Entwurf der weiblichen Schönheit

Hat Euch Anakreons Mädchen gefallen? Je nun, so fraget Euch selbst, wodurch sie in Eurem Gemüte dies habe bewirkt. Oder waren es nicht zuvörderst die lieblichen Formen des jungfräulichen Körpers , deren stille Verbindung, der ruhige Ausdruck der Seele, die rosige Farbe der Haut, was alles zusammen so schnell Euch bezaubert, so tief Euch gerührt? Und habt Ihr nicht darum von selbst schon die einzelnen Punkte als geltende Züge der weiblichen Schönheit bezeichnet, und dafür erklärt?

Habt Ihr nicht auch schon einmal erfahren, Ihr Richter der weiblich bildenden Kunst, was ein weiblicher Kopf gefällig gestellt; was ein holdseliges Auge, von Amor umflattert, das langsam sich drehend mit Sanftmut Euch anblickt; was ein liebliches Lächeln, ein freundlich gesprochen erweichendes Wort aus dem Mund eines Weibes; ein gleich den Wellen der See, am äußersten Rande des Ufers vom spielenden Zephyr erregt, sanft auf und nieder wallender Busen; eine zart gebogene Stellung, eine leicht schwankende Haltung des Körpers; kurz, was graziöse Bewegungen aller beweglichen Glieder des weiblichen Körpers aufs Auge und Herz und Verstand des Schauenden wirken? Und nennt Ihr nicht auch dies alles gleich nötige Schönheits-Momente des Weibes?


So wären denn aber nach Euerer Meinung, die lieblichen Formen des weiblichen Körpers es wohl nicht allein, die den mächtigen Zauber der weiblichen Schönheit erregen. Auch sollen noch sanftes Profil, gefällige Haltung mit leichter Bewegung des Körpers mit jenen zugleich, in demselbigen Range, mit demselbigen Rechte zur Zeichnung der Schönheit des Weibes gehören! Und dennoch bringen Beide auch zweierlei Arten von Schönheit hervor, von einander verschieden, wie sie selbsten an sich, verschieden wie Raum von der Zeit. Die erstere nämlich gilt einzig dem Körper, als Körper betrachtet, der eigene Vorwurf des Malers; die andere schränket sich ein auf dessen Bewegungen, wie sie zusammengereiht zu einerlei Zweck hinarbeiten, und dadurch Handlung erzeugen, des Dichters nächste Bestimmung. Ich möchte so gerne daher die erste der Arten der weiblichen Schönheit malerisch nennen, und dieser entgegen die zweite poetische heißen, um jede derselben als eine besondere gleich von einander genau unterscheiden zu können. Und überdem sind sie auch beide an sich verschieden von Seiten der Anlage, welche sie beide wohl einzeln zu nehmen, um eigends das Eig'ne zu zeugen; so wie auch von Seiten der Wirkung, die jede besonders erzeugt. Denn sollen die beiderlei Arten der weiblichen Schönheit den eigenen Zweck nicht verfehlen: so müssen die Formen und Farbe und Ausdruck des Weibes Gestalt permanent; transitorisch dagegen die schönen Bewegungen sein. Und während die Schönheit der weiblichen Formen dem Auge gefällt, den Verstand zu sich ziehet; bezaubert ein anderes Weib durch schöne Bewegungen ihrer geschmeidigen Glieder, und fesselt des Sehers Gemüt, auch wenn sie verloschen, noch mächtig an sich, weil wir in der Folge und Ferne weit leichter und heller derselben uns können erinnern, als bloß nur der Formen, der Farben, des Ausdrucks des Körpers.

Doch hütet Euch ja, Ihr holden Geschöpft, und lasset Euch nicht durch letzterer Schönheit eindringenden Zauber verführen, dieselbe allein für die wahre zu halten, allein sie zu pflegen; die erste dagegen geringer zu achten, und weniger Sorgfalt derselben zu widmen. Denn wisset: die plastische Schönheit des Weibes verdienet allein nur mit Recht den Namen der Schönheit; nur dieser verdanket die liebliche Haltung des Körpers den mächtigen Reitz, der aufhört zu wirken, wenn diese erlischt, sich leicht in Grimasse umwandelt, wo diese ermangelt; da sonst die poetische Schönheit des Körpers der plastischen untergeordnet, nur Mittel zum Zweck, das Zaubergemälde des lieblich gebildeten weiblichen Leibes nur zu heben vermag. Doch will ich damit die poetische Seite der weiblichen Schönheit auch gar nicht verdunkeln, geschweige verdrangen; nur beider Verhältnis zusammen genauer bestimmen; genauer erörtern, was eine der anderen schuldig, was eine der anderen wert.

