Letzte Vorbereitungen für den großen Kampf gegen die Franzosen und Indianer

Der folgende Tag war ein Sonntag, aber er brachte den Deutschen am Mohawk und Creek keine Sabbatruhe, sondern eitel Arbeit, Mühe, Lärm und Verwirrung. Vom frühesten Morgen schwärmte es in allen Ansiedlungen wie in einem Bienenkorbe. Da wurde von den Weibern gerüstet und gepackt; da wurden an klüglich ausgesuchten, möglichst verborgenen Orten Gruben gegraben, in die man so manches wertvolle Stück barg, das man nicht wohl mit fortschleppen konnte; da brachten die Männer ihre Waffen in Stand, oder holten das Vieh von den Weiden und aus den Wäldern und schlossen es in die Hürden ein, um es jeden Augenblick entweder nach dem Fort oder nach dem Herckheimer'schen Hause treiben zu können, wie man denn gestern Abend die Ordre erhalten hatte; da eilten Boten geschäftig hin und her; von Zeit zu Zeit sprengte ein Reiter vorüber nach einem der Sammelplätze, welche für die drei fliegenden Corps bestimmt waren; und es überkam Alle ein Gefühl von Sicherheit und von Stolz, als ein paar Stunden später ein solches Geschwader, das aus vierundzwanzig wohlberittenen und bewaffneten jungen Leuten bestand, unter Anführung von Karl Herckheimer, Richards älterem Bruder, den Flusse hinauftrabte, um eine Recognoscirung nach dem Black River hin zu machen, wie sie den Begegnenden zuriefen. Auch die beiden neuen Fähren waren schon gegen Mittag eingerichtet. Man überzeugte sich, wie nützlich diese Anordnung, welche gestern so lebhaften Widerspruch gefunden, schon für den Augenblick war und nun gar, wenn es wirklich zur Flucht kam. Doch wurde es mehr als einem schwer, an diese Möglichkeit zu glauben: schien doch die Sonne so goldig vom blauen Himmel herab und die Vögel sangen so lustig in den Bäumen und von dem Kirchlein auf dem Hügel in der Ebene kam der Ton der kleinen Glocke so hell über die stillen Felder! Aber freilich — am zwölften November des vorigen .Jahres war die Sonne auch hell aufgegangen, und als sie unterging, hatten ihr die Flammen von mehr als einem brennenden Hause nachgeleuchtet, und auf den Feldern hatte mehr als Einer gelegen, der sie nie wieder sollte aufgehen sehen. Die Erinnerung jenes entsetzlichen Tages war noch zu frisch in Allen, als dass auch die Leichtfertigsten sich gegen den Ernst der Gegenwart hätten verschließen können; und wie bitter der Gedanke war, Haus und Hof dem ruchlosen Feinde unbeschützt überantworten zu müssen, man wiederholte sich ein Wort Herckheimers vom vorigen Tage dass Alles, nur das Leben selbst nicht, wieder zu ersetzen sei, und fügte sich, mehr oder weniger willig, in das Unvermeidliche.

Auch in dem sonst so stillen Hause am Creek war heute ein rastloses Treiben. Jakob Ehrlich und Anton Biermann vom Mohawk waren gekommen, ausgerüstet mit ihren Büchsen und mit einem großen Sack Munition, den ihnen Herckheimer mitgegeben, und die derben Burschen den ganzen Weg den Creek aufwärts abwechselnd getragen hatten. Nun wurde das Pulver, zu welchem jeder seinen Vorrat hinzutat, gleichmäßig verteilt, und die Kaliber der Büchsen gemessen, wobei es sich herausstellte, dass man nur zwei verschiedene Größen Kugeln zu gießen haben würde. Mit diesem Geschäft betraute Lambert Adam Bellinger, nachdem ihm dieser unter vier Augen nicht ohne eine gewisse Feierlichkeit erklärt hatte, wie es sein ernstlicher Wille sei, zu bleiben und jede Gefahr mit ihm und den Andern zu teilen, sintemal es ihm vor den Franzosen keineswegs heimlich sei, er aber doch das Pfeifen ihrer Kugeln und das Kriegsgeschrei der Indianer noch immer lieber hören wolle, als das Gelächter seiner Frauenzimmer, wenn er nun unverrichteter Sache zurückkehrte. Lambert hatte Mitleid mit dem armen ehrlichen Schelm, um so mehr, als auch Katharine sich ihres täppischen Verehrers annahm und für seine Wunderlichkeiten stets ein gutmütiges Lächeln hatte.


