht so arg,“ beruhigte Stevenson den Erzürnten, „und meiner Meinung nach mehr eine heilige Schwärmerei als böse Absicht, die sie zu diesen oft leichtsinnigen, ja schlecht scheinenden Handlungen verleitet. Blind glauben sie Alles, was ihnen ihr Prophet und Gott, dieser Joe Smith, sagt und als unmittelbar empfangene Offenbarung ausgiebt und halten sich als die Auserwählten des Herrn zu mehr berechtigt, als wir armen Verblendeten hier im Sinn haben ihnen zuzugestehen.“

„Was können wir aber machen?“ wandte Greenford ein, „wenn sie sich mit Gewalt ein Recht verschaffen, das sie zu besitzen fest überzeugt sind? – Vergebens haben wir uns schon mehrere Mal an die Regierung gewandt und diese auf die Gefahr aufmerksam gemacht, der wir bei feindseligen Absichten dieser Schwärmer ausgesetzt wären. Sie glaubt sie jetzt, da sie erst kürzlich von ihren alten Wohnorten vertrieben wurden, eingeschüchtert und verträglich gesinnt – Ihr werdet nächstens das Gegenteil erleben, wenn Blutvergießen und Gewalttaten eine friedliche Scheidung unmöglich gemacht haben.“

„Ja, ja, ich stimme ganz mit diesen Ansichten überein!“ bekräftigte ein alter sonngebräunter Jäger, der bis jetzt, auf seine Büchse gelehnt, ruhig und scheinbar theilnahmlos sowohl dem Kampfe zugeschaut, als den späteren Verhandlungen gehorcht hatte. – „Ich war in „Independence“, wie wir sie von dort vertrieben, und weiß, was sie alles unter dem Deckmantel ihres Glaubens und ihrer Religion gewagt haben. – Nichts war ihnen heilig, als die Ausführung jener Pläne, die sie ihrem Ziele näher brachten, und theils durch Gewalt, theils durch List hatten sie sich so fest in unserer Mitte eingenistet, daß es der ganzen Kraft des County bedurfte, ihrem nachtheiligen Wirken Einhalt zu thun.“

„Pest und Gift! Und da schicktet Ihr sie uns hierher, nicht wahr – um sie nur dort los zu werden? – wahrhaftig, echt christlich!“ fiel Greenford bitter lachend ein.

„Und was sollten wir anders mit ihnen machen? sie vertilgen? – Hättet Ihr Eure Hände dazu hergegeben, Greenford, das Blut von Leuten zu vergießen, die einen andern Glauben haben als Ihr?“

Greenford stampfte ungeduldig mit dem Fuße. „Nun, nein doch,“ rief er endlich ärgerlich aus; „aber wolltet Ihr sie nicht länger in Independence dulden, so seh’ ich nicht ein, warum wir uns hier in Caldwell ihren Abgeschmacktheiten und Anmaßungen unterwerfen sollen. Fort mit ihnen – ich hab’ es satt, alle Tage hören zu müssen, daß jetzt bald der jüngste Tag nahen würde, an welchem die „Heiligen des Herrn“ in ihre alten Rechte eingesetzt und die ungläubigen Kinder der Sünde und Verdorbenheit in Verbannung und Schmach geschleudert werden sollen. Ich hab’ es satt, von unseren Gräbern reden zu hören, aus denen jener „geistige, die Erde ausfüllende Tempel“ ersteigen soll. – Wer, zum Henker, steht uns denn dafür, daß es nicht in diesen Tagen dem alten Smith einmal einfällt, einen Kreuzzug gegen seine ungläubigen Nachbarn zu predigen, und was hilft es uns später, wenn wir mit abgeschnittenen Kehlen unter dem Rasen liegen, daß unsere Landsleute den Tod ihrer gefallenen Brüder rächen und die gestohlenen Weiber aus Gefangenschaft und Schande befreien! Fort mit ihnen, sag’ ich, fort! Schickt sie westlich zu den Indianern, mit denen mögen sie sich herumschlagen und die Rothhäute bekehren, oder doch wenigstens so beschäftigen, daß sie uns für’s Erste an den Grenzen mit ihren Einfällen verschonen.“

