Die Gutsnachtwaechter

Autor: Redaktion Ostmecklenburgische Heimat. M. v. Roon, Erscheinungsjahr: 1928
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Güter, Bauern, Nachtwächter, Gutsfrau, Sittenbild, Sitten- und Kulturgeschichte, Landwirtschaft
Aus: Ostmecklenburgische Heimat. Halbmonatszeitschrift der „Teterower Nachrichten“ für ostmecklenburgische Heimatwerte und Landeskunde. Verantwortlich für den gesamten Inhalt: Studienrat Dr. Gerhard Böhmer. — Druck und Verlag von Hermann Decker, Teterow, Malchiner Straße 15. — Erscheinungsort Teterow. (Mecklenburgische Schweiz) 1. Jahrgang. 1928. [im Bestand des Stadtarchivs der Stadt Teterow]

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Eine Heimatzeitschrift „Ostmecklenburgische Heimat“ gab der Verlag Hermann Decker, Inhaber Ernst Vick, in den Jahren 1928 bis 1945 regelmäßig heraus. Die Auflage betrug 3000, später 4000 Exemplare.(Aus: Kurt Bernhard, Die Zeitungs- und Zeitschriften –Verlage in Mecklenburg, 1982/83) F. Herholz

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Inhaltsverzeichnis
Als der alte treue Nachtwächter meiner Heimat sein vierzigjähriges Dienstjubiläum feierte und mit einer - damals noch Großherzoglichen - Medaille geschmückt auf seinem bekränzten Ehrenplatz saß, hielt mein Vater ihm eine warme Rede. Scherzend erwähnte er auch darin die gelegentlichen Schläfchen, die den lieben Alten zuweilen bei seinem nächtlichen Handwerk überfielen, und wir bösen anderen dachten still und lächelnd an ein kleines Erlebnis, das für Vater Lössow nicht so sehr ruhmvoll war.

In einer stillen, warmen Sommernacht brach ein Fremder im Dorf ein, entnahm der Tagelöhnerspeisekammer eine Speckseite und mehrere Kleinigkeiten. Durch das Gebell seines recht boshaften Hundes „Moritz“ aufmerksam gemacht, störte Vater Lössow den Dieb durch sein Erscheinen recht wesentlich, machte aber diesen Fehler dadurch wieder gut, dass er ihm seine im Stall, wo er geruht hatte, vergessene Jacke einhändigte: „Hier hebben sei ehr Jack, dei hebben sei wol in'n Stall vergäten!“ - Damit war der Dieb entlassen. - Dies war der Nachtwächter meiner Gutstochterzeit. Die Gutsfrau erlebte noch mehr Variationen.

Zuerst kam Flader. Er war ein kleines, etwas struppiges Männchen, und jeden Abend kam er vom Nachbardorf herüber, auf seinen derben Knotenstock gestützt, den langen grauen Mantel um sich flatternd! Einmal trafen wir ihn abends spät in unserm vor der Seuche gnädig bewahrten Kuhstall, während an sämtlichen Nachbarhöfen ein Plakat hing: „Maul- und Klauenseuche!“ Auf einmal schießt ein schreckensvoller Gedanke durch das Hirn der Gutsfrau. „Flader, Sie gehen doch im Vorwerk nicht in den Kuhstall?“ Flader grinst behaglich: „O ja, gnädige Frau, alle Tage, um meine Milch zu holend“ – Tableau! - Aber Gott behütete trotz Flader unser Vieh - und alles blieb gesund. - Flader war sehr musikliebend, um nicht musikalisch zu sagen. So scholl seine Stimme dröhnend durch das nächtliche Dunkel über den Hof! Ob er damit eigenes Grauen oder nahende Diebe verscheuchen wollte, wer kann’s wissen? Ein bisschen aber galten auch uns seine Lieder, das merkten wir an der Auswahl. Solange er uns noch wach wähnte, beliebte er, sich in Chorälen oder Vaterlandsliedern zu ergehen, schienen wir fest zu schlafen, schmetterte er einen weniger schönen Gesang, dessen Refrain lautete: „Und er schlug sie alle tot!“