In dem Kriegsrat der sechs jungen Leute war beschlossen worden, dass man den Hof, welcher aus guten Gründen so weit vom Hause angelegt war, ohne weiteres aufgeben und sich nur auf die Verteidigung des letzteren beschränken müsse. Der Vorschlag Richards, das Wasser des Creek in den trockenen Graben zu leiten, welcher die steinerne Einfriedigung am Fuße des Hügels umgab, wurde als voraussichtlich zu zeitraubend verworfen; dafür aber beschlossen, den fast verschütteten Graben möglichst zu vertiefen und die an manchen Stellen schadhaft gewordene Einfriedigung auszubessern und zu erhöhen, auch die Eingangsöffnung, der Haustür gegenüber, durch Steine und Bretter gänzlich zu sperren und sich unterdessen mit einer leicht wieder abzuwerfenden Brücke über Mauer und Graben weg zu behelfen. Für das Haus selbst fand sich wenig zu tun; doch wurden die starken Läden, mit welchen die Schießscharten des Erdgeschosses, gleich den Stückpforten eines Kriegsschiffes, von innen verschlossen werden konnten, sorgfaltig nachgesehen; ebenso die runden Löcher in dem Fußboden der Galerie, durch welche man von oben auf den Feind feuern konnte, falls es demselben gelang, an das Haus selbst und unter die Galerie vorzudringen. In das Dach wurden noch einige Luken geschnitten, um auch von hier aus die Heranrückenden mit zwei besonders weit tragenden Büchsen zu begrüßen.

Während die Männer in dieser Weise arbeiteten waren Katharine und Base Ursel, die sich bereits am frühen Morgen wieder eingestellt hatte, nicht müßig gewesen. Wasser brauchte glücklicherweise nicht erst herbeigeschafft zu werden. Der von Lamberts Vater wohlweislich und mit unsäglicher Mühe im Innern des Hauses angebrachte Brunnen gewährte reichlich so viel man bedurfte; aber mit dem Vorrat an Nahrungsmitteln sah es für den Augenblick desto misslicher aus. Konrad hatte während Lamberts Abwesenheit, seiner Jägergewohnheit gemäß, von der Hand in den Mund gelebt und Katharine selbstverständlich noch seine Zeit gehabt, das Fehlende zu ergänzen. So mußte denn nun Adam wiederholt den glücklicherweise nicht allzu weiten Weg nach dem Dittmar'schen Hause leer antreten, um mit Broten, Schinken und anderen guten Dingen bepackt, zurückzukehren, — jedesmal von dem lauten Hallo seiner lustigen Gefährten empfangen; — bis Base Ursel erklärte, es sei nun für acht Tage ausreichend gesorgt. Zu größerer Vorsicht hatte man noch ein Paar Hammel von Lamberts kleiner Herde in die Einfriedigung getrieben, wo auch der Hans in dem kurzen Grase ruhig weidete und nur manchmal den dicken Kopf schüttelte, und Lambert mit den klugen Augen anblickte, als wünsche er zu wissen, was das seltsame Treiben heute eigentlich zu bedeuten habe, und ob er den ganzen Tag gesattelt umherlaufen solle? Aber es konnte jeden Augenblick eine eilige Botschaft auszurichten geben, und der Hans mußte dazu bereit sein.

So schaffte man emsig an dem Verteidigungswerk und war gegen Mittag eben mit der Ausrichtung der Feuerzeichen beschäftigt, als ein Leiter auf einem Schimmel sichtbar wurde, der im schnellen Trabe das Tal heraufkam.

„Der Herckheimer! der Herckheimer!“ rief Fritz Volz, der ihn zuerst gesehen hatte.

„Ja, es ist der Vater,“ bestätigte Richard.

Wenige Minuten später hielt der treffliche Mann vor dem Hause und wurde von Lambert und den übrigen jungen Männern achtungsvoll gegrüßt.