„Der Staat wird sich,“ wandte Stevenson ein, „ohne ernstliche Ursache nie dazu verstehen, eine solche, wenn auch nur scheinbare Ungerechtigkeit an ihnen zu begehen; denn ohne daß wir gegründete Ursachen –“

„Gegründete Ursachen?“ unterbrach ihn ärgerlich der junge Mann. – „Hol’s der Henker, Stevenson, was versteht Ihr denn eigentlich unter gegründeten Ursachen? Sollen sie uns erst am hellen Tage überfallen und unsere Weiber fortschleppen? sollen sie uns die Häuser niederbrennen und die Felder zerstören? Gift und Schlangen! stehlen sie nicht schon von unseren Feldfrüchten, was sie heimlich bekommen können? schlachten sie nicht jedes Stück Vieh der „Ungläubigen“, das sich unglücklicher Weise auf ihre Besitzungen verläuft, und schwören die zu dem schändlichen Stamm der Daniten Gehörenden, den sie erst kürzlich gebildet haben, nicht – von ihrem Propheten selbst dazu aufgemuntert – die gräßlichsten Meineide, ehe sie Einen von ihrer Schaar verrathen? Nein, Ihr, Stevenson, und Harvard und Ihr anderen Alle, die Ihr Euch Männer Missouris nennt – Schimpf und Schande ist’s, daß wir es so lange geduldet haben, und Zeit wär’ es, das schmähliche Joch abzuschütteln, ehe es uns unter seiner Last erdrückt. – Die östlichen Staaten lachen uns aus, wenn sie in ihren Zeitungen die fast unglaublichen, aber wahren Berichte über die Anmaßungen des Sectengeistes lesen, und spotten nicht mit Unrecht, daß es aussähe, als ob die alten kräftigen Pionniere Missouris Büchse und Messer mit dem Gebetbuch vertauscht hätten und statt dem Panther an der Salzlecke aufzulauern, die Erscheinung der lieben Engelein vom Himmel erwarteten. Pfui – pfui! – wir müssen uns bald vor den Kindern schämen.“

„Nun, ich denke, Ihr werdet nicht lange über Mangel an Ursachen zu klagen haben,“ meinte kopfschüttelnd der andere Jäger, Harvard; „nach Allem, was ich je von den Mormonen gesehen habe, so sind sie gerade nicht feige, und der Bursche, der da mit wundgeschlagenem Gesichte und vor Zorn und Wuth glühenden Augen fortsprengte, könnte uns leicht in einigen Tagen mehr von ihnen auf den Hals ziehen, als sich gerade mit unserer Sicherheit und Behaglichkeit vertragen möchte.“

„Laßt sie kommen, die Hunde!“ rief Greenford, den Kolben seiner langen Büchse auf die Erde stoßend; „laßt sie kommen, wenn sie uns auch an Zahl überlegen sind. – Höll’ und Teufel, ich sehne mich ordentlich danach, mir an einem von ihren verhaßten Körpern den Platz auszusuchen, wo das Herz sitzen muß, um das Tageslicht hindurchscheinen zu lassen!“

„Greenford,“ rief Stevenson verweisend, „Ihr macht es schlimmer als Die, die Ihr tadelt! Nein, Gott verhüte, daß es zum Blutvergießen kommen sollte; aber aufrichtig gestehen muß ich’s, mit dabei wär’ ich auch, wenn wir die Großprahler und Frömmler verjagen dürften. Doch kommt, Kinder – es wird spät und wir haben noch vier Meilen bis nach Hause; also gute Nacht – und Ihr, Harvard, wenn Ihr Lust habt, so machen wir morgen früh die verabredete Bärenjagd. Die Fährte bekommen wir frisch in dem kleinen Bache, der etwa eine Viertelmeile von meinem Hause vorbeiströmt. Seit den letzten acht Tagen ist der alte Bursche dort jede Nacht durchgekommen; aber mit Tageslicht geht’s fort!“

„Und wo treffen wir uns?“ fragte Harvard dagegen.

„An der Platane, von der wir neulich die beiden wilden Katzen herunterschossen,“ rief Stevenson zurück, warf den Zügel seines Pferdes diesem über den Nacken, sprang in den Sattel, und nach einem herzlichen Gutenachtgruß ritten die Männer ihren verschiedenen Wohnungen zu, den eben noch so belebten Platz seiner tiefen, stillen Einsamkeit überlassend.