Sind auch gleichwohl Malerei, so wie Poesie von einander geschieden, nur selten und schwer zu vereinen; so gibt doch das Weib das schicklichste Band für beide zusammen: denn nicht nur bloß Körper ist es; auch ist noch Bewegung und Leben in ihm. Darum muss die Frage, was weibliche Schönheit erheische, nur dahin beantwortet werden. Die Bildung des weiblichen Körpers muss malerisch sein, und poetisch der Schmuck, wenn weibliche Schönheit vollkommen soll leisten, was Kunst und Natur, idealisch vereint, am Weibe zu wirken vermögen; ein erhabnes Gemälde, voll Schönheit und Reitz, voll Leben und Handlung, erscheine nur immer das liebende Weib, und willig gibt Jeder dem mächtigen Zauber der weiblichen Schönheit sich hin.

Nur fragt es sich weiter, worin denn die einzelnen Punkte der weiblichen Schönheit bestehen; wie diese beschaffen sein müssen, um sicher den eigenen Zweck der weiblichen Schönheit erreichen zu können. Ich glaube daher am besten vor Allem dieselben entziffern, dieselben erörtern zu müssen, damit man erkenne, worauf denn zunächst die Schöne zu sehen; damit sie zugleich auch begreife, warum in der Folge der Schrift vor Manchem mit Nachdruck gewarnt, so Manches hinwiederum werde besonders empfohlen. Doch muss ich bemerken, dass ich nur der plastischen Schönheit des weiblichen Körpers, die einzig nur malerisch ist, allein hier gedenke, für diese allein diätetische Regeln hier gebe; und was die poetische Schönheit, die Regeln derselben, und was sonst noch alles betrifft, ich für die demnächst zu erscheinende Zeitschrift: Georgia, besser und lieber verspare *). So viel es indessen hier tunlich, bin ich doch gesonnen, die Reize der einzelnen Teile des weiblichen Körpers, wenn auch nur in flüchtigen Zügen, zugleich mit zu schildern. Doch will ich mit Nichtem die Schönheit der göttlichen, nein nur der menschlichen, und zwar zuvörderst des Weibes Natur im Kleinen Euch zeichnen; des Weibes, worin es gottähnlich, wodurch es bezaubert, und Aller Gemüt an sich fesselt.

*) Ich werde nämlich mit dem Anfange des Jahres 1806, in der Verlagshandlung des Herrn Buchhändler H. Gräff in Leipzig, eine Zeitschrift unter dem Namen: Georgia, oder der Mensch im Leben und im Staate, in der Gestalt, wie der Freimütige oder die Zeitung für die elegante Welt, von den ersten und besten Köpfen Deutschlands unterstützt, herausgeben, und in derselben unter andern das Kapitel sowohl über die malerische, als auch über die poetische Schönheit des Körpers, besonders des weiblichen, eigens und näher detailliert abhandeln; weshalb ich die Leserinnen dieser Schrift auch schon darum auf jene Zeitschrift glaube aufmerksam machen zu dürfen, und deshalb hinweisen zu müssen.

Wünscht Ihr daher die sicheren Zeichen der Schönheit des weiblichen Körpers zu finden, zu kennen; so suchet sie ja nur vor Allem in seiner Gestalt, deren einzelnen Formen, so wie in der Farbe und Ausdruck desselben. Nur diese dreieinigen Punkte verleihen zuvörderst der weiblichen Schönheit die magische Kraft, die jeglichem Sinn' die Besonnenheit raubet, das Leben in Traum, den Traum in Leben verwandelt. Doch ist die Gestalt samt den Formen des weiblichen Körpers der eigene mittlere Punkt, um welchen die Farbe, der Ausdruck im Kreise sich drehen, demselben ihr höheres Leben, ihre tiefere sinnige Deutung verdanken; zugleich aber auch hinwieder das strebende Leben der Formen nach Außen im Ganzen erheben.