„Ich habe gar keine Zeit, mich aufzuhalten,“ sagte Herckheimer, „und wollte nur eben nachschauen, wie weit Ihr seid. Nun, das sieht ja brav aus. Wenn Ihr den Graben unter Wasser setzen könntet, wäre es freilich besser; indessen bei dem Wasserstande ist es eine zu langwierige Arbeit; und Ihr werdet wohl so fertig werden müssen. Wie steht es denn mit der Munition? Glaubst Du genug zu haben, Lambert?“

Herckheimer war nun doch abgesessen und bat Lambert und Base Ursel, die mittlerweile aus dem Hause gekommen war, ihm einen ausführlichen Bericht zu erstatten, wobei er es so einzurichten wußte, dass sie sich ein wenig von den Andern entfernten.

„Ich möchte gern allein mit Euch sprechen,“ sagte er dann; „da ich Eurer und auch Richards sicher bin, nicht ebenso der Andern, die ich weniger genau kenne. Ihr werdet hier, so weit sich die Sache übersehen läßt, einen harten Stand bekommen. Ich habe heute Morgen Kundschaft gehabt, dass die Franzosen mindestens dreihundert Mann stark sind und dass außer den Onondagas auch die Oneidas zu ihnen halten wollen. Zwar ist der Bund noch nicht geschlossen, aber es wird zweifellos geschehen, wenn das letzte Mittel fehl schlägt: ich meine, wenn Konrad nicht im Stande ist, seine alten Freunde auf andere Gedanken zu bringen. Ich habe von dem Gouverneur die ausgedehnteste Vollmacht, ihnen alle möglichen Zugeständnisse zu machen und würde Konrad damit betrauen können. Er oder Keiner ist im Stande, dies große Unglück von uns abzuwenden. Wo ist er? ich habe ihn noch nicht gesehen?“

„Spring' doch einmal da hinüber, Lambert; die Spatzenköpfe werden doch nicht ohne Dich fertig,“ sagte Base Ursel.

„Der arme Junge,“ fuhr sie fort, als Lambert sich mit geröteten Wangen und einem dankbaren Blick auf die gute Base entfernte; „der arme, liebe Junge! Es frisst ihm das Herz ab! und nun so aller Welt seines Bruders Schande, die denn doch auch seine Schande ist, eingestehen zu müssen! Na, Ihr seid nun freilich nicht alle Welt, Gevatter Herckheimer; aber in diesem Falle müsst Ihr doch mit mir fürlieb nehmen.“

Und sie erzählte in aller Kürze, was Herckheimer zu wissen nöthig war.

Der treffliche Mann hatte mit ernster, nachdenklicher Miene zugehört und es lag ein tiefer Schmerz in dem Ton seiner Stimme, als er jetzt, das ergrauende Haupt schüttelnd, sagte:

„So sollen wir Deutsche denn nie dem Erbfeinde einig gegenüberstehen! und dass gerade er uns fehlen muß! Sein Streit mit Lambert bedeutet in diesem Augenblicke nicht einen Freund weniger, sondern ein Paar hundert Feinde mehr. Ja, was sage ich hundert! Das Beispiel der Oneidas kann für die sämmtlichen Nationen an den Seen maßgebend werden und dann ist es mit unserm Wohlstand, mit unserer Ruhe auf lange Zeit, vielleicht für immer vorbei.“

Nikolaus Herckheimer seufzte und strich sich mit der Hand über die Stirn.

„Nun, nun,“ sagte er, „was man nicht hat hindern können, muß man eben geschehen lassen, und jedenfalls kann die arme Katharine nichts dafür. Laßt uns einen Augenblick eintreten, Base, ich möchte das Mädchen doch kennen lernen, das unsern jungen Leuten so die Köpfe verwirrt.“

Katharine, die, am Herde mit der Zurüstung der Mahlzeit eifrig beschäftigt, von dem, was draußen vorging, nichts vernommen hatte, war eben, Base Ursel zu suchen, in die Tür getreten, und sah sich plötzlich einem fremden, überaus stattlichen Mann gegenüber, in welchem sie sofort Nikolaus Herckheimer erkannte. Ein tiefes Rot flog über ihre Wangen, dann aber verneigte sie sich ohne Verwirrung und legte ihre Hand in Herckheimers dargebotene Rechte.

