Die Stiergefechte in Spanien

Manche leiten den Ursprung der Stiergefechte in Spanien vom Cid selbst, diesem halbmythischen Nationalheros, Manche von den Römern, ja Mates, der größte Matador seiner Zeit, der zugleich auch über diesen Gegenstand geschrieben hat, leitet ihren Ursprung aus noch früherer Zeit ab. Vergebens setzte sich die in Spanien so hochgeachtete Kirche, vergebens die milde und so sehr geliebte Isabella von Castilien dieser grausamen Belustigung entgegen; Kaiser Karl hob sie, trat selbst auf den Kampfplatz und tötete, wie man sagt, bei der Geburt seines Sohnes Philipps II. in Valladolid einen Stier mit eigener kaiserlicher Hand; Ferdinand Cortez, der Eroberer Mexikos, gab in diesen Kämpfen die ersten Proben seines unüberwindlichen Mutes und seiner bewundernswürdigen Körperkraft; Philipp III. erbaute in Madrid einen neuen Zirkus zu diesen Spielen; Philipp IV. ließ die ersten Gesetze über dieselben abfassen und drucken. Allein Philipp V. verabscheute sie dermaßen, dass er den Papst vermochte, ein scharfes Verbot dagegen zu erlassen und den darin fallenden Kämpfern ein christliches Begräbnis zu verweigern. Dadurch gelang ihm, was keinen, seiner Vorgänger gelungen war: nicht die Stiergefechte abzuschaffen, aber ihnen einen andern Charakter zu geben. Der Adel gehorchte nämlich dem Verbot, das Volk nicht. Bisher hatten die Kämpfer meist aus Edelleuten bestanden, die sich durch Stand, Mut oder ungewöhnliche Körperkräfte auszeichneten; allein von diesem Zeitpunkte an blieb das Feld einzig und allein einer besondern Menschenrasse überlassen, die, wie die athletischen Kämpfer in Griechenland, einen eigenen Nahrungszweig daraus machte, dessen Gefahren mit Gold aufgewogen zu dem aber eigentümliche Studien, eine nüchterne Lebensweise und tägliche Übungen erfordert wurden. Zur Beförderung dieser Studien ließ Ferdinand VII. eine Schule in Sevilla anlegen. Nach und nach fand sich der hohe Adel, der nach Philipps V. Verbot von dieser Belustigung gänzlich weggeblieben war, als Zuschauer dabei ein und wurde sehr bald wieder ein eifriger Verehrer derselben. Zwar genießen die jetzigen Kämpfer, meist Leute aus den untersten Volksklassen, nicht mehr denselben Ruhm, aber noch ist ihr Ansehen so groß, dass, als z. B. vor einigen Jahren der vorhin genannte Mates bei einem Stiergefecht schwer verwundet wurde und das Bett hüten musste, König Ferdinand VII. jeden Morgen einen Kammerherrn zu ihm schickte und sich nach seinem Befinden erkundigen ließ. Und als ihm der Herzog von Nemours bei seiner letzten Anwesenheit in Madrid (1847) eine Diamantnadel schenkte, sandte der spanische Matador dem französischen Prinzen einen Matadoranzug von vielleicht zehnfachem Wert als Gegengeschenk.

Mit den Kämpfern änderte sich auch die Art des Kampfes, welche gegenwärtig folgende ist.


Zuerst tritt die ganze Fechterschar mit Musik ein; vorweg drei Picadoren zu Pferde, mit grauen, breitgeränderten, unter dem Kinn festgebundenen Hüten, goldgestickten Samtjacken und gelben hirschledernen Beinkleidern, das rechte Bein durch einen Beinharnisch geschützt. In der Hand tragen sie nach alter Weise eine lange Lanze mit einer stumpfen eisernen Spitze. Stolz und gravitätisch folgen ihnen zu Fuße die Matadoren, die eigentlichen Kämpfer, von einer Schar Chulos oder Banderilleros begleitet, in einem Anzuge, der eher für ein Opernballett als für einen lebensgefährlichen Kampf bestimmt zu sein scheint. Jacken und kurze Beinkleider von himmelblauer, rosenroter, grüner oder hellgelber Seide, prächtig mit Silber gestickt, Ärmel mit Manschetten, seidene Strümpfe, Schuhe mit Bandrosen, aufgekämmtes Haar, hinten im Nacken mit einer eingeflochtenen Bandrose, auf dem linken Arm einen kleinen blauen, roten oder gelben, mit Silber gestickten Mantel tragend, das ist ihr malerisches und zugleich kostbares Kostüm, das oft mehre tausend Thaler kostet.

