Vorarlberg

Gleich hinter der Grafschaft Vaduz stößt das österreichische Vorarlberg an den Rhein und weiterhin an den Bodensee, der von dessen Hauptstadt Bregenz den ältesten seiner vielen Namen herleitet. Die wichtigsten Punkte, die uns hier begegnen, sind Feldkirch an der Iller, die aus dem Montafuner Tal herkommt und bei der Rothau in den Rhein fällt, Rangkwyl, ein uralter Ort, dessen Gerichtsbarkeit sich einst bis nach Seckingen erstreckte, Ems, mit dem gleichnamigen Bade und den Schlössern Alt- und Neuhohenems, von welchen jenes einst für unüberwindlich galt. Merkwürdig ist darin, außer seiner herrlichen Lage, ein Felsenbrunnen, dessen Wasser, wenn es verunreinigt, oder zu unsauberem Gebrauch verwandt wurde, sich auf vierzehn Tage verlor, was sonst bei der höchsten Dürre nicht zu geschehen pflegte. Als unsauber soll ihm aber auch der Gebrauch zum Waschen gegolten haben. Hierüber wird es mit den Frauen, die glücklicherweise die Reinlichkeit in einem andern Sinne verstehen, sich überworfen haben. In der Nähe liegen endlich auch die Trümmer von Montfort, zu deutsch Starkenburg, dessen Grafen einst als mächtige Dynasten die Gegend weitumher beherrschten.

Wir sahen erst den Mittelrhein, dann den Glenner und die Rabiusa, zuletzt den Hinterrhein dem Vorderrhein zufließen ; dem vereinten Strom zollte dann die Plessur, hierauf der Lanquart, endlich der Illerfluss. Alle diese Gewässer kommen von der rechten Seite her; wir hörten nicht, dass das linke Ufer seine Wasser vermehrt habe. Auf dieser Seite ist die wütende Tamina, die aus dem Calfeusertal kommt, an der Heilquelle und der berühmten jetzt vielleicht schon aufgehobenen Abtei von Pfeifers vorbeibraust, und sich bei Ragaz, Maienfeld gegenüber, mit ungestümer Heftigkeit in den selbst noch stürmischen Rhein wirft, das einzige namhafte Wasser, das auf der ganzen Strecke von der Quelle des Vorderrheins bis zum Bodensee in den Rhein mündet. Alle andere dem Rhein links entspringenden Quellen scheidet von ihm das ihm gleichlaufende, nur in der Ebene von Sargans sich senkende Gebirge. Dies bildet jedoch nur die Wasserscheide zwischen dem Rhein und dem Rhein, und alle jene Flüsse, die ihn erst zu vermeiden schienen, die Lint, die Sernft, die Seez, die Thur, die Sitter, fallen ihm doch endlich zu. So die Seez, die sich dem Rhein bei Mels oberhalb Sargans nähern zu wollen schien, sich aber plötzlich wendet und dem Wallenstädter See zufließt, dessen Wasser durch den Lintkanal mit dem Zürchersee, wie dieser durch Limmat und Aar mit dem Rhein in Verbindung stehen. Ein weiter Umweg! Doch diese Flüsse tun weise, sie sehen, dass es dem Rhein bei seiner bevorstehenden Mündung in den Bodensee an Wasser nicht fehlen werde, und versparen ihm das ihrige für eine Zeit, wo er es mehr bedürfen wird. Welchen Glauben aber die von Einigen ausgesprochene Vermutung verdiene, dass der Rhein einst nicht durch den Bodensee geflossen sei, sondern sich in der Ebene von Sargans links gewendet und den Weg wie heute die Seez durch den Wallenstädter- und Zürchersee genommen habe, das mögen Naturkundige entscheiden.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Das malerische und romantische Deutschland