„Armes Kind,“ sagte dieser, die schlanken Finger einen Augenblick festhaltend: „das Leben, das Dich hier erwartet, ist sehr rauh; möge Dir die Kraft nicht mangeln, die Du brauchen wirst!“

„Ach was, Gevatter,“ sagte Base Ursel, „macht mir das Mädchen nicht kopfscheu! Ihr meint, weil sie Hände hat wie eine Prinzessin; aber nicht aus die Hände — auf das Herz kommt es an, Gevatter, und das sitzt bei ihr auf dem rechten Fleck, soviel kann ich Euch sagen.“

„Und wenn Ihr es nicht sagtet, sagten es diese Augen“; erwiderte Herckheimer lächelnd, „mir wenigstens, der ich alt genug bin, um ungestraft hineinsehen zu können. Nun, nun, liebes Mädchen, Du brauchst nicht zu erröten; Du siehst, mein Haar beginnt grau zu werden, da ist ein Scherz wohl erlaubt. Lebt wohl, Base Ursel, leb' wohl, gutes Mädchen! und möge der Himmel uns Allen ein fröhliches Wiedersehen schenken!“

Er hatte die letzten Worte auch zu den jungen Männern gesagt, die eben mit ihrer Arbeit fertig und herangetreten waren. Dann drückte er Allen der Reihe nach die Hand — wobei er die seines Sohnes Richard vielleicht für einen Moment länger festhielt — schwang sich auf den Schimmel und ritt im scharfen Trabe davon, ohne sich umzusehen.

„Das ist ein rechter Israelit, in dem kein Falsch ist,“ sagte Base Ursel; „und nun, Kinder, laßt uns zu Tische gehen. Ich habe einen Appetit wie ein wilder Wolf.“

Trotz dieser Ankündigung aber aß Base Ursel bei dem Mittagsmahl, zu welchem man sich jetzt niedersetzte, so gut wie gar nichts; war auch, ganz gegen ihre Gewohnheit, sehr still; ja, sie nahm zuletzt gar keinen Anteil mehr an dem Gespräch und wachte erst aus ihrer Zerstreutheit auf, als von Anton Biermann, der gerade die Wache hatte, der Pfarrer angekündigt wurde.

„Wer!“ rief Base Ursel, indem sie heftig von ihrem Stuhl in die Höhe fuhr. „Der Pfarrer! der kommt mir gerade recht, den hat Gott gesandt! Bleibt einmal Alle ruhig sitzen! hört Ihr!“

Base Ursel verließ eilig das Haus und ging dem Pfarrer entgegen, welcher, in der einen Hand Hut, Perücke und Schnupftabaksdose, in der anderen ein buntes Taschentuch, mit welchem er sich den kahlen Kopf wischte, eiligen Schrittes dem Hause sich näherte.

„Ich weis es schon,“ rief er, sobald er Base Ursel ansichtig wurde. „Der Herckheimer, der mir zwischen Eurem Hause und dem Volz'schen begegnete, hat mir Alles erzählt.“

„Desto besser,“ erwiderte Base Ursel, „und nun schreit nicht so, Pfarrer, als ob Ihr noch auf der Kanzel stündet; die jungen Leute sind drinnen und dürfen nicht hören, was wir hier verhandeln. Kommt einmal hierher!“

Sie zog den Pfarrer von dem Hause fort bis zur Hofmauer, wo sie Niemand hören konnte, außer etwa der Hans, der jetzt den dicken Kopf hob und mit einem abgerupften Bissen Gras im Maule unter dem buschigen Stirnhaar hervor die Beiden mit den schwarzen Augen aufmerksam betrachtete.

„Was hast Du da zu horchen, geh' Deiner Wege,“ sagte Base Ursel zu dem Pferde.

„Aber Base Ursel, was in aller Welt gibt es?“ fragte der Pfarrer.

„Ihr sollt es gleich hören,“ erwiderte Base Ursel, deren Blicke von dem Waldesrande nach dem Himmel, von dort wieder nach dem Walde schweiften und endlich mit einem sonderbaren Ausdruck auf dem Gesicht des geistlichen Herrn haften blieben.

„.Ihr seid nicht verheiratet, Pfarrer; und über Euer Tun und Lassen Niemand auf Erden Rechenschaft schuldig.“

„Wie kommt Ihr darauf?“ fragte der Pfarrer.

