Die Militärkolonien Russlands

Aus: Die deutschen Ansiedlungen in Russland - Einleitung 03
Autor: Matthäi, Friedrich (?-?) Offizier der kögl. Sächs. Armee, corresp. Mitglied der Kaiserl. freien ökonomischen Gesellschaft, sowie der Gartenbaugesellschaft zu St. Petersburg, Erscheinungsjahr: 1866
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Russland, Russen, Deutsche, Heimat, Auswanderung, Auswanderer, Kolonisten, Das Geschäftsleben der Bäcker und Apotheker, der Schneider, der Kaufleute, der Buchhändler, der Lehrer, Privatlehrer, Hauslehrer, Gymnasiallehrer, Universitätslehrer, Das Gesellschaftsleben, Die gute Gesellschaft, Die schlechte Gesellschaft, Die Frauen, Die Karten, Die Musik, Kosaken
Die Militärkolonien Russlands zerfallen wiederum in zwei Kategorien, in die Kosakenkolonien und in die eigentlichen Militärkolonien. Die Kosakenländereien werden nur von Kosaken bestimmter Stämme bewohnt, die zugleich Soldaten und Landwirte sind. Ursprünglich waren sie wohl freie Räuberbanden, die sich nach und nach durch Hinzuströmung aller möglichen Elemente zu einem Volke mit einer eignen Verfassung heranbildeten. Die ersten Kosakenstämme von Bedeutung gehörten vorzugsweise dem kleinrussischen Stamme an und ließen sich in der Ukraine nieder, die damals unter polnischem Zepter stand. Zu Russland kamen sie unter Peter I. und Katarina II., als diese das gesamte Kleinrussland ihrem Lande einverleibte. Durch lange Zeit waren diese ukränischen Kosaken die Vormauer der Christenheit gegen die Tataren und Türken. Als sie ihre Aufgabe in dieser Beziehung gelöst, die Türken in ihre Grenzen zurückgedrängt und die Tataren der Krim der russischen Gewalt unterworfen worden waren, verloren auch die Kosaken ihre Bedeutung, und um ihre gefahrdrohende Macht zu beseitigen, hob die Kaiserin Katarina II. 1775, ihre militärische und politische Verfassung auf und stellte sie mit den übrigen Reichsbewohnern gleich. Ein Teil dieser Kosaken wurde an die kaukasische Grenze übersiedelt, ein anderer wanderte nach der Türkei aus, kehrte aber während des russisch-türkischen Krieges wiederum nach Russland zurück, wo er neben seinen alten Brüdern am asowschen Meere Ländereien angewiesen erhielt. Ein zweiter Kosakenstamm bildete sich fast gleichzeitig mit den ukränischen Kosaken am Don; in ihm herrschte das großrussische Element vor, obgleich sich auch später Kleinrussen und selbst Tataren mit ihm vereinigten. Auch diese Kosaken waren ursprünglich Räuberbanden, gegen welche die russischen Großfürsten oftmals bewaffnet einschritten. Sowohl diese don’schen als die Ukrainer Kosaken sind als die Mutterstämme aller übrigen Kosakenstämme anzusehen. Von den don’schen Kosaken zweigten sich zuerst die Wolgakosaken, von diesen wiederum die sibirischen Kosaken, die unter ihrem Führer Jermok Sibirien eroberten, und die uralski’schen Kosaken ab.

Gegenwärtig gibt es folgende Kosakenstämme:

1) die kleinrussischen Kosaken am schwarzen Meere,
2) die klein- und großrussischen Kosaken an der kaukasischen Linie,
3) die don’schen Kosaken,
4) die uralski’schen Kosaken,
5) die orenburgischen Kosaken und
6) die sibirischen Kosaken, sämtliche Stämme mit einer Bevölkerung von zirka 1 Million Seelen, wovon als irreguläre Truppen in aktivem Dienste stehen 177.460 Mann, im Ganzen aber 307.000 dienstpflichtig sind.

Das Land der Kosaken, dessen Zivilverfassung auf der russischen Gemeindeverfassung beruht, ist abgabenfrei; kein russischer Adliger darf im Kosakenlande Grundeigentum besitzen, ebenso wenig die Krone, die nur das Recht hat, Wege, Kanäle und Festungen dort anzulegen. Die den don’schen Kosaken 1775 bewilligte Konstitution bildet noch heute die Grundlage für alle. Die Kosaken sind auf ihrem Grund und Boden freie Leute und nur zum Kriegsdienste verpflichtet.

Wesentlich verschieden sind die Militärkolonien, da das hier untergebrachte Militär nur gewissermaßen der Grundherr des an Kronbauern überlassenen Grund und Bodens ist. Diese Kronbauern haben die Verpflichtung, die bei ihnen einquartierten Soldaten zu verpflegen, Fourage zu liefern, oder sie zahlen für die ihnen überwiesenen Ländereien bestimmte Abgaben, die zum Unterhalte oder zur Verpflegung der Truppen verwendet werden. Die Idee, die dieser Kolonisation zu Grunde lag, ging dahin, dem Staate die Haltung einer großen schlagfertigen Armee zu gestatten, ohne ihm allzugroße Opfer aufzuerlegen, und ohne dem Lande die demselben so nötigen Arbeitskräfte zu entziehen, indem die in den Kolonien untergebrachten Soldaten angewiesen wurden, den Kolonisten bei ihren ländlichen Arbeiten behilflich zu sein; ein Zweck der allerdings nur teilweise erreicht wurde, da die Errichtung dieser Kolonien enorme Summen kostete. Den Soldaten und den Bauern ward eine vollständige Haus- und Hofeinrichtung gegeben und selbst der Viehstand komplettiert. Auf einem vollen Bauernhof, welchem in den Infanteriedistrikten 60, in den Kavalleriedistrikten 90 Dessätinen Land zugelegt wurden, waren 3 Paar Ochsen zum Feldbau, 1 Paar Reserveochsen, 2 Pferde, 2 Kühe und 12 Schafe als erforderlich gerechnet, v. Harthausen, der diese Kolonien namentlich die im Charkow’schen Gouvernement besuchte, bezeichnet den Zustand derselben als musterhaft. Nach ihm befinden sich in den westlichen Teilen des russischen Reiches, Europa gegenüber, in den Gouvernements Nowgorod, Charkow, Kiew, Cherson und Podolien, in vier großen Gruppen, 9 Regimenter und 3 Bataillons Infanterie, in einem Friedensetat von 29.950 Mann, 4 Regimenter Kürassiere, 4.600 Mann, die 2. leichte Gardekavalleriedivision von 3 Regimentern, in einem Bestande von 3.450 Mann, 10 Regimenter Uhlanen 13.810 Mann, 6 Regimenter Husaren zu 9.210 Mann, 10 Batterien reitende Artillerie 2.670 Mann, 2 Bataillone Regiments-Fuhrwesen 1.000 Mann, in Summa 82.260 Mann angesiedelt, ohne die Arbeitskompagnien und mobilen Arbeitsbataillons zu rechnen.

Zar Peter der Grosse

Zar Peter der Grosse

Alexander I. Kaiser von Russland

Alexander I. Kaiser von Russland

Alexander I. Zar von Russland

Alexander I. Zar von Russland

Garde Tscherkesse

Garde Tscherkesse

Grusiner

Grusiner

Kosaken beim Beutemachen 1913

Kosaken beim Beutemachen 1913

Kaukasische Kinder

Kaukasische Kinder

Kosaken und Tscherkessen

Kosaken und Tscherkessen

Mingerelier

Mingerelier

Tscherkesse

Tscherkesse

Kosaken

Kosaken