Erst nach Sonnenuntergang erreichten die beiden Reiter, Stevenson und Greenford, das Haus des Ersteren, aus dem ihnen schon in weiter Ferne, da sie einen kleinen Hügel hinabritten und die kleine Lichtung, welche die Hütte des alten Mannes umgab, übersehen konnten, der Glanz des hellen Feuers entgegenschimmerte. Freudiges Hundegebell begrüßte sie, als sie sich endlich dicht am Hause von den Pferden schwangen, welche des Alten Söhne, ein paar kräftige Burschen von sechzehn und achtzehn Jahren, sogleich in Empfang nahmen.

„Laßt sie nur nicht wieder in den Wald,“ rief der Alte, „und gebt ihnen ein gutes Futter; bringt auch einen halben Bushel Mais mit in’s Haus, wenn Ihr wieder zurückkommt, den Ihr nachher schälen und einsacken müßt; – wir wollen morgen früh unser Glück mit dem Bären versuchen.“

„Hallo!“ rief Jim, der Aelteste, „da geh’ ich mit.“

„Meinetwegen,“ lachte der Alte, – „Einer von Euch mag mitgehen, der Andere muß aber das Haus hüten. Wir dürfen in diesen Zeiten die Frauen nicht ganz ohne Schutz lassen.“

Mit den Worten trat er in die Thür, und ängstlich eilte ihm sein Weib entgegen.

„Was ist geschehen, Stevenson – warum dürft Ihr die Frauen nicht ohne Schutz lassen? Seid Ihr doch schon so oft Alle auf die Jagd geritten und Ihr habt nie daran gedacht –“

„Aengstige Dich nicht,“ erwiderte gutmüthig lächelnd Stevenson – „Greenford hier hat einen Streit mit einem Mormonen gehabt, der später gerade nicht in der freundlichsten Stimmung schied. Es hat aber nichts zu sagen, es war ein ehrlicher Kampf – Mann gegen Mann – und der Besiegte darf sich nicht beklagen.“

„Aber, Greenford!“ flüsterte Anna, des Alten Tochter, ein liebliches, blühendes Mädchen von neunzehn Jahren und die Braut des jungen Pionniers, indem sie an diesen herantrat und ihm schmeichelnd die dunkeln Locken aus der Stirn schob – „Du hast schon wieder Streit gesucht und mir doch so fest versprochen, Dich zu mäßigen und das wilde, trotzige Wesen abzulegen – Du wirst uns noch Alle einmal recht unglücklich machen!“

„Laß es gut sein, Anna!“ bat der Jäger, „ich konnt’ es wahrhaftig nicht ändern – der schlechte Bursche verhöhnte fast Alles, was uns heilig ist, und – Du weißt, ich habe nicht das ruhigste Blut – mir lief die Galle über – doch will ich mich bessern. – Ich will jedesmal, sollte ich wieder in Händel gerathen, an Dich denken und – wenn’s nur irgend möglich ist, recht ruhig und ehrbar werden!“

„Rührt Euch, Ihr Frauen – rührt Euch!“ rief jetzt der Alte dazwischen, „setzt Eure Töpfe und Kessel zum Feuer, denn wir sind gewaltig hungrig; nachher könnt Ihr schwatzen, soviel’s Euch beliebt, und Du, Anna, magst uns gleich etwas mehr Teig für Brode auf morgen früh anmengen und später backen, denn wenn wir einmal auf der Fährte des alten Burschen sind, den wir mit Sonnenaufgang zu jagen und unsere Schweine von dem gefährlichen Feinde zu befreien gedenken, so kann es wohl vorfallen, daß wir, so wir ihn morgen nicht finden, Abends im Walde bleiben. Vergiß auch nicht, ein tüchtiges Stück Speck dazu zu stecken, denn Harvard wird ebenfalls dabei sein und – häng’ ihn – der verläßt sich stets auf seine Büchse und nimmt nie einen Bissen zu essen mit. ’s ist uns schon oft so gegangen, daß wir draußen lagen und nicht ein Maul voll zu beißen und zu brechen hatten.“

„Wann habt denn Ihr und Harvard die beiden wilden Katzen geschossen?“ frug jetzt Greenford; „ich hörte doch, wie ihr ihm dadurch den Baum bezeichnetet.“

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Vertreibung der Mormonen aus Missouri