Banderilleros und Matadoren sind nach demselben Geschmack gekleidet, Letztere jedoch prächtiger als die Ersteren.

Wenn der Stier herausgelassen ist, wird er zuerst von fünf oder sechs Chulos empfangen, die ihn umschwärmen und ihre seidenen Mäntel flattern lassen. Das Tier verfolgt einen nach dem andern von ihnen, bis sie in die Enge getrieben über die rot angestrichenen Schranken springen, welche den Kampfplatz umgeben und zwischen sich und der äußern Umfassungswand einen breiten Gang lassen. Zu einem solchen Sprunge gehört eine ungewöhnliche Gewandtheit, weil die Schranke beinahe drei Ellen hoch ist. Nicht selten springt der Stier diesen leichtfüßigen Springern mit einem Satze nach, den kaum ein englischer Jagdrenner nachmachen kann. In diesem Falle springt der Chulo in die Bahn zurück, während der Stier in dem leeren Gange herumläuft, bis er eine der in den Schranken angebrachten Türen findet und dadurch von neuen in den Zirkus gelangt.

Wenn dieses Spiel lange genug gedauert hat, ziehen sich die Chulos zurück und das Tier wird nun die Picadoren gewahr, die ihn unbeweglich mit der Lanze in der Hand erwarten. Aber diese Lanze ist keine Waffe, sondern nur ein langer Stock mit einer ganz kurzen eisernen Spitze, die kaum durch die Haut des Stiers dringt und also mehr dazu dient, ihn zu reizen als zu verwunden. Weil diese Lanze die einzige Waffe des Picador ist, so kann er seinem vierbeinigen Gegner wohl Schmerz, aber nicht den mindesten Schaden zufügen. Dieser sucht sich nun zu rächen, und der Picador muss genau darauf sehen, dass er dem Anfalle des Stiers nur mit der rechten Seite begegnet, weil nur sein rechtes Bein geharnischt ist, und dass er sich im Augenblick des Angriffs nur wenige Ellen von den Schranken entfernt befindet. Dem Anfall wird nie ausgewichen, wohl aber das Pferd geopfert, welches, da sein Untergang unvermeidlich erscheint, gewöhnlich von erbärmlicher Beschaffenheit ist. In die Weichen dieses wehrlosen Tiers rennt der Stier sein Horn und stürzt es über den Haufen. Der Reiter liegt dann unter dem Pferd, sucht aber so schnell als möglich davon loszukommen und über die Schranken zu springen. Kann er dies nicht schnell genug, so benutzt er das Pferd wie einen Schild und lässt den Stier in den Eingeweiden desselben wüten, bis die Chulos seine Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Nun wirft sich der Picador auf ein anderes Pferd und fängt das gefährliche Spiel von neuem an. Dasselbe tun die andern beiden Picadoren, bis alle die zum Untergange bestimmten Pferde geopfert sind oder bis das Publikum ruft: Genug! Dann und wann wird ein Picador getötet oder beschädigt, aber nur selten durch den Stier, sondern in der Regel durch andere Unglücksfälle.

Bleibt ein Pferd nicht sofort tot, so kann ein geschickter Picador dem Zuschauer einen doppelten Genus bereiten, der jedoch jedem Andern als einem Spanier im höchsten Grade grässlich erscheinen würde. Er richtet nämlich das Pferd wieder auf, drückt die heraushängenden Eingeweide in die Wunde zurück, heftet die letztere zusammen, wirft sich abermals in den Sattel, treibt das arme Tier durch tiefe Sporenstiche oder sonstige Qualen auf den Stier los und beginnt den Kampf von neuem.

