Die Toten wollen ihre Ruh'

Autor: Ueberlieferung
Themenbereiche
Inhaltsverzeichnis
Es ist noch gar nicht so lang her, da wohnte ein Student in Zirndorf, der gar zu neugierig war. Man hatte ihm auf der Schule erzählt, daß droben auf der alten Veste eine solch furchtbare Schlacht getobt hatte zwischen Wallensteinern und Schweden, und daß dort so viele Tote weit verstreut im Wald begraben lägen! Da dachte er nach alten Resten zu graben. Mit Spaten und mit Schaufeln stieg er hinauf auf den Berg und grub ein tiefes Loch heraus. Dann stieß er plötzlich auf einen unterirdischen Gang. Vorsichtig kletterte er hinunter und fand einen Weg in der Finsternis zwischen Steinen und Sand, bis er auf einmal vor einer schweren eisernen Türe stand.

Der Student schüttelte an den Pfosten. Er wollte genau wissen, was hinter der Tür war. Und wie er so rüttelte, gab's auf einmal einen Schlag, und die Tür sprang ganz von selber auf. Da stand vor ihm in grünlichem Schein ein Mann mit einem Totenschädel; trug die Uniform eines schwedischen Soldaten. Der hob seine Hand als wollte er nach dem Studentlein greifen. Der Bursch lief aber was er konnte. Das Gespenst kam hinter ihm her. Mit Gestolper und Fallen und mit großer Angst kam der Bursch durch sein Loch ins Freie, sprang hinunter über den Hang in das Städtlein und kam zu seinen Eltern. Dort erzählte er voll Schrecken und ganz verwirrt, was er droben auf dem Berg erlebt hatte. Als er in sein Zimmer kam, stand das schwedische Gerippe hinter seinem Bett und als der Junge in schwerer Krankheit fieberte, da meinte er, daß das Gespenst mit seinen langen Knochenfingern nach ihm greife und ihm das Herz aus der Brust reiße. So mußte der Student aus Zirndorf seine Neugier büßen; denn die Toten wollen ihre Ruh'.