Dennoch hat jede der dreien Bedingungen weiblicher Schönheit ihr Eigenes wieder, was weislich erwogen, und treu beibehalten muss werden.

Zur Schönheit des Weibes Gestalt überhaupt wird erfordert, dass frei, wie der innere kräftige Trieb der Natur es erheischt, die Entwicklung der einzelnen Glieder und Formen des Körpers geschehe, damit an der schlanken und zierlichen Taille die erhabene Größe sich zeige, die in jedem Gemüte das mächtige Wunder der weiblichen Schönheit und Anmut erreget. Verjünget nur einmal den Maßstab an einen auch noch so schönen Gemälde zur Miniatur; und schnell wird in Euch erlöschen der vorige kräftige Eindruck seiner natürlichen Größe.

Doch müssen zugleich auch, bei freier Entwicklung der sämtlichen Formen, der Umfang des Rumpfes, die Stärke und Größe der ihn unterstützenden Füße, die Zierlichkeit aller der oberen Glieder, so wie die besondern Partien des Körpers in gleichem Verhältnisse stehen, gleichförmig dieselben einander sich heben, zur völligen Einheit verbunden, so dass man mit eins das Ganze kann schauen. Sonach darf keiner der einzelnen Teile des Körpers vorstechen; nicht eine Partie durch Umfang, durch Größe, durch Stärke die andern verkleinern, geschweige verdrängen, in Schatten sie setzen; vielmehr muss das höhere Licht auf alle die einzelnen Glieder gleich scheinen verteilt. Nur Hals und Schenkel und Waden erlauben allein eine eigne Vergrößerung, ohne dem Ganzen zu schaden; ja über die gewöhnliche Länge, doch mäßig, gestreckt, verleihen sie mehr noch dem weiblichen Körper anmutige Größe.

Und kommt noch zu diesem das Ebenmaß aller der einzelnen Glieder; so wird selbst die mächtige Kraft der Einheit um vieles dadurch noch erhoben, um vieles dadurch noch verstärkt. Ein schielendes Auge, ein höckeriger Rücken, ein hinkender Fuß, zwei ähnliche Glieder von ungleicher Länge, ein seitwärts gezogener Mund und so weiter, entstellen den herrlichsten Körper; während die pünktliche Gleichung der Augen, der Ohren, der Arme, der sphärischen Hälften des Busens das Auge gar lieblich ergötzen.

Nur darf nicht die Gleichheit der einzelnen Glieder des Körpers zur Dürre der Zahlenfigur sich abskelettieren. Es müssen vielmehr mit der Zartheit des kindlichen Temperaments, in der Stärke und Fülle der Jugend, und frisch wie der Frühling, die Glieder am weiblichen Körper sich wölben, und ihre Profile, so lieblich als still, in flüssig ablenkendem Umriss in einander sich senken.

Durch solch eine zarte und leichte Verbindung der wechselnden Formen gewinnen dieselben den einfachen Schmuck, der einzig harmonischen Einklang der sämtlichen Formen bewirkt. Und gesellt sich zur Einheit und Einfalt der einzelnen Glieder des Körpers noch ihre geeignete Größe; so wird selbst die weibliche Schönheit zugleich auch erhaben. In diesem erhabenen Style das Ganze geordnet, erscheinet das Weib auf einer weit höheren Stufe, als die alltägliche Menschen-Natur; einer edleren Abkunft scheint jeglicher Theil des weiblichen Körpers vom göttlichen Feuer belebt: ein einfaches Thema das Ganze.