Eine solche Augenweide wurde den Zuschauern zu Ende Mai 1845 bei dem zehnten Stiergefecht von Juan Gallardo, dem anerkannten ersten Picador der Gegenwart, bereitet. Dessen Pferd wurde verwundet und stürzte zu Boden, seine Eingeweide hingen auf die Erde herab und der Reiter stand ergrimmt wieder auf von seinem Falle, ohne sich dadurch abhalten zu lassen, sein Pferd in die Höhe zu reißen, sich wieder in den Sattel zu setzen und das halbtote Tier, das vor Angst zitterte und von Todesschweiß triefte, mit seinen langen scharfen Sporen in Bewegung zu setzen. In kurzem Galopp, mit weit geöffneten Augen näherte sich das Pferd seinem Feinde, der es unbeweglich inmitten der Bahn erwartete. Gallardo, der den Stier näher an die Schranken locken wollte, hatte sich in Rücksicht auf die Zeit, welche sein Pferd noch zu leben hatte, um einige Minuten verrechnet. Das Pferd verwickelte sich mit den Vorderfüßen in seine herabhängenden Gedärme und stürzte in demselben Augenblick nieder, in welchem es dem Stier gerade gegenüberstand. Der Picador, dem dies völlig unerwartet kam, fiel nicht, wie gewöhnlich, unter das Pferd, sondern zwischen dasselbe und den Stier. Augenblicklich stürzte der letztere auf ihn los, um seine Hörner in den wehrlosen Körper zu bohren; aber durch einen glücklichen, höchst selten eintretenden Zufall verfehlte er das Ziel und bohrte seine Hörner tief in den Sattel des toten Pferdes, kehrte aber, seinen Missgriff augenblicklich bemerkend, schnell wieder um und bereitete sich zu einem neuen Angriff auf seinen Verfolger vor. In diesem Augenblick wurde das wütende Tier plötzlich kräftig beim Schwanze gepackt. Es war Juan Redondo, nach seinem Geburtsort el Chiclanero genannt, nächst Mates der berühmteste Matador Spaniens, der jetzt seinem in der größten Lebensgefahr schwebenden Kameraden zu Hilfe kam. Schäumend vor Wut wandte sich das Tier, um seinen neuen Feind niederzurennen, allein dieser ließ den Schwanz nicht los, sondern folgte jeder Bewegung des Stiers, und nun begann ein wahnsinniger wilder Kampf, der so lange dauerte, bis Gallardo aufgestanden war und die Schranken erreicht hatte. Da ließ Chiclanero schnell den Schwanz los, worauf der Stier in zwei Sprüngen die noch unbeschädigten Pferde der beiden anderen Picadoren über den Haufen rannte.

Wenn das Volk müde ist, die Pferde und ihre Reiter stürzen, wieder aufsteigen und den Angriff erneuern zu sehen, ruft es: „Banderillas! Banderillas!“ Damit meint es eine Art von Pfeilen oder kleinen Wurfspießen, deren Schaft mit Band und bunten Papierstreifen umwickelt und mit Widerhaken versehen ist. Jeder Banderillero nimmt zwei solcher Pfeile; damit umschwärmen sie den Stier, und sobald dieser den Kopf senkt, um seine Feinde anzugreifen, weichen sie seitwärts und werfen ihre Pfeile in den oberen Teil seines Nackens. Andere sind kühn genug, anstatt dem Stier auszuweichen, über seine Hörner zu springen und im Sprung ihre Pfeile in seinen Nacken zu bohren. Noch besser machte es Chiclanero. Mit der größten Wut verfolgt, blieb er plötzlich stehen, wandte sich um und sah das Tier fest an, das wie bezaubert durch diesen Blick seinen Lauf anhielt und endlich stehen blieb, während Chiclanero unter einer Salve von Händeklatschen ganz ernsthaft seine Mütze vor dem Tier abnahm.

Diese Pfeile verwunden den Stier nur leicht, quälen und schmerzen ihn aber dermaßen, dass er sich schäumend vor Wut auf die Hinterfüße stellt. Dann pflegt das Volk zu rufen: „Tötet ihn! Tötet ihn!“ Der Corregidor gibt dazu seine Genehmigung, indem er sein Taschentuch wehen lässt. Eine Fanfare erschallt, und man reicht dem Matador ein Scharlachtuch oder eine kleine rote Fahne an einem kurzen Schaft befestigt, und einen geraden Degen oder noch besser ein Schlachtschwert. Damit nähert er sich der Loge des Corregidors, und verlangt im Namen der Freiheit, der Königin oder der Konstitution das Recht, den Stier zu töten. Hat er diese Erlaubnis erhalten, so wirft er seine Mütze in die Luft und mischt sich unter die Banderilleros, welche fortfahren, das Tier zu reizen. Bald wird der Stier die Fahne gewahr, deren Farbe ihm zuwider ist und gegen die er seinen Angriff richtet. Der Matador lässt ihn seine Hörner in die Falten der Fahne verwickeln, indem er einen Schritt seitwärts tut, und streckt seinen linken Arm aus, in welchem er die Fahne hält. Der Stier stürzt schnaubend mit gesenktem Kopf so dicht an ihm vorüber, dass seine Hörner oft die Kleidung des Matadors streifen. So durchbohrt er die Fahne anstatt des Mannes, kehrt aber sogleich wieder um, um mit vermehrter Wut den Kampf zu erneuern, in welchem er nochmals auf dieselbe Weise genarrt wird. Aber beim dritten Anfall, welcher zugleich der letzte ist, hat er mehr Erfahrung gewonnen. Scheinbar ruhiger, mit gesenktem Kopf, steht er dem Torrero gegenüber, als ob er seinen Sprung berechnete. Der Matador stellt sich dicht vor seinen Feind, die Brust zurückgezogen, ein Bein vorgestreckt, den Degen schief gegen den Stier gesenkt und die Fahne unter dem Degen haltend. Mensch und Tier betrachten einander mit stummer Wut. In diesem Augenblick klopfen die Herzen der Zuschauer, ihr Atem sieht still, denn dies ist die gefährlichste Situation. Plötzlich stürzt der Stier dem Mann, der Mann dem Stier entgegen und stößt die lange Klinge vom besten Toledostahl bis an das Heft zwischen Nacken und Hals des Stiers, der nun in die Knie sinkt oder sich brüllend bäumt. Ist der Stoß gut, so trifft die Degenspitze das Herz und das Tier ist augenblicklich tot.

