Der Schlossberg bei Helpte unweit Woldegk.

Aus: Mecklenburgs Volkssagen. Band 3
Autor: Von F. C. W. Jacoby zu Neu-Brandenburg, Erscheinungsjahr: 1860
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Schlossberg, Helpte, Woldegk, Neubrandenburg, Ostsee, Stettin, Straßburg, Prenzlau, Pasewalk, Anklam, Treptow, Friedland, Schloss, Oertzen,
Die Helpter Berge, die höchsten Erhebungen des von Süd-Osten nach Nord-Westen sich durch beide Mecklenburg hinziehenden, sehr breiten Landrückens, erreichen eine Höhe von 600 Fuß über der Meeresfläche und sind auf ihrem Gipfel geziert durch den im Stargarder Lande berühmten, sogenannten Helpter oder hohen Baum, eine Buche, die ungefähr 20 bis 30 Fuß über die Kronen aller Waldbäume hervorragt und meilenweit im Lande gesehen wird.

Früher führte eine Leiter bis in die Spitze des Baumes, worin Tische und Bänke angebracht waren und Derjenige, welcher die Mühe des Steigens bis zu dieser schwindelnden Höhe und dem luftigen Ruhesitze überwunden hatte, wurde mit einer herrlichen Fernsicht belohnt. Mit bewaffneten Augen sah man die Ostsee und Stettin, dem unbewaffneten zeigten sich, außer den nächsten gesegneten Fluren Mecklenburgs, die Städte Straßburg, Prenzlau, Pasewalk, Anklam, Treptow a. T., Friedland u. s. w.

Vor einigen 20 Jahren sind die Leiter und die Kronen-Einrichtung, ihres morschen Zustandes wegen, fortgenommen worden, und auch, wohl um dem Wachstum und der Entwicklung des schönen Baumes nicht zu schaden, keine neuen wieder angebracht. Im Sommer des Jahres 1858 ist aber ganz in der Nähe des hohen Baumes ein hölzerner Turm, wie deren mehrere zum Zweck der trigonometrischen Vermessung des Landes erbaut sind, auch hier errichtet worden, und so kann der Naturfreund wieder die herrliche Aussicht genießen und hat dazu noch das Vergnügen, den großen Baumriesen ganz in seiner Nähe betrachten zu können.

Einer der nach Süden hin auslaufenden Hügel dieser sogenannten Helpter Berge führt den Namen Schlossberg und er ist es, an den sich die nachfolgende Sage knüpft, wozu es mir nicht unpassend erschien, das Interessante über die Örtlichkeit vorauszuschicken. Ob er den Namen deshalb führt, weil hier früher einmal ein Schloss gestanden hat, ist mir nicht zu ermitteln möglich gewesen.

Ein früherer Besitzer von Helpte — die Sage nennt ihn Herrn von Rahn — zu dessen Grundbesitz auch der Schlossberg gehörte, hatte erfahren, dass in demselben ein sehr großer Schatz an Geld verborgen sei. Seine heruntergekommenen Geldverhältnisse ließen es ihn dringend wünschen, das Geld zu heben, und er war angelegentlichst besorgt, einen Mann auszukundschaften, der das Geld heraufbeschwören könne.
Endlich hört er von einem unter den zu Pasewalk stehenden Dragonern, dass er ein untrüglicher Schatzgräber sei und setzt ihn von seinem Vorhaben in Kenntnis. Auf sein Ansuchen ist dieser auch zum Herbeischaffen des Geldes bereit, und zwar gegen eine Belohnung von 300 Thalern, die er sich durch eine Kaution von Seiten des Herrn von Rahn sicher stellen lässt. Auch die nötigen Arbeiter mit Hacken und Schaufeln muss ihm Herr von Rahn zur Hand geben, und es geht jetzt rüstig ans Werk.

Aber die Schatzgräber haben noch nicht lange gearbeitet, da kommt plötzlich hinter einer Buche eine Frauensperson hervor, die auf sie zutritt, sich als Schlosscastellanin vorstellt und nach ihrem Begehr fragt. Der Werkführer wird nun auch zum Wortführer und sagt, er wolle das dem Herrn von Rahn gehörige Geld haben, denn der sei Grundherr des Berges und so gehöre ihm auch das, was im Berge verborgen sei. Die Castellanin erwidert ihm jedoch hierauf, Herr von Rahn könne nichts davon kriegen; aber später werde Helpte unter die Herrschaft der Herren von Oertzen kommen, die könnten und würden das Geld heben, um damit Helpte, das inzwischen durch Feuersbrunst zu Grunde ginge, wieder neu aufzubauen und die hilfsbedürftigen Einwohner zu unterstützen. Wolle er jedoch 300 Thaler haben, die könne er unter einer Buche finden, sie gehörten ihr und sie wolle sie ihm schenken.

Das will der Dragoner aber nicht annehmen, indem er behauptet, er sei berechtigt, das ganze im Berge versteckte Geld zu heben und Niemand könne ihn hindern, hier seinen Arbeiten nachzugehen. Augenblicklich erhält er mit dem Schlüsselbund von der Frauensperson einen so heftigen Schlag an den Kopf, dass er besinnungslos zu Boden stürzt und erst lauge Zeit nachher wieder erwacht.

Die Castellanin war verschwunden, die Arbeiter sämtlich entflohen, und da unser Dragoner auch nicht Lust hatte, allein fortzuarbeiten, so machte er sich eiligst auf, um aus dem Bereich der unheimlichen Gegend zu kommen.

Noch eine andere Sage knüpft sich an diesen Schlossberg, wozu mir aber nur die Umrisse mitgeteilt worden sind, die ich jedoch hier gleich mit veröffentlichen will, vielleicht, dass sich später ein vollständiges Material zusammenbringen lässt, um dann hier wieder anknüpfen zu können:

An einem bestimmten Tage trifft ein Wanderer ein Schlossmädchen mit Putzen von Silberzeug beschäftigt. Sie legt ihm verschiedene Fragen vor und nimmt ihn, im Fall er sie beantworten kann, mit in das unterirdische Schloss; im entgegengesetzten Falle jedoch schlägt sie ihn mit einem Schlüsselbunde um den Kopf und verschwindet.