Die Farbe betreffend der Haut, zwar selbst kein eigner Bestandteil der wirklichen Schönheit, nur günstiges Mittel, durch Schatten und Licht die Formen des Körpers zu heben, verdienet sie darum von Frauen erwogen zu werden. Da aber vor anderen Farben die weiße die größere Menge des strahlenden Lichtes zurückwirft; so ist es von selbsten schon klar, dass diese vor allen dem Körper diejenige Größe verleihe, durch welche der Adel, die Würde der sämtlichen Formen am meisten gewinnen. Nur hüte man sich, das lautere Licht der rein weißen Farbe fürs Wahre, fürs Beste des weiblichen Körpers zu halten; denn diese verscheucht jede Mischung von Schatten und Licht, gibt vielmehr dem Körper den Anstrich, gleich einer leblosen Statue, in Gips geformt. Die geeignete Schönheit der Farbe des weiblichen Körpers bestehet allein in der Karnation [Fleischton auf Gemälden], das heißt: in der glücklichen Mischung der zarten Nuancen des reinen lebendigen Bluts mit dem Purpur und Gelben und Blauen und Weißen des Teints. Nur dieser verdanket die weibliche Schönheit das große Entzücken, was Frauen bei zartem und feinem Gewebe der Haut durch mild kolorierte Schattierung der Netzhaut derselben allein zu bewirken vermögen. Doch tut dies die Schminke bei weitem nicht so, wie das Feuer der eigenen Farbe des Körpers, durch eigene Kräfte, aus eigenen Mitteln erzeugt. Nur die kann des sichern Triumphes, des bleibenden Eindrucks der Wirkung desselben sich rühmen, sich freuen.

Indessen sind beide erwähnte Momente der Schönheit, die Form wie die Farbe, nicht bloß von dem Körper, als Körper, bedingt; ja beide vielmehr so lange gefährdet, als sich nicht die Seele zugleich mit dem Körper zum nämlichen Zwecke verstehet. Denn was ist der Körper selbst anders, als leiblicher äußerer Abdruck der inneren geistigen Formen der Seele? Nur beide durch Leben vereinigt bestimmen den Menschen als Menschen; und jede Erregung der Seele verkündet im Äußern des Körpers durch eigene Handlungen sich. Nur diese, der eigenste Ausdruck der Seele, als Geist und Gemüt, sind’s einzig allein, die die Schönheit der Formen, der Farbe des Körpers zur menschlichen stempeln. Doch ist auch nicht jeglicher Ausdruck der innern Erregung der Seele zu Gunsten der weiblichen Schönheit geeignet; so mancher derselben gerade entgegen. Besonders verändern Gemüts-Bewegungen, heftig erregt, den ruhigen Zug des Gesichtes, die liebliche Haltung des Körpers, die zarten Profile und Formen der einzelnen Teile und Glieder desselben.

Nur Bildung des Geistes und Herzens, nur edle Affekte mit Sanftmut gepaart, nur stille Geberde, gesittetes Wesen, nur Ruh des Gemütes, wohlwollende Neigung, und was noch die mäßige Freude, die göttliche Liebe zu geben vermögen; nur diese Momente gewähren die nötige Schönheit des Ausdrucks. Nur dies Element der plastischen Schönheit des Weibes verleihet der Schöne den unwiderstehlichen Zauber; wo dieses dagegen gebricht, scheint albern auch selbsten das schönste Gesicht.

Dies wären denn also die eigenen nötigen Züge der plastischen Schönheit des Weibes, die einzig nur malerisch ist. Vollendet indessen wird dann das Gemälde der weiblichen Schönheit nur sein, wenn die oben beschriebenen weiblichen Reize zur plastischen Schönheit sich reihen. Sind beide, die plastische und die poetische Schönheit, mit wahrem Verstande am Weibe geordnet, gehörig verbunden; dann werden sie immer das irdische Weib zur Gottheit erheben.

Ich sage: zur Gottheit erheben; und weiß auch, dass Ihr dahin, Ihr lieblichen Frauen, Euch möchtet am liebsten erheben. Doch gibt es der weiblichen Gottheiten mehrere, welche wohl alle gefallen. In welcher derselben besonders Ihr Euch wollt erheben, ist Euch nur allein überlassen; nur sorget dann auch, dass Ihr jene, die Ihr Euch zum Vorbild gewählt, auch treulich kopieret, und ihren Charakter durch fremde Verzierung, wie öfters geschieht, nicht entstellet, und so karikiert. Zu diesem Behufe will ich hier zum Überfluss dies noch in Kurzem bemerken.

