Die Niederschlagsverhältnisse

Hann geht in dem „Handbuch der Klimatologie“ S. 404 ff. bei der Betrachtung der klimatischen Verhältnisse des Subtropengebietes der alten Welt oder der Mittelmeerländer im weiteren Sinne von der Verteilung der Niederschläge über das Jahr aus.

Zu diesem Gebiet rechnet er auch Arabien nördlich des 20.° N. Br., d. h. den weitaus größten Teil der Halbinsel. Und in der Tat sind die Niederschlagsverhältnisse dieses Landes von maßgebender Bedeutung bei der Würdigung des Klimas desselben überhaupt, so dass auch hier mit denselben der Anfang gemacht werden soll.


Dieser östliche Teil des Mittelmeergebietes hat einen entschieden kontinentaleren Charakter als der westliche, dem Ozean nähere. Zwar fällt die jährliche Periode der Bewölkung wie auch der Niederschläge mit der in den Mittelmeerländern im engeren Sinne beobachteten zusammen, und auch die mittleren Jahrestemperaturen sind sich hier wie dort ähnlich; außerordentlich weichen aber die Jahresamplituden voneinander ab, da sie in Vorderasien größer sind als im Westen. Ist der jährliche Gang der Niederschläge auch ein ähnlicher, so zeigt dagegen der Osten eine starke Abnahme der jährlichen Niederschlagsmengen und eine fortwährend sich steigernde Beschränkung des Regenfalles auf einzelne Monate im Jahre, also eine Verkürzung der Regenzeit. Auszunehmen sind nur die Gebirgsgegenden mit ihrer Umgebung. Zwischen zwei Kontinenten liegend, von Gebirgsketten im Westen, Süden. und z. T. im Osten umschlossen, freier nur nach Norden hin, kann die Halbinsel von den Ozeanen nicht in hervorragender Weise beeinflusst werden; höchstens unterliegen die Küstenländer dem Einfluss des Meeres. Das Innere aber steht den hier vorherrschenden Nord-Winden, welche trocken sind, offen. Arabien im Ganzen ist also regen arm; denn die nördlichen Winde können nur sehr geringe, im Sommer keine Niederschläge bringen, weil die Temperatur fast überall in Arabien eine höhere ist. Je weiter sich also diese Winde vom Meere entfernen, desto wärmer und trockener werden sie, desto mehr nimmt die Regenmenge ab.

Zur Erklärung dieser Erscheinung genügt eine Betrachtung der Juli-Isobaren des Gebietes, welche zeigen, dass sich in Arabien wie in Persien und in der Sahara zur Sommerzeit eine barometrische Depression befindet, die am schärfsten in Arabien in der südlichen Wüste ausgeprägt ist. Dieser niedrige Barometerstand ist lediglich eine Folge der außerordentlich hohen Temperatur. Es müssen nun in den nördlich von dieser Depression liegenden Gebieten Nord-Winde auftreten, welche im Sommer mit großer Regelmäßigkeit wehen. Sie bringen, wie oben gesagt, keinen Niederschlag, und auch die aus südlichen Richtungen kommenden Luftströmungen entledigen sich ihrer Feuchtigkeit z. T. an den erhöhten Umrandungen.

Bezüglich der Verteilung der Niederschläge sowie der Zu- oder Abnahme derselben, welche wichtig ist für die Begrenzung der Regengebiete, die jedoch nur allgemein angedeutet werden können, ist folgendes zu sagen: Der größte Teil Arabiens hat Niederschläge in dem winterlichen Halbjahr; der südliche, kleinere Teil nimmt am tropischen Gebiete mit dem Regenmaximum im Sommerhalbjahre teil. Je weiter im Innern nach Süden und Süd-Osten, desto länger wird die Zeit der Trockenheit; die trockensten Gebiete liegen hier wie in Afrika verhältnismäßig weit südwärts. Die Grenze zieht Hann a. a. O. für Arabien mit dem 20.° N.-Br., doch ist dieselbe natürlich keine scharfe, und zwischen dem subtropischen Winterregengebiet und dem Gebiet der regenlosen Wüste liegt gerade so ein Gürtel mit Regen in verschiedenen Jahreszeiten, wie ein solcher anzunehmen ist zwischen dem Gebiet tropischer Zenithalregen und dem Wüstengebiet mit Regenlosigkeit. Wir hätten also 3 Hauptzonen von Nord nach Süd: 1. Subtropische. 2. Regenloses Steppen- und Wüstengebiet. 3. Tropische; und zwei Übergangsgebiete (zwischen 1 und 2 und zwischen 2 und 3). Das Wüstengebiet ist nicht als vollständig regenlos anzusehen, denn es erleidet sowohl von Nord wie von Süd, wenn auch nur ganz ausnahmsweise, ebenso wie die Sahara, Invasionen aus der tropischen und der subtropischen Regenzone, und es sind in ihr gerade so wie in dem nordafrikanischen Wüstengebiet vereinzelte Berggruppen mit relativ reichem Niederschlag vorhanden, eine Folge ihrer bedeutenden Erhebung. Dichte Morgennebel sind hier häufig. (In Afrika gehen die tropischen Regen hinauf bis Tibesti und Air, die Winterregen reichen bis in die Gebirgsländer von Tassiii und Ahaggar hinab.) Nach Hann reicht das im allgemeinen regenarme bis regenlose Steppen- und Wüstengebiet Nordafrikas von 17 — 30° N., und auch Fischers Kärtchen (die Dattelpalme, S. 47) zeigt im Allgemeinen den 30. ° N. als Südgrenze der Winterregen. Fischer (Klima der Mittelmeerländer, Seite 9 und Seite 20) lässt das regenlose Gebiet der Sahara im Mittel mit 28° N. beginnen; im Osten aber reicht es bis 30°, selbst bis 31° N. Nordägypten ist 4 Monate ganz regenlos, 4 andere Monate sind äußerst arm an Niederschlägen , so dass z. B. Alexandrien fast 8 Monate, von Ende März bis Oktober, regenlos ist. In Palästina dauert die sommerliche Dürre 6 Monate, in Syrien 4 1/2 Monat, in Bagdad kommt von 43 mm jährlicher Niederschlagsmenge die Hälfte (22 mm) auf den Winter. In Arabien aber müssen die Winterregen weit südlicher beginnen als in Afrika und in Persien, wie schon Mühry (Zeitschr. d. östr. Ges. f. Met. I, 1866, S. 7 ff.) und nach ihm Fischer (Klima der Mittelmeerländer, S. 20) und Hann (Handb. 405) annahmen. Sie sehen ungefähr den 24. Breitenkreis als Scheidelinie an.