So geht es, wenn der Matador seine Kunst gehörig versteht und mit einem ehrlichen Stier zu tun hat; aber es gibt auch feige Stiere und wieder andere, die List mit Kraft verbinden und tückische genannt werden. Diese ungleiche Art muss der Matador nach dem ersten Benehmen des Stiers, nach seinem Vaterland und nach dem Orte seiner Erziehung berechnen und danach sein eigenes Benehmen einrichten; bei dem geringsten Missgriff ist er verloren.

Von der letztern Art war der Stier, gegen welchen Chiclanero bei dem vorerwähnten Stiergefechte zuerst auftrat. Anstatt die trügerische Fahne anzufallen, stürzte er auf den Matador los, der sich nur mit Mühe durch einen ungeheueren Sprung rettete und dem vorsichtig lauernden Tiere die Muleta von neuem vorhielt. Unbeweglich, fest auf den Füßen stehend, die blutigen Hörner schüttelnd, erwartete das Tier den Angriff seines Feindes. Solche Tiere sind weit gefährlicher als diejenigen, welche angriffsweise zu Werke gehen. Erschrocken, wie versteinert, unbeweglich, betrachten die Zuschauer das gefährliche Schauspiel. Ungewiss über dessen Ausgang stimmen Tausende aus dem Publikum einen Sterbegesang an, der diese Stunde der Angst wahrhaft entsetzlich macht. Weiß wie ein Marmorbild, den Nacken des Tiers fest im Auge haltend, springt Chiclanero endlich mit Blitzesschnelligkeit vorwärts. Aber, was man fürchtete, traf ein. Sein Arm wurde von einem Horn aufgeschlitzt, der Degen glitt an der Haut ab und der Matador fiel waffenlos gerade zwischen die Hörner des Stiers, der ihn hoch in die Luft schleuderte, wo er sich leicht wie ein Ball umdrehte und ohne Bewegung auf den Rucken niederfiel. Er ist tot! Er ist tot! riefen Alle, wohl an die 12.000 Zuschauer. Da sprangen die Chulos hervor, um das Tier von seinem Opfer wegzulocken. Aber Chiclanero war nicht tot, sondern richtete sich unter dem Händeklatschen der Menge wieder empor. Seine erste Bewegung war, seine Wunde zu untersuchen, die glücklicherweise nur leicht war; das Horn war von der glatten Seide abgerutscht. Er nahm seinen Degen wieder auf, prüfte dessen Spitze an seinem Zeigefinger und eilte dem Stier entgegen. Schwarzblau vor Wut stellte er sich demselben mit bewundernswürdigem Mut gegenüber. Seine Gefahr einsehend, stieß das Tier ein lautes Gebrüll aus, stellte sich auf die Hinterfüße und sprang auf seinen Feind, der unbeweglich den Sprung abwartete und seine lange Klinge so tief in den Nacken des Stiers versenkte, dass nur das Heft sichtbar blieb. Das Tier stürzte auf die Knie, während sich Ströme von Blut aus seinen Nasenlöchern ergossen. Eigentlich darf bei einem guten Stoß kein Blutstropfen sichtbar werden.

Die Fächer wehten in den Logen, unzählige Tücher flatterten in der Luft, fanatisches Geschrei, ein Donner von Händeklatschen feierte den Triumph des Siegers; Hüte, Zigarren und Zigarrenfutterale wurden ihm zugeworfen. Anmutig grüßend ging Chiclanero um die Schranken, warf Hüte und Zigarrenfutterale über dieselben zurück, hüpfte dann selbst hinüber und zündete sich seine Zigarre mit einer Gleichgültigkeit an, als ob gar nichts Besonderes vorgefallen wäre.