Venus, die Göttin der Liebe, die Ihr doch zu scheinen am meisten noch wünscht, erscheint als solche gleich einer aufbrechenden Rose beim Aufgang der Sonne, umflossen von allen den lieblichen Reitzen, die uns an geliebten Objekten entzücken, doch sittsam verschämt. Wenn aber die kindlichen Züge der Scham euch missfallen, statt dieser ihr mehr Majestätisches liebt; dann seid Ihr nicht Venus; dann seid Ihr mehr Juno; dann müsset Ihr aber zum Muster fürs Ganze auch Juno Euch wählen. Auf ähnliche Weise verhält sich's, wenn Frauen statt lieblicher Reize sich männlich gebieterische wählen; denn diese bezeichnen Minervas Charakter. Jungfräuliche Züchtigkeit aber, die jegliche weibliche Schwäche, ja selbsten die Liebe besieget, nicht kindlich verschämt, nicht königlich stolz, nicht männlich geschmückt und gebieterisch, nur eigens in stiller Betrachtung am meisten nur sich zu gefallen bestrebt ist; ein solches Gemälde stellt Pallas, die Göttin, uns vor u. s. w.

Was endlich die Schönheit der einzelnen Teile des weiblichen Körpers noch anlangt, so muss ich bekennen, dass selbst in den größeren Städten vollkommen in griechischem Style gebildete Teile sehr selten an Fragen zu finden, weil selbst die Natur mit der Zeugung idealisch gebildeter Körper eben so sparsam, wie mit der Schöpfung genialischer Geister verfährt; und was die Natur denn nun einmal versaget, durch künstliche Bildung auch gar nicht zu geben. Indess sind der einzelnen Formen an unseren Frauen doch auch nicht so wenig, die, wenn auch nicht griechischen Styls, doch darum sogleich nicht für unschön zu halten; ja wirklich, nur richtig beachtet, gehörig gepflegt, ein gar lieblich Gemälde zu geben vermögen. Vergiss nur die Schöne der vorhin erwähnten Bedingungen weiblicher Schönheit nicht ganz; sind die Glieder des Körpers nur nicht missgestaltet, nicht ihre Profile zerrissen; dann steht es im Vermögen der Dame allein, zur wirklichen Schönheit empor sich zu heben. Zu diesem Behufe will ich hier die nötigsten Züge der wichtigsten Teile des weiblichen Leibs noch bemerken, doch einzig nur jene, die wirklich am Weibe sich finden, und selbst noch der Ausbildung fähig; die anderen seltneren Zeichen idealischer Schönheit der einzelnen Gebilde des weiblichen Körpers dagegen, die so schon bekannt, auch gar nicht berühren.

Wenn es indessen erwiesen, dass, was am Gebilde der weiblichen Schönheit gewöhnlich vor allem am schnellsten und stärksten bezaubert, das weibliche Gesicht ist, so ist es von selbst schon begreiflich, warum auch die Frauen die größere Sorge und Pflege demselben vergönnen und widmen. Nur ist zu bedauern, dass häufig hier Dinge geschehen, die gerade das Gegenteil wirken, und inneren Schaden dem eigenen Körper selbst bringen. Denn was dem Gesichte des Weibes die zauberische Schönheit verleihet, sind nur die erhabenen, runden und vollen Partieen, die weichen, geschmeidig beweglichen Muskeln, die feineren Nerven, das feine und straffe Gewebe der Zellen der Haut, das Weiße des Teints, durch welchen hindurch man ersehe, wie lieblich die bläulichen Adern in reizenden Windungen auf dem zarten und rosigen Samt der jungfräulichen Wangen sich schlängeln. Ist völlig und grad das Gesicht, so bildet sich Großheit ihm an; und senken die Formen dabei sich noch sanft in einander, dann ist auch das Zärtliche ihm noch verliehen.

Den Zauber solch eines Gesichtes verstärken um vieles noch große, lebendige, feurige Augen, verbunden mit Feinheit und Zartheit des Blickes; zumal wenn die Haare am oberen Knochen-Gewölbe der Augen gehörig gewölbt, sich weder begegnen noch trennen, sehr fein, doch auch nicht zu dünne; die Wimper der Augen garniert und lang, und sanft wie Seide gebogen. Und kömmt noch zu diesem ein kleiner und zarter und reinlicher Mund, wohl versehen mit kleinen, gleichförmigen, leicht abgerundeten Zähnen hinzu; dann kann es dem weiblichen Gesichte an Schönheit des Ausdrucks und Lieblichkeit obendrein auch gar nicht mangeln.

