Kapitel I. Einleitung.

Statistik ist stillstehende Geschichte.
Geschichte eine fortlaufende Statistik.

August Ludwig von Schlözer. (1735-1809) deutscher Historiker, Staatsrechtler, Schriftsteller, Pädagoge, Publizist, Statistiker, Philologe

„Gerade aus dem Grunde, weil die Statistik praktisch eine Vielseitigkeit an den Tag legt, hat man sie zuweilen arg verlästert und verkannt. Ja, man hat sie eine Dirne genannt, weil sie jedermann zu Willen ist, weil sie jedermann etwas Schönes zu sagen imstande ist. Aber die Beschuldigung ist ungerecht. Freilich kann die Statistik leicht missbraucht werden. Reinen Herzens muss man sich ihr nähern, und man muss sich hüten, etwas von ihr ertrotzen zu wollen, was sie der Wissbegierde nicht von selbst darbietet. Und so erscheint die obige beschämende Charakteristik als vom schnellen Zorn eingegeben. Ich möchte die Statistik lieber mit einer Dame von Welt vergleichen, bei der alle zu Tisch geladen sind, aber in der Weise, dass kein Gast einen Anspruch darauf hat, seine Lieblingsspeisen an der Tafel zu finden.“*)


In diesem Sinne habe ich versucht, die statistischen Ermittlungen über die nachfolgenden Probleme anzustellen. Nicht etwa um nach irgendeiner Seite hin zu vorgefassten Zielen zu gelangen. Im Gegenteil. Das was sich mir aus dem Studium der schlichten Zahlen ergab, hat mich tief er schüttert, weil ich aus ihnen den Rückschritt und den Zerfall der autochthonen (sit venia verbo) deutschen Judenheit lesen musste.

*) Privatdoz. Dr. A. Cohen. Eröffnungsvortrag des Vereins f. Statistik d. J., München 1905.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Der Untergang der deutschen Juden.