Das Gebiet der tropischen Sommerregen ist hauptsächlich auf den südlichen Teil der Westküste und den westlichen Teil der Südküste beschränkt; es dehnt sich an der Südseite nach Osten wohl bis 50° Ost aus und reicht nach allgemeiner Annahme im Westen wohl nur bis 15° oder 16° Nord. Diese Abgrenzung erfolgt nur auf Grund der Beobachtungen der regelmäßigen Niederschläge. Der Regenbringer ist für dieses Gebiet der südliche Monsun, welcher als Süd-West für das ganze südasiatische Tropengebiet die Regenzeit bringt, während im Winter der Nord-Ost-Passat die Zeit der Trockenheit herbeiführt.

Was die Menge der jährlichen Niederschläge betrifft, so ist auch da im allgemeinen eine Abnahme von Nord nach Süd, von West nach Ost im Subtropengebiet zu erkennen: Alexandria 215 mm, Kairo 34 mm, Suez nur 26 mm, Bagdad 43 mm. Für Arabien liegen keine bestimmten, auf mehrere Jahre sich gründende Beobachtungen der Regenhöhe vor. Im Allgemeinen sind zwar die Westküsten an Niederschlägen reicher als die Ostküsten, doch ist dies für Arabien nicht nachzuweisen, obwohl anzunehmen. Nach Loomis würde Arabien ungefähr nördlich von 22° N. unter 250 mm haben, doch wäre der Westen etwas trockener als der Osten, wo die Zone mit weniger als 200 mm nicht so weit nach 8. reicht. Die südarabischen Hochgebirge werden zu 600 und mehr mm veranschlagt; die Küste aber ist wie auch im W. und E. regenarm. Auf der Westseite beginnt das Gebiet mit 250—500 mm jährlichen Niederschlags mit ca. 20° N., im Osten schon mit dem Wendekreise; diese Zone ist ungefähr 3° breit (W. bis 17 — 180 N., O. bis 20 1/2° N.). Von ihr südlich liegt eine Zone von im W. ungefähr 3°, im O. aber 4 — 6° Breite mit 500 — 1000 mm, während die SW.-Ecke Arabiens mit ihren tropischen Regen auf über 1000 mm geschätzt wird.

Die obere Grenze der Regenmenge der Wüstengebiete ist etwa 200 — 250 mm; im Innern abseits der Gebirge wird die jährliche Regenhöhe wohl nur 100 mm und oft vielleicht nicht einmal so viel erreichen.

Da das Meer im Herbst wärmer ist als das Land, im Frühjahr sich das Verhältnis umkehrt, so werden die Küsten-Landschaften der subtropischen Zone im Herbste mehr Regen haben als im Frühling; der herbstliche Typus setzt sich dann in den Winter fort, der Frühlingstypus ist ausgeprägter im Sommer. Anders verhält es sich jedoch mit den kontinentalen Gebieten dieser Zone; hier steigert sich der winterliche Gegensatz noch mehr im Frühling, der des Sommers im Herbste, so dass also hier das Maximum der Niederschläge im Frühling liegt. [Auf der arabischen Ostseite und zwar in deren südlichen Hälfte zeigt übrigens Supans Kärtchen 1 auf Tafel 21 in Pet. Mitt. 1890 im Winter weniger als 50 % der jährlichen Niederschlagsmenge, während Nordarabien im Winter 50 % und darüber der Jahresmenge hat.]

Wir gehen nun über zur Betrachtung der Niederschlagsverhältnisse im Einzelnen und beginnen mit den Küstenlandschaften, von West über Süd nach Ost.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Das Klima Arabiens