Dritte Fortsetzung

Der Verfasser weist daraufhin, dass schon im Jahre 1818 in einer Instruktion des Ministers des Innern in Frankreich, Lainé, an die Präfekten die Vergiftung als das beste Mittel empfohlen wurde, den Wolf auszurotten. Dies Verfahren sei zu allen Jahreszeiten anwendbar, mit nicht großen Kosten verbunden, keinen großen Zeitaufwand erfordernd. Die Technik, welche im Einzelnen vorgeschrieben wird, stimmt ziemlich genau mit derjenigen überein, welche in der Broschüre des Herrn Lasarewski empfohlen wird. Kadaver von Hunden, Schafen und dgl. werden mit Gift gefüllt und an solchen Stellen niedergelegt, welche von Wölfen besucht werden. Für, auf diese Weise getötete Wölfe werden Prämien auf Grund der Berichte der Präfekten ausgezahlt.

So die Praxis in Frankreich bereits vor mehreren Jahrzehnten. Im Jahre 1873 hat Herr Walewski, Apotheker in Schuja, nach jahrelanger Praxis ein Memoire über das Verfahren einer Ausrottung der Wölfe durch Gift ausgearbeitet, und dieses Elaborat ist dem Lasarewskischen Buche als Beilage hinzugefügt worden (S.61 — 71). Man ersieht daraus, dass auf die Methode der Zubereitung der mit Gift gefüllten Pillen, Hülsen, Patronen sehr viel ankommt. Man bedient sich entweder bloßer giftgefüllter Patronen, oder der mit Talg und Strychnin gefüllten Hörner, oder endlich besonders zubereiteter, mit Giftfüllsel präparierter Kadaver von allerlei Tieren. Hierbei ist den Hundekadavern insofern ein Vorzug zu geben, weil die Hunde kein Hundeaas fressen, während sie durch vergiftete Hasen, Schafe, Vogel u. dgl. vergiftet werden können. In den Jahren 1871-75 hat Hr. Malewski in der Umgebung von Schuja, in dem Umkreise von zehn Werst, 184 Wölfe und 142 Füchse auf diese Weise getötet. Früher kamen Wölfe oft in die Stadt hinein oder streiften in Rudeln von bis 18 Stück in der unmittelbaren Umgebung umher. Jetzt ist wenig mehr von Wölfen in der Nahe von Schuja zu sehen. Dagegen geschieht es nicht selten, dass in dem, dreißig Werst von Schuja entfernten Fabrikdorfe Iwanowo Nachts Wölfe erscheinen, und dass dort Hunde von Wolfen gefressen werden. Der Köder aber bedarf sehr sorgfältiger Zubereitung, welche denn auch von Herrn Malewski sehr eingehend beschrieben wird. Eine fernere Spezialität ist die Zubereitung des sogenannten (Potask) oder Schleifköders, welcher dazu dient, den Wolf dahin zu locken, wo der vergiftete Kadaver liegt.


Freilich kostet auch dieses Verfahren Geld. Eine Flasche mit 500 Pillen kostet 6 Rbl.; ein Dutzend Gifthülsen kostet 9 Rbl. 50 Kop.; ein Pfund Schleifköder kostet 3 Rbl. 50 Kop. Doch können erstens alle diese Präparate bedeutend billiger werden, und zweitens sind sie Jahre hindurch aufzubewahren. Da man nun doch einmal bei dem ganzen Übel, um dessen Beseitigung es sich handelt, mit Millionen rechnet, so kann man sich die Herstellung der dazu notwendigen Mittel ein gutes Stück Geld kosten lassen.

Bei anderen Gelegenheiten, anderen Kalamitäten gegenüber, ist man oft zu beträchtlichen Geldopfern bereit gewesen. Die Versuche der Vertilgung der so überaus schädlichen Zieselmäuse haben bedeutende Summen gekostet. Die Maßregeln gegen die Rinderpest erfordern sehr erhebliche Opfer; wenn man den furchtbaren Verlusten durch Brandschäden mit Geldopfern vorbeugen könnte, so würde man dies gewiss tun.

Nun ist aber der durch die Wölfe angerichtete alljährliche Schaden so beträchtlich, dass er sehr wohl mit den kolossalen Verlusten durch Epizootieen und Feuerschäden verglichen werden kann, und den durch Zieselmäuse und Heuschrecken , sowie durch Hagelschlag u. s. w. angerichteten Schaden weit übertrifft.

Der Verfasser meint nun, mit einem Opfer von 2 Millionen Rubeln könne das Übel an seiner Wurzel gefasst werden, und zwar in folgender Weise. Die Zahl der Wölfe wird von ihm, wie wir sehen, auf ungefähr 200.000 Stück veranschlagt. Nun soll für jeden durch Vergiftung erlegten Wolf eine Prämie von nicht weniger als 10 Rubeln gezahlt werden. Diese ergäbe für die Tötung aller 200.000 Wölfe 2 Millionen Rubel.

Zunächst zeigt nun Herr Lasarewski, dass eine solche Prämie von 10 Rbl., statt der bisher üblichen von 1/2 bis 5 Rbl. gar nicht zu hoch sei. In Österreich wird für ein Wolfsjunges 15 Gulden, für einen Wolf 20, für eine Wölfin 25 Gulden Prämie bezahlt. Im Kanton Tessin in der Schweiz 40 Frcs., in Frankreich 30 Frcs., (in der Zeit der Republik 1796, 100 bis 300 Livres — eine Maßregel, die so wirksam war, dass man die Prämie schon nach 2 1/2 Jahren auf 1/5 vermindern konnte.) Der Verfasser hofft, dass sich Assoziationen zur Vergiftung von Wölfen in den unteren Klassen bilden werden; er schlägt vor, die Lokaladministrativ-Behörden sollten mit den Apothekern für die Lieferung der nötigen Präparate Kontrakte abschließen; zur Mitwirkung sei das Personal des Forstwesens hinzuzuziehen.

Man muss hoffen, dass diese Vorschläge ihre Wirkung nicht verfehlen. Von Russland gilt dasselbe, was in Frankreich noch vor Kurzem im „Journal de l’agriculture“ (1876 Nr. 366 u. 368) über die Notwendigkeit von Maßregeln gegen den Wolf im Allgemeinen, und über das Vergiftungsverfahren im Besonderen gesagt wurde. In Russland wie in Frankreich kann man von dem Wolfe reden als von „cette honte pour notre pays.“

A. Brückner.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Der Wolf in Russland.