Was endlich den Eindruck der einzelnen Partieen, so wie auch des ganzen Gesichtes verstärkt, sind die Haare des Hauptes. Nur müssen dieselben zu vörderst geschmeidig, und fein, und mit weislicher Schonung geordnet, und rund um die Stirne bis über die Schläfe geformt und gelegt sein, damit so die lieblich ovale Gestalt des Gesichtes erscheine.

Auch könnte man hierher wohl einiger Maßen noch rechnen den Hals; dann aber ist deshalb auch dies zu bemerken. Zur Schönheit des weiblichen Halses gehören ein schlanker und zierlicher Wuchs, ein schönes Karnat [Farbe der menschlichen Haut in der Malerei], nebst gehöriger fleischiger Völle, damit sie die Knorpeln und größeren Muskeln des Halses bedecke, und durch sanft gebogene Wölbung den Kopf mit dem Rumpfe verbinde. Solch eine Gestalt des weiblichen Halses verleihet der ganzen Figur viel Anmut und Grazie.

Die Brust an dem Weibe betreffend, gefällt an derselben vorzüglich die prächtig gewölbte Erhobenheit, die liebliche Rundung der einzelnen Formen derselben, die milchblaue Farbe der Haut; und gesellet sich noch eine mäßige Größe, eine zierlich? Form beider Brüste hinzu, dann wirket der weibliche Busen aufs Auge, wie auf das Gefühl gleich angenehm.

Und sollen die Schultern, die nächstens gelegenen Teile der Brust, zur weiblichen Schönheit das Ihre beitragen; so müssen dieselben durch mäßige Fülle der Fetthaut die darunter liegenden Muskeln bedecken, und rundlich gewölbt sein.

Der Unterleib tritt zwar am Weibe gewöhnlich weit starker hervor, als am Manne, und ist auch weit runder; doch schmückt Wohlbeleibtheit und Dicke des Bauches die Schöne nicht gut, und verdirbt ganz das Zierliche, Weiche und Schlanke der Taille; indessen ein magerer Leib dem Weibe fast jegliche Zierde, ja alles Gedeihen der weiblichen Schönheit entzieht.

Auch haben noch Hände und Arme und Füße ihre eigenen Arten von Schönheit, die von Frauen verdienen beachtet zu werden.

Zur Schönheit der Hände gehört eine mäßige Völle der Fetthaut derselben, wobei die Gelenke der Glieder kaum merklich durch Grübchen bezeichnet, die Knöchel der Finger pyramidalisch geformt sind.

Vollendung und Reinheit der Zeichnung, und fließender Umriss der Formen bezeichnen beim Weibe die Schönheit der Arme.
Die eigene Schönheit des Fußes bestehet denn endlich noch darin, dass er im Umkreis der zierlichen Form der Ellipse sich nähere, gleichfalls eine mäßige Völle der Fetthaut den Knöchel und die Röhre des Schienbeines decke, die Waden auch zierlich sich formen, und endlich das Bein selbst unmerklich und sanft in den Schenkel sich senke, und gleiche wollüstige Völle demselben verleihe.

Zuletzt noch die hintern Erhöhungen ober den Schenkeln betreffend; so heischen dieselben nur solch eine Rundung und Wölbung, dass von den unteren Gliedern zum Rumpf sich ein lieblicher Übergang bilde; was fettige Dicke und Magerkeit beide verderben.

Dies sind nun die einzelnen eigenen Züge und Zeichen der Schönheit des weiblichen Körpers. Sind diese gleich schwer in der Wirklichkeit alle beisammen zu finden; ist selbst die vollendetste Schönheit des irdischen Weibes noch weit vom Ideale entfernt und verschieden, soll sich darum die Schöne der Mühe wohl lassen gereuen, dasjenige, was zu Gunsten der weiblichen Schönheit vonnöten, zu tun, damit sie sich in dem Besitze der wirklich vorhandenen Schönheits-Momente an sich fest erhalte, es mögen derselben so wenig auch sein, als nur wollen? Und vermag denn nicht auch noch die plastische Kraft des weiblichen Körpers, gehörig gepfleget, so Manches zuweilen zu geben, so Manches noch besser zu formen, noch schön auszubilden? Wie alles dies möglicher Weise aus eigenen Mitteln und Kräften des weiblichen Körpers am besten und sichersten könne geschehen, will ich nun in Folgendem einzeln erörtern.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Diätetik der weiblichen Schönheit