Nun treten im Galopp vier Maulesel in phantastischem Putz, mit Glöckchen, gelben Fähnchen und roten Quasten behangen, auf den Kampfplatz und schleppen binnen wenigen Minuten den Stier und die Leichname der gefallenen Pferde hinaus. Dann wird Kleie über das Blut gestreut, welches den Kampfplatz bedeckt, und im nächsten Augenblick stürzt unter Trompetenstößen ein neuer Stier hervor.

Der Enthusiasmus, der sich bei solchen Gelegenheiten für Chiclanero zeigt, ist unglaublich. Wenn Montes, sein Oheim und früherer Lehrer, mehr Erfahrung hat, so besitzt der Neffe Jugend, Schönheit und überwiegende Körperkraft. Die jungen Edelleute nehmen Unterricht in der Tauromachie bei ihm und bezahlen ihn nicht mit Geld, sondern mit Zigarren und Diners. In der Oper haben die Torreros ihre festen Plätze und unterhalten sich vertraulich mit jungen Edelleuten. Man erkennt sie leicht an ihrer andalusischen Tracht und an der kleinen Haarflechte im Nacken, welche sie wachsen lassen, um an ihren Ehrentagen die vorschriftsmäßige Bandrose daran zu tragen. Montes hat ein großes Vermögen und erhält für jede Corrida 750 Thaler; Chiclanero empfangt 500 Thaler, die Übrigen bedeutend weniger; ein Picador bekommt ungefähr 40 Thaler.

Die Stiergefechte haben zwar etwas Einförmiges, aber die Unternehmer wissen schon Veränderungen anzubringen und die Neugierde des Publikums zu reizen. So las man vor einigen Jahren zu Sevilla in der Bekanntmachung über die Corrida des Tages den höchst ungewöhnlichen Zusatz: „Wenn der dritte Stier mit den Picadoren gekämpft und drei Paar Banderillas empfangen hat, tritt der Hirt, welcher sein Wärter gewesen ist, auf den Kampfplatz. Er nähert sich dem Stier, liebkost ihn, nimmt ihm eine Banderilla nach der andern ab und legt sich mit ihm nieder.“ Das Versprechen eines so ungewöhnlichen Schauspiels lockte eine zahllose Menge von Zuschauern. Der dritte Stier kam; er war stark, tapfer und wohlgehörnt, erlegte mehre Pferde, empfing seine Banderillas und begann zu brüllen. Gegen das Herkommen verschwanden nun alle Picadores; der Stier wankte einsam auf der Bahn umher, blickte ungeduldig um sich und schüttelte die blutigen Wurfspieße an seinem Halse. Da vernahm man plötzlich ein langsames Pfeifen. Der Stier blieb stehen und horchte. Ein abermaliges Pfeifen lockte ihn an die Schranken. In diesem Augenblick trat ein junger Mann, als Hirt gekleidet, herein und rief den Stier bei seinem Namen: „Mosquito! Mosquito!“ Der Stier erkannte seinen Herrn, ging zu ihm und schmeichelte ihm zahm und ruhig. Der Hirt ließ sich eine Hand von ihm lecken und kraute ihn mit der andern am Ohr, was dem armen Tiere sehr gut zu gefallen schien. Darauf zog er ihm sorgsam die Pfeile aus dem Nacken, ließ Mosquito niederknien und legte sich auf dessen Rücken, den Kopf zwischen die Hörner haltend. Mit Wohlgefallen schien darauf das dankbare Tier das Weidelied zu hören, welches ihm der Hirt vorsang. Das Entzücken der Menge, bisher von Staunen zurückgehalten, machte sich nun mit echt andalusischer Heftigkeit Luft. Sobald aber der Stier dieses wilde Geschrei, dieses wahnsinnige Händeklatschen hörte, welches kurz vorher auch bei seinen Leiden erschollen war, schien er aus seiner Bezauberung zu erwachen; er richtete sich auf und schüttelte sich. Der Hirt unterließ nicht, auf seine Rettung bedacht zu sein; aber es war zu spät. Wie unsinnig darüber, dass er getäuscht worden war, schleuderte der Stier den Jüngling hoch in die Luft, fing ihn mit den Hörnern wieder auf, durchbohrte ihn und zerstampfte ihn trotz aller Anstrengungen, welche die Chuclos zu seiner Rettung machten. Die Corrida wurde aufgehoben, was sonst nie geschieht und nie vorher geschehen war, und die Menge zerstreute sich still!