„Mein Alter ist einundsiebzig, und ich glaube nicht, dass er es noch lange treiben wird,“ fuhr Base Ursel nachdenklich fort.

Der Pfarrer behielt eine Prise, die er eben zur Nase führen wollte, zwischen den Fingern und blickte Base Ursel aufmerksamer an.

„Und sollte er länger leben, er hat mich dreißig Jahre gehabt, und einmal muß doch Alles ein Ende nehmen. So sind wir recht eigentlich dazu berufen und auserwählt.“

Der Pfarrer ließ die Prise fallen. „Um Gottes willen, Base Ursel,“ sagte er, „was ficht Euch an!“

„Ich hätte Euch für mutiger gehalten,“ sagte Base Ursel.

„Und ich Euch für verständiger,“ erwiderte der Pfarrer.

„Bei solchen Dingen muß man das Herz fragen,“ sagte Base Ursel.

„Und das Herz ist ein verzagt trotzig Ding,“ er; widerte der Pfarrer.

„Ja wohl, verzagt!“ sagte Base Ursel höhnisch.

„Ja wohl, trotzig!“ sagte der Pfarrer warnend.

„Jetzt ohne lange Vorrede; wollt Ihr mein Mann sein, oder nicht?“ sagte Base Ursel, welche die Geduld verlor.

„Da sei Gott vor!“ rief der Pfarrer, der seinen Unwillen nicht länger bemeistern konnte.

„Freilich, Ihr seht nur aus wie ein Mann“; sagte Base Ursel, sich verächtlich aus den Hacken umwendend.

„Seid Ihr denn ganz von Gott verlassen, unglückseliges Weib!“ sagte der Pfarrer, Base Ursel die fleischige Hand auf die Schulter legend.

„.Ich nicht, aber Ihr, hasenherziger Mensch!“ sagte Base Ursel, die Hand abschüttelnd und sich heftig umwendend; „Ihr, der Ihr immerfort von Opfermut und Liebe predigt und weder Eins noch das Andere habt, und Euch den Kuckuck um das verirrte Lamm schert, wenn Ihr nur ruhig bei Euren Fleischtöpfen sitzen bleiben könnt. Nun wohl! so bleibt in des Teufeln Namen — Gott verzeih mir die Sünde — ich werde wohl allein den Weg zu meinem armen verirrten Jungen zu finden wissen, und Gott wird mich die rechten Worte lehren, sein Herz zu rühren.“

Base Ursel machte nochmals kehrt; der Pfarrer schlug sich vor die Stirn und holte die Davoneilende mit ein Paar trippelnden Schritten ein.

„Base Ursel!“

„Wag gibt's?“

„Natürlich will ich mit Euch gehen.“

„Auf ein Mal?“

„Ein Mal und alle Mal! der Tausend, Frau, warum habt Ihr nicht gleich gesagt, dass es sich um den Konrad handelt?“

„Um wen denn sonst?“

„Gleichviel! vergesst, was ich geredet habe! ich gebe Euch mein Wort als Mann und Diener Gottes: es war ein Missverständnis, dessen ich mich schäme, und für welches ich Euch um Verzeihung bitte. Wann wollen wir aufbrechen?“

Base Ursel schüttelte den Kopf; sie hatte keine Ahnung, was der alte Freund sich vorhin gedacht haben mochte; aber sie fühlte Wohl, dass er jetzt ernstlich entschlossen war, und die Minuten waren kostbar.

„Natürlich sofort;“ antwortete sie auf seine letzte Frage.

„.Ich bin bereit.“

„So kommt herein und sagt dem Mädchen ein freundliches Wort und laßt Euch nichts merken. Lambert darf nicht wissen, was wir vorhaben; Niemand darf ew wissen. Gelingt es uns, ihn zurückzubringen, so ist es gut; gelingt es uns nicht, mag seine Schande mit uns begraben sein. Auf jeden Fall sollen sie nicht um uns sorgen. Und es ist möglich, Pfarrer, dass wir gar nimmer wiederkehren. Ihr habt Euch das doch klar gemacht?“

„Gottes Wille geschehe!“ sagte der Pfarrer.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Deutsche Pioniere