Eines Tages war große Aufregung. Flader vermisste seine Geldtasche mit 300 Mark Inhalt. (Es war kurz vor der Inflation). Alles suchte vergeblich! Flader setzte sogar ein Inserat ins Blättchen – erfolglos! Bis eines Tages die Mamsell beim Gurkenholen mitten im Gurkenbeet die Vermisste fand!! Das gab freilich zu allerlei Vermutungen Anlass, die Flader zu zerstreuen suchte, indem er erklärte, er habe seinerzeit ein paar Diebe aus dem Beete verjagt, dabei sei ihm die Tasche sicher entfallen!! -

Als Flader sich zu alt für den Weg bis zu uns fühlte, suchten wir nach Ersatz. Ein würdiger älterer Herr aus dem nahen Städtchen nahm huldvoll den Posten entgegen. Aber seine Vorliebe für die Eier, die unsere Hühner zum Teil gern an einer stillen Stelle ihres Hofes versteckten, machte ihn bald nicht mehr wünschenswert für einen Vertrauensposten.

Ihm folgte ein riesengroßer Rollkutscher aus Berlin, der sich im Städtchen zur Ruhe gesetzt hatte und der sich wieder nach Beschäftigung sehnte. Er gehörte zu denen, die die Arbeit nicht gern „aufregen“. Außerdem war er äußerst besorgt um seine zarte Gesundheit. Bescheidene Angaben und Wünsche der Gutsfrau bezüglich kleiner Arbeiten im Garten wies er hoheitsvoll in ihre Schranken zurück. „Lassen Sie man, das werde ich schon machen.“ Er konnte sie aber auch freundlich auffordern! „Wenn Sie etwas wollen, so kommen Sie nur immer zu mir.“ Mit eben so viel Würde und Ruhe schritt er des Mittags über den Hof, den Hundetrog am Arm, die andere Hand vorgestreckt, wie um das Gleichgewicht zu wahren - und brachte Lotte und Lola, seinen nächtlichen Spießgesellen, ihre Mahlzeit. Allmählich erlahmte aber mehr und mehr der Eifer. Der Rollwagenkutscher verordnete sich selbst Bettruhe, um ein harmloses Schnüpfchen auszukurieren und empfing unsere Krankenbesuche mit der Gelassenheit einer Iphigenie. Nur dass der Gutsherr nicht kam, monierte er mit dem klassischen Ausspruch: „Ich dachte, der Herr würde kommen und mir etwas geistlichen Zuspruch bringen.“ Diesen Zuspruch - allerdings nicht sehr geistlich - brachte ihm aber statt dessen der Inspektor und entpuppte sich dabei als ein sehr guter Diagnostiker. Der Rollkutscher genas überraschend schnell. - Ihm folgte „Heinrichs Papa“ Um diese Bezeichnung zu erklären muss man etwas länger ausholen.

Arbeitspause für Mensch und Tier

Arbeitspause für Mensch und Tier

Bauer mit Pferd

Bauer mit Pferd

Bauern beim Dreschen

Bauern beim Dreschen

Federvieh

Federvieh

Getreideernte, ein Fuder Getreidegarben

Getreideernte, ein Fuder Getreidegarben

Getreideernte

Getreideernte

Kühe auf der Wiese

Kühe auf der Wiese

Kühe im Stall

Kühe im Stall

Mittagspause bei der Feldarbeit

Mittagspause bei der Feldarbeit

Mittagstisch auf dem Bauernhof

Mittagstisch auf dem Bauernhof

Ochsengespann

Ochsengespann

Pferdeknecht beim Pferdefüttern

Pferdeknecht beim Pferdefüttern

Pferdestall auf dem Gut

Pferdestall auf dem Gut