Dritter Brief. - Luneville, den 9. September. - Lebloseres, Langweiligeres, Verdrüßlicheres gibt es gar nicht ...

Dritter Brief. - Luneville, den 9. September

Guten Morgen oder guten Abend? Ich weiß nicht, um welche Tageszeit Sie meine Briefe erhalten. Hier übernachte ich, morgen Mittag komme ich nach Nancy. Ich befinde mich sehr wohl und reise bequem. Es ist freilich eine Schneckenfahrt, doch hat das auch seine Vorteile. Während die Räder sich langsam drehen, hat man Zeit, manches zu bemerken und die Physiognomie des Landes zu beobachten. Aber nein, so ein leeres Gesicht ist mir noch gar nicht vorgekommen. Lebloseres, Langweiligeres, Verdrüßlicheres gibt es gar nicht als dieser ganze Weg von der deutschen Grenze bis nach Paris. Es ist jetzt das dritte Mal, daß ich ihn zurücklege. Mir kommt es vor wie ein langer, stiller Gang, nur gebaut, in das wohnliche Paris zu führen, und die mir begegnenden Menschen erscheinen mir als die Diener des Hauses, die hin und her eilen, die Befehle ihres Herrn zu vollziehen und ihm aufzuwarten. Die Bevölkerung in den Provinzen hat eine wahre Lakaienart; sie spricht von nichts als von ihrem gnädigen Herrn Paris. Die Städte, die Dörfer sind Misthaufen, bestimmt Paris zu düngen. Wenn auch die andern Provinzen Frankreichs denen gleichen, die ich kenne, so möchte ich außerhalb Paris kein Franzose sein, weder König noch Bürger.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